„Hätten uns gewünscht...“Wirtz-Debüt für Bayer trifft Kölns Nachwuchs-Bosse hart

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Das FC-Eigengewächs Florian Wirtz (r.) gab beim 4:1-Sieg gegen Werder sein Bundesliga-Debüt für Bayer. In dieser Szene schüttelt er Marco Friedl ab.

von Jürgen Kemper (kem)

Köln/Leverkusen – Er war DIE große Überraschung des 26. Spieltags: Florian Wirtz gab mit 17 Jahren und 15 Tagen sein Bundesliga-Debüt für Bayer Leverkusen. Während Superstars wie Leon Bailey (22) und Karim Bellarabi (30) beim 4:1-Sieg gegen Werder Bremen zunächst auf der Bank schmorten, schmiss Peter Bosz (56) Wirtz ins kalte Bundesliga-Wasser.

FC-Eigengewächs Florian Wirtz löst Kai Havertz ab

Der gebürtige Pulheimer löste damit Kai Havertz (20) als jüngsten Bayer-Debütanten der Vereinsgeschichte ab. Ligaweit waren nur Nuri Sahin (16 Jahre, elf Monate und ein Tag) sowie FC-Talent Yann Aurel Bisseck (16 Jahre, elf Monate und 28 Tage) jünger.

Der Startelf-Einsatz ist der vorläufige Höhepunkt eines turbulenten Halbjahres für das Kölner Eigengewächs Wirtz. Denn sein Transfer nach Leverkusen hatte zu Jahresbeginn hohe Wellen am Geißbockheim geschlagen.

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Florian Wirtz standen beim 1. FC Köln alle Türen offen

Wirtz wurde zehn Jahre beim FC ausgebildet, galt als absolutes Ausnahmetalent, dem im Verein alle Türen offen gestanden hätten. Im Klub hatte man sich daher auch mächtig gestreckt, um den Juniorennationalspieler, der auch Angebote von Bayern München und Borussia Dortmund auf dem Tisch hatte, zu halten. Am Ende entschied sich Wirtz wohl wegen der besseren sportlichen und finanziellen Perspektive für Bayer.

Bayer Leverkusen widersetzte sich Rheinland-Abkommen

Dafür setzte der Werksklubs alle Hebel in Bewegung, missachtete sogar ein Abkommen zwischen Köln, Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach. Dieses besagt, dass sich die drei Vereine im Nachwuchsbereich nicht gegenseitig die Talente wegschnappen. Bayer argumentierte damals, dass es sich bei Wirtz bereits um einen Lizenzspieler handelte und stattete ihn umgehend mit einem Profivertrag aus. So ging der Transfer schließlich mit einem „Geschmäckle“ über die Bühne.

NLZ-Leiter Matthias Heidrich sieht Wirtz-Debüt mit gemischten Gefühlen

Ein Stachel, der bis heute tief sitzt im Kölner Nachwuchsleistungszentrum. „Florian ist ein hochtalentierter Fußballer. Aber er hat sich für einen anderen Weg entschieden“, sagt Matthias Heidrich (42).

Der Kölner NLZ-Leiter verfolgte das Bundesliga-Debüt seines ehemaligen Schützlings daher „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“. „Ich habe mich sehr für Flo gefreut und es macht uns hier alle stolz, wenn es einer unserer Jungs in die Bundesliga schafft. Andererseits ist er in Köln groß geworden, wir haben ihn zehn Jahre lang ausgebildet. Da wünscht man sich natürlich, dass er auch bei uns sein Debüt gibt“, sagte Heidrich gegenüber EXPRESS.

1. FC Köln kann stolz auf seine Jugendarbeit sein

Bei all der Enttäuschung kann der FC aber auch mächtig stolz auf seine (Jugend-)Arbeit sein. Denn nach Darko Churlinov (19), Noah Katterbach (19), Ismail Jakobs (20) und Jan Thielmann (17) ist Wirtz der fünfte NLZ-Spieler, der in dieser Saison sein Bundesliga-Debüt feiern dufte.

Mit Tim Lemperle (18) und Robert Voloder (19) stehen dazu noch zwei Talente in den Startlöchern, die sich ebenfalls noch Hoffnungen auf Minuten machen dürfen.

Bayer-Reaktionen auf das Debüt von Florian Wirtz

Wenn Peter Bosz (56) einen seiner Spieler lobend erwähnt, muss etwas Außergewöhnliches passiert sein. „Es ist immer etwas Besonderes, wenn man sein Debüt macht. Erst recht, wenn man erst 17 Jahre alt ist“, sagte der Bayer-Trainer über Florian Wirtz. „Es war alles in allem eine gute Leistung von ihm, er war nicht nervös, das hat mir gefallen. Er hat bis zu seiner Auswechslung auch gut nach hinten gearbeitet“.

Mit offensichtlich überragenden Trainingsleistungen in der Corona-Pause hatte Wirtz, der formal noch zu Bayers U19 gehört, auf sich aufmerksam gemacht. „Da haben wir uns ein Riesen-Talent geangelt“, jubelte Abwehrchef Sven Bender (31). „Er ist unfassbar weit fußballerisch. Das ist sensationell.“