„Ich soll mehr Verantwortung tragen“FC-Coach Gisdol erklärt Czichos zum Abwehr-Boss

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Rafael Czichos soll beim 1. FC Köln in eine neue Rolle schlüpfen.

von Jürgen Kemper (kem)

Köln – Rafael Czichos (30) war vergangene Saison eine feste Säule in der FC-Abwehr, ehe ihn die schlimme Verletzung aus dem Herthaspiel jäh bremste. Nach seinem Wirbelbruch ist der beinharte Verteidiger nun pünktlich zum Saisonstart wieder fit und will an seine konstanten Leistungen aus seiner Bundesliga-Premierensaison anknüpfen.

Im EXPRESS-Interview spricht Czichos über die Vorbereitung, seine neue Rolle unter Markus Gisdol (51) und die Erwartungen an die kommende Saison.

Es sind noch wenige Tage bis zum Pflichtspiel-Auftakt im DFB-Pokal. Wie läuft die FC-Vorbereitung aus Ihrer Sicht?

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Das, was wir uns mit dem aktuell bestehenden Kader vorgenommen haben, setzen wir gut um. Die neuen Inhalte, die der Trainer reingebracht hat, konnten wir in den Testspielen schon in Ansätzen zeigen. Wir arbeiten sehr hart diesen Sommer, vor allem im läuferischen Bereich. Wir wissen, dass wir uns da im Vergleich zur letzten Saison steigern müssen. Auf dem Platz läuft es bisher erfolgreich.

Außerhalb des Platzes gibt es dagegen Probleme. Die Generalprobe wurde abgesagt, die Suche nach Neuzugängen läuft schleppend, der Mamba-Transfer wurde in letzter Sekunde abgesagt. Können Sie die Sorgen der Fans verstehen?

Unsere Fans machen sich Gedanken, das ist ein positives Zeichen. Sie wünschen sich das Beste für den FC. Dennoch war jedem im Umfeld des 1. FC Köln klar, dass diese Saisonvorbereitung anders laufen wird als in den letzten Jahren. Es gibt in dieser schwierigen Zeit einfach viele Unwägbarkeiten. Es wird eine sehr schwere Spielzeit für uns. Ich bin mir aber sicher, dass wir bei unserer sportlichen Führung in guten Händen sind und dass am Ende ein sehr guter und schlagkräftiger Kader beisammen ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir sehr gut vorbereitet in die neue Saison gehen werden.

Sie glauben also, dass der FC am ersten Spieltag eine konkurrenzfähige und Bundesliga-taugliche Elf auf dem Platz stehen hat? Da mache ich mir keine Sorgen. Unser aktueller Kader ist Bundesliga-tauglich, auch wenn wir uns in der Breite noch verbessern können. Da vertraue ich voll den Verantwortlichen. Gegen Altglienicke und eine Woche später gegen Hoffenheim werden wir eine starke Mannschaft beisammen haben.

Wie sind Sie persönlich durch die Vorbereitung gekommen?

Ich fühle mich sehr gut, bin fit. Ich konnte die gesamte Vorbereitung verletzungsfrei absolvieren. Der Trainer hat mir von Anfang an gesagt, dass ich dieses Jahr deutlich mehr Verantwortung übernehmen soll. Er hat mir gesagt, die Abwehrkette ist meine Kette. Dafür soll ich die Verantwortung tragen. Diese Aufgabe nehme ich an und freue mich auf die neue Rolle.

Wie wichtig ist es dabei, dass Sie im Mannschaftsrat sind?

Ich bin sehr froh, dass ich Teil des Rates bin. Die Mannschaft zeigt mir damit, dass sie mich als einen Spieler ansieht, der Verantwortung übernehmen soll. Ich werde mit meinen Kollegen zusammen das Beste für die Mannschaft geben.

Wie wichtig ist ein Führungsspieler mit Ihrer Erfahrung in einer Mannschaft wie dem FC, der zum Großteil aus jungen Spielern besteht? Je weniger ältere Spieler da sind, desto wichtiger ist deren Rolle als Führungsspieler. Ich denke nicht umsonst verpflichten die meisten 2. Mannschaften immer ein, zwei Routiniers für ihren jungen Kader. Wir haben in dieser Vorbereitung sehr viele junge Spieler dabei. Ich bin inzwischen einer der ältesten Spieler im Kader und daher sehe ich es als meine Aufgabe an, die Jungs einzufangen, wenn es mal nötig ist. Bisher brauchte es das aber nicht. Die Jungs sind alle sehr pflegeleicht, bisher ist niemand aus der Reihe getanzt.

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Welche Rolle spielen Ihr schwerer Unfall aus dem Hertha-Spiel und die daraus resultierende Verletzung noch für Sie? Daran verschwende ich keinen Gedanken mehr. Es ist alles so wie vor dem Unfall, außer dass ich eine kleine Narbe am Hals habe.

Sie wirkten nach Ihrem Comeback gehemmter. Hat der Eindruck getäuscht und wie sieht es jetzt aus? Gehemmt würde ich nicht sagen. Ich war einfach körperlich nicht in der Verfassung, die es gebraucht hätte, um auf einem hohen Bundesliga-Level zu verteidigen. Das war der Gesamt-Situation geschuldet. Ich wollte unbedingt spielen und hatte daher nur eine sehr kurze Reha-Phase – rückblickend wahrscheinlich zu kurz. Ich weiß, dass man eine 100-prozentige Fitness braucht, um in der Bundesliga zu bestehen. Ich wollte mich aber unbedingt reinbeißen und der Mannschaft helfen. Nach der Saison hatte ich mit Christian Clemens zusammen einen Privattrainer aus Bonn. Wir haben dabei weniger im läuferischen Bereich gearbeitet, sondern vielmehr neurologisch. Das hat mir sehr gut getan und ich fühle mich inzwischen – auch dank unserer harten Vorbereitung – topfit.

Wie erleben Sie die aktuelle Zeit mit all den Tests, die Diskussionen um die Fan-Rückkehr und immer neue Regelungen? Die Gesamtsituation ist für jeden neu. Wir sind aber inzwischen zu Chamäleons geworden, wir können uns sehr gut auf eine neue Situation einstellen und das ist uns bisher sehr gut gelungen. Es stimmt aber, aktuell wissen wir nicht, was genau auf uns zukommt. Gefühlt liest man jeden Tag etwas anderes. Am wichtigsten ist, dass die Fans schnellstmöglich ins Stadion zurückkommen, weil es deutlich mehr Spaß macht, wenn Zuschauer dabei sind.

Wie stehen Sie zu einem erneuten Gehaltsverzicht, sollte der Verein auf Sie zukommen? Ich persönlich bin bereit, mir anzuhören, was der Verein vorhat. Das würde wir dann im Mannschaftskreis besprechen und am Ende eine gute Lösung für alle Seiten finden.

Wie sieht es aus mit Ihrer Nationalmannschaftskarriere: Gibt es noch Kontakt mit dem saudi-arabischen Verband? Mit Nationaltrainer Hervé Renard habe ich mehrfach gesprochen. Es gestaltet sich allerdings schwierig, in einem so religiösen Land wie Saudi-Arabien die Staatsbürgerschaft zu erhalten. Das Thema ist für mich aber nicht vom Tisch, nur die Abläufe sind nun mal anders als wir es aus Deutschland gewohnt sind.

Welche Ziele haben Sie persönlich nächste Saison und was wollen Sie mit dem FC erreichen? Ich möchte möglichst viele gute Spiele machen und noch mehr Konstanz in meine Leistungen bekommen. Dazu will ich individuelle Fehler abstellen und mehr Verantwortung auf dem Platz für meine Nebenleute übernehmen. Mannschaftlich gesehen will ich, dass wir schnell und dann bis zum Ende nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Es wird eine sehr schwere Saison für uns, das sollte uns allen klar sein. Dafür brauchen wir eine Einheit auf dem Platz. Wenn wir das schaffen, haben wir gute Chancen eine für uns erfolgreiche Saison zu spielen und in der Liga zu bleiben.