„Eh, Schiri!“Wie in der Kreisliga: Geisterspiele lassen Fans alles mithören

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Die Hertha-Profis Santiago Ascacibar und Rune Jarstein beschweren sich im Spiel gegen Mainz am 8. Februar beim Unparteiischen Martin Petersen (v.l.) über eine Entscheidung.

von Anton Kostudis (kos)

Köln – Drei Geister-Spieltage sind in der Bundesliga absolviert. Für die Akteure auf dem Rasen und viele Fans ist das Schauspiel vor menschenleeren Rängen nach wie vor gewöhnungsbedürftig. So haben Sie den Fußball noch nicht erlebt – und noch nicht gehört! Denn da die lautstarke Kulisse fehlt, sind die Rufe der Trainer und Spieler plötzlich deutlich zu vernehmen. Dabei wird klar: Ob Oberhaus oder Kreisliga: Die Sprache auf dem Platz ist dieselbe.

Jaaaaaa, Männer! Jaaaa!“ Als Schiedsrichter Tobias Stieler (38) den Liga-Kracher Dortmund gegen Bayern (0:1) abpfeift, hallt der laute Schrei durch den gespenstisch leeren Signal-Iduna-Park. Auch für die Zuschauer vor den TV-Bildschirmen ist der emotionale Ausruf deutlich zu hören.

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„Jaaaaa, Männer!“ Bayern-Profi Joshua Kimmich schrie sein Freude über den 1:0-Sieg gegen den BVB hinaus.

Absender ist „Schreihals“ und Bayern-Profi Joshua Kimmich (25), der das Top-Spiel gegen den BVB mit einem feinen Zauber-Heber entschieden hatte.

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Fans können bei Geisterspielen jetzt mithören

Es ist eine der sonderbaren Begleiterscheinungen der Geister-Kicks: Plötzlich bekommen die Zuschauer zu Hause – vor allem jene, die bei den Übertragungen der Spiele auf die eingespielten Fan-Gesänge verzichten – fast alles mit, was auf dem Platz gesprochen, gerufen oder gebrüllt wird.

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Wer allerdings erwartet hatte, dass Trainer und Akteure in der Bundesliga mit Geheim-Floskeln oder Fachbegriffen um sich werfen, lag völlig falsch. Vielmehr wird klar: Auch in der Bundesliga wird die Kommunikation größtenteils herrlich einfach gehandhabt. „Jetzt!“, „Druck!“ und „Gut so, Junge!“ – gängiger Fußball-Jargon, wie er auch in den untersten Spielklassen gepflegt wird.

Leipzig-Keeper Peter Gulacsi (30) beispielsweise rüttelte seine Vorderleute im Spiel gegen Hertha (2:2) vor einem Eckball mal so richtig durch: „Weg vom Tor und aggressiv zum Ball gehen!“, brüllte der Ungar in ohrenbetäubender Lautstärke. Sein Gegenüber Rune Jarstein (35) forderte derweil von seiner Hintermannschaft: „Wach sein, Männer! Wach sein!“

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Bruno Labbadia (r.), wie man ihn kennt: Der Hertha-Coach geht an der Seitenlinie voll mit.

Und Berlins temperamentvoller Coach Bruno Labbadia (54)? Der gab nicht etwa detaillierte Anweisungen an seine Profis, sondern bediente sich ebenfalls allerorts bekannten Fußball-Sprechs: „Kommt jetzt!“ und „Weiter, Männer, weiter!“ Von „Kreuzen“, „Zwischenräumen“ oder „Doppeln“ ist keine Rede. Zu den komplexesten Anweisungen gehören eher Befehle wie „Schick ihn!“ oder „Tief“.

Ob Bundesliga oder Kreisliga: Fußballer sprechen dieselbe Sprache

Wie in der Kreisliga muss sich natürlich auch im Oberhaus der Schiedsrichter von außen so einiges anhören. „Eh, das war ´n Elfmeter!“, echauffierte sich beispielsweise Horst Held (50) im Spiel seines 1. FC Köln bei der TSG Hoffenheim, als FC-Profi Ellyes Skhiri (25) im Strafraum zu Boden ging. Doch das Fuchteln und Rufen des Sportchefs draußen konnte den Unparteiischen Felix Brych (44) nicht beeindrucken – er entschied auf Freistoß für die Hoffenheimer.

„Eh, Schiri! Wofüüüür? Wofüüüür?!“, rief derweil Wolfsburgs Daniel Ginczek (29) Schiedsrichter Daniel Schlager (30) im Spiel in Leverkusen (4:1) entgegen. Der Angreifer hatte zuvor nach einem Gerangel die Gelbe Karte gesehen. Eine Szene, die jeder Kreisliga-Kicker schon unzählige Male erlebt hat.

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Unbestritten ist natürlich nach wie vor: Zwischen dem Millionen-Geschäft Bundesliga und dem Amateurfußball klaffen Welten. Auf dem Platz allerdings sprechen alle Fußballer offenbar dieselbe Sprache. Eine Tatsache, welche das derzeitige Geister-Prozedere womöglich für den einen oder anderen Fan ein wenig erträglicher macht.