FC hält Bundesliga im NachsitzenKölns irre stürmische Rettung in Kiel

FC-Team feiert

Gemeinsam feierten die FC-Spieler nach dem Schlusspfiff den Klassenerhalt.

von Alexander Haubrichs (ach)Jürgen Kemper (kem)

Kiel – Wie schön kann eine verkehrte Welt sein: Eine Saison lang spielt der 1. FC Köln beinahe ohne Stürmer, rutscht tiefer und tiefer in den Abstiegsschlamassel. Und dann im letzten Spiel, mit dem Rücken zur Wand, legen sie plötzlich los wie die Feuerwehr und sichern sich mit dem 5:1 bei Holstein Kiel den Klassenerhalt in der Bundesliga.

  • 1. FC Köln sichert sich souverän 5:1-Sieg in der Relegation
  • Jonas Hector mit Blitz-Tor zur Führung
  • Vorstand des 1. FC Köln erntet böse Blicke

Trainer Friedhelm Funkel (67), der 2003 den Abstieg nicht verhindern konnte, ist nun König Friedhelm I. – und wurde gleich nach Spielschluss mit Kölsch geduscht. Sebastian Andersson (29), der leidgeprüfte Schweden-Stürmer, wird mit seinem Doppelpack zum strahlenden Held.

Kapitän Jonas Hector brachte nach Schlusspfiff die Stimmung auf den Punkt: „Immer wenn wir mit dem Rücken zur Wand standen, haben wir solche Spiele abgeliefert. Dass muss man der Mannschaft zu Gute halten, dass sie sich nie aufgegeben hat. Wir wissen, was der FC für die Stadt Köln bedeutet. Das ist eine ganz innige Bindung, da wollten wir auch heute etwas zurückgeben.“

Alles zum Thema Sebastian Andersson

Steffen Baumgart verfolgte die Rettung mit Freunden

Auch bei Steffen Baumgart (48) dürften in Paderborn schon zur Pause die Sektkorken geknallt haben. Der neue Trainer des 1. FC Köln hatte das Abstiegsfinale mit Freunden zu Hause geschaut. Vorher hatte er EXPRESS gesagt: „Ich bin überzeugt, dass sie es schaffen.“

Funkel rettet 1. FC Köln im Stile Steffen Baumgarts

Doch über die Art und Weise dürfte sich der zukünftige Übungsleiter verwundert die Augen gerieben haben. Es war das total verrückte Ende einer absurden Saison. Und gar nicht so im funkelschen Sicherheits-Stil, sondern mit Hurra-Fußball à la Baumgart eroberte der 1. FC Köln das Holstein-Stadion. Den 2500 Fans im Stadion blieb nach nicht mal drei Minuten die Bratwurst im Halse stecken: Ondrej Duda flankte auf Jonas Hector, und der hebelte den Ball mit seinem Hinterkopf irgendwie ins lange Eck – 1:0!

„Ich habe nach dem Ausgleich gedacht: Durchatmen. Aber da war nichts, sie fielen dann reihenweise rein in unseren Kasten“, seufzte Holstein-Präsident Wolfgang Schwenke zur Pause. Die bereits vorm Anpfiff verkauften Aufstiegsschals dürften nun wohl kein Verkaufsschlager werden.

Sebastian Andersson mit Doppelpack ein Matchwinner

Ja, da hatte der Kieler recht. Jae-sung Lee hatte ausgeglichen (4.), doch ausgerechnet der wieder fit gemachte Andersson schockte die Gastgeber mit seinem ersten Doppelpack im FC-Trikot in der sechsten und 13. Minute endgültig. Beide Tore fielen nach Flanken von Florian Kainz, beide Kopfbälle waren Treffer für jedes Fußball-Lehrbuch.

Genau dort könnte auch Rafael Czichos‘ Beitrag zum Torreigen eingetragen werden: Sein Volleyschuss in den Winkel war anspruchsvoll und perfekt ausgeführt.

Nach 39 Minuten stand es 4:1, und einmal mehr sprang der FC-Vorstand auf der Haupttribüne wie von der Tarantel gestochen hoch. Ihre „Come on, Effzeh!“-Anfeuerungen brachten ihnen zwar böse Blicke ein, aber das dürften Werner Wolf, Carsten Wettich und Eckhard Sauren in diesem Moment egal gewesen sein.

250 Fans des 1. FC Köln feiern bei Holstein Kiel die Rettung

Auch in der zweiten Hälfte ließ der 1. FC Köln nichts anbrennen, dominierte nach Belieben, war über 90 Minuten die deutlich bessere Mannschaft und verdiente sich so den Platz im Oberhaus im Nachsitzen. Ellyes Skhiri setzte in der 84. Minute den Schlusspunkt zum 5:1-Rettungs-Erfolg.

Timo Horn lobt Kölner Comeback-Qualitäten

Keeper Timo Horn war sichtlich erleichtert: „Das frühe 1:0 hat uns in die Karten gespielt, auch das wir nach dem Ausgleich wieder zurückgekommen sind. Dass wir nach dem Rückschlag im Hinspiel wieder zurückgekommen sind, macht mich extrem stolz. Der FC gehört in die Bundesliga, da haben wir heute alles daran gesetzt.“

Die 250 Kölner, die derweil zur Unterstützung die 500 Kilometer an die Ostsee mitgemacht hatten, durften feiern, denn Auswärts-Fans sind corona-bedingt bis 30. Juni verboten. Nur zwei Kölner Fans wurden vorläufig festgenommen, weil sie nach den ersten Kölner Treffern Bengalos gezündet hatten.

Friedhelm Funkel, dessen Frisur unter der Bierdusche gelitten hatte, zog zufrieden sein Fazit: „Die sieben Wochen waren sehr anstrengend, aber ich habe sie genossen. Die Bierdusche zeigt, dass wir erfolgreich waren. Und das freut mich für den Verein, die Spieler, die Fans – und auch für Steffen Baumgart.“ In Paderborn wird dieser Steffen Baumgart auch auf Retter Friedhelm I. und seinen erstklassigen 1. FC Köln angestoßen haben. Die irre FC-Rettung im Nachsitzen lässt ganz Köln jubeln!