„Da scheint der Frust tief zu sitzen“BVB-Bosse kontern scharfe Hoeneß-Kritik

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BVB-Bosse Reinhard Rauball (l.) und Hans-Joachim Watzke, hier bei Borussia Dortmunds Mitgliederversammlung 2019, ließen die Sticheleien seitens Uli Hoeneß nicht auf sich sitzen. 

von Béla Csányi (bc)

München – Mit Jude Bellingham (17) hat Borussia Dortmund gerade eines der gefragtesten Talente in Europa verpflichtet, Landsmann Jadon Sancho (20) könnte den Klub für eine satte Ablöse von über 100 Millionen Euro verlassen.

Dennoch lässt Bayern Münchens Ehrenpräsident Uli Hoeneß (68) kein gutes Haar an der Dortmunder Transferpolitik und bezeichnet das Konzept der Borussia als „unklug“.

Uli Hoeneß bemängelt fehlende Identifikation der Spieler mit Borussia Dortmund

Konkret stößt sich Hoeneß daran, dass junge Talente zwar immer wieder den BVB gegenüber großen Vereinen vorziehen, die Zeit in Dortmund allerdings nur als Zwischenschritt vor dem Wechsel zu einem absoluten Topverein sehen.

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„Wenn Dortmund einen hochtalentierten Spieler kauft und er gut spielt, kann man wenige Monate später entweder aus dem Klub selbst oder von außerhalb hören, dass er irgendwann ein Verkaufsobjekt darstellen wird. Wie soll ein Spieler die DNA eines Vereins hundertprozentig aufsaugen, wenn er das Gefühl hat, ein Verkaufsobjekt zu sein?“, fragte Hoeneß im Interview mit der „FAZ“.

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Jude Bellingham bei seinem ersten Training im Dress von Borussia Dortmund.

Bellingham, offenbar Stein des Anstoßes der Hoeneß-Kritik, absolvierte am Montag sein erstes Training für die Borussia. Beim Dortmunder Trainingsauftakt stand der junge Engländer ebenso wie Nachwuchsstürmer Youssoufa Moukoko (15) auf dem Rasen. Für den aus England umworbenen Sancho soll Manchester United unterdessen eine Ablösesumme von 120 Millionen Euro in drei Jahresraten angeboten haben. Laut „Bild“ sollen 70 Millionen Euro noch in diesem Sommer fließen, anschließend will United zweimal jeweils 25 Millionen Euro jährlich nachschießen.

Michael Zorc reagiert wütend auf Kritik von Uli Hoeneß an Borussia Dortmund

Die Spitzen aus München ließ Borussia Dortmund nicht lange auf sich sitzen. Schon am Mittag äußerte sich Sportdirektor Michael Zorc (57) via „Bild“ zu den Hoeneß-Aussagen und schlug seinerseits zurück.

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Michael Zorc verteidigte den Weg von Borussia Dortmund.

„Ich finde die Aussagen ziemlich arrogant, aber einiges ist auch sachlich de facto falsch. Grundsätzlich: Wenn man jedes Jahr 250 Millionen Euro mehr in der Tasche hat, lässt es sich mit vollen Hosen gut stinken“, so Zorc.

Hans-Joachim Watzke, Reinhard Rauball und Roman Weidenfeller kontern Uli Hoeneß' Kritik

Auch Zorcs Mitverantwortliche beim BVB ließen mit ihren Reaktionen nicht lange auf sich warten. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (61) zeigte sich in erster Linie enttäuscht von den Hoeneß-Vorwürfen. 

Man bemühe sich seit Jahren um ein „respektvolles Verhältnis“ zwischen den beiden deutschen Top-Klubs, es sei „schade, dass in regelmäßigen Abständen versucht wird, dies zu unterwandern.“ Dortmund-Präsident Reinhard Rauball (73) zeigte sich verwundert, schließlich hätten die Bayern vor dem Restart der Champions League „eigentlich Besseres zu tun“. 

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Normalerweise geht es unter den Repräsentanten der beiden Bundesliga-Riesen – in diesem Fall BVB-Präsident Reinhard Rauball (l.) und Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge – recht kollegial zu. 

Zuletzt konnte sich auch der langjährige Torhüter der Borussen, Roman Weidenfeller (39), einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen. „Da scheint der Frust mal wieder tief zu sitzen, dass sich Jude Bellingham gegen die Bayern und für den BVB entschieden hat“, vermutete der Ex-Nationalspieler am Dienstag zynisch.

Uli Hoeneß lobt finanziellen Fortschritt durch Verkauf von Talenten bei Borussia Dortmund

Tatsächlich hatte Dortmund in den vergangenen Jahren mit Ousmane Dembélé (23), Christian Pulisic (21) und derzeit Sancho immer wieder Akteure in den eigenen Reihen, die nach starken Spielzeiten international Begehrlichkeiten weckten und nicht mehr zu halten waren.

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Hoeneß gestand allerdings ein, dass das gute Auge für Neuzugänge den Rivalen aus dem Westen wieder näher an den Rekordmeister herangebracht habe: „Im Sponsoring kommen sie an uns überhaupt nicht heran, aber damit haben sie unseren finanziellen Vorsprung ganz schön ausgeglichen. Mit Sancho war bei uns alles klar, aber im letzten Moment entschied er sich für Dortmund.“ 

Uli Hoeneß könnte sich eine Abschaffung der 50+1-Regel vorstellen

Als andere Möglichkeit, um die finanziellen Abstände in der Liga auf lange Sicht zu verringern, hält Hoeneß auch ein Ende der vielfach diskutierten 50+1-Regel für praktikabel.

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„Da wäre ich sofort dabei. Wenn die Meinung ist, dass damit eine größere Chancengleichheit käme, wir würden nie dagegen stimmen. Ich würde jedem Verein die Freiheit geben. Dann kann jeder machen, was er will“, sagte Hoeneß. (bc)