FC-Coach Gisdol erklärt die Quarantäne-LigaEingesperrt, Bank-Spionage & Geister-Tests

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FC-Coach Markus Gisdol beim Mannschaftstraining

von Jürgen Kemper (kem)Martin Zenge (mze)

Köln – Der FC ist zurück im Mannschaftstraining und hat mit dem Heimspiel gegen Mainz (17. Mai, 15.30 Uhr) endlich wieder ein Ziel vor Augen. An Normalität ist aber weiterhin nicht zu denken.

Quarantäne-Knast, Geisterspiel-Simulation und Gegner-Spionage – Köln-Coach Markus Gisdol (50) erklärt, wie Bundesliga zu Corona-Zeiten funktioniert!

Markus Gisdol: „Sind noch mehr in unserer Freiheit eingeschränkt“

Der FC-Trainer gibt Einblicke, was seine Spieler, die Fans und auch ihn selbst in der Woche bis zum Restart gegen seinen Vorgänger Achim Beierlorzer (52) erwartet:

Quarantäne-Lager: „Es ist seltsam, wenn ich mir vorstelle, dass ich nicht mehr frei entscheiden kann, wo ich sein möchte. Es gibt nur noch zwei Orte, an denen ich mich aufhalten kann – das Geißbockheim und das Hotel. Dadurch, dass keine anderen Gäste da sind, fühlt es sich an wie ein Geister-Hotel. Wir sind in unserer Freiheit eingeschränkt, viel mehr noch als zuvor. Jeder Spieler verarbeitet die Situation anders. Ich glaube, wir tun gut daran, genau zu beobachten, wer damit umgehen kann und wer Schwierigkeiten hat.“

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Neue Tagesabläufe: „Ich will die Jungs auf keinen Fall in einen zu engen Zeitplan drängen. Jeder muss seinen Weg finden, mit der Situation umzugehen. Wir werden viel Zeit am Geißbockheim verbringen, indem wir die Trainingszeiten durch intensivere Vorbereitung und Nachbereitung ausdehnen. Die Besprechungen finden künftig eher im Ballsaal statt. Ich habe schon überlegt, ob wir dafür ein Megafon brauchen, damit wir jeden erreichen. Es ist auch durchaus denkbar, dass wir nicht jeden Tag trainieren – das macht aus Sicht der Trainingssteuerung Sinn und bricht den Rhythmus. Für Quarantäne-taugliche Ideen wäre ich dankbar (lacht).“

Markus Gisdol: „Das war Bewegungstherapie“

Schnell Vollgas im Mannschaftstraining: „Alles, was wir bisher gemacht haben, war Bewegungstherapie. Jetzt ist endlich wieder Wettkampftraining angesagt. Die Freude bei meinen Spielern ist zu vergleichen mit der Freude von Kindern, die das erste Mal wieder auf den Spielplatz dürfen. Die sind dann auf der Schaukel auch erst mal vorsichtiger – doch das legt sich dann ganz schnell. Es geht wieder darum, körperbetonte Wettkämpfe zu gewinnen.“

Geister-Trainingsspiele im Rhein-Energie-Stadion: „So etwas wird natürlich stattfinden. Für die Mannschaft ist es sinnvoll, sich an diese besondere Geräuschkulisse zu gewöhnen. Ich persönlich muss dafür nicht trainieren. Ich habe schon mal in der Kreisliga trainiert, da hört sich auch jeder. Ich habe also eine Ausbildung in der Richtung.“

Weiter Klartext an der Seitenlinie: „Wir haben unsere Erfahrungen beim Geisterspiel in Gladbach gesammelt. Jeder ist sensibler, wenn man alles von der anderen Bank hört. Die beiden Lager gehen praktisch wild aufeinander los. Aber jeder Trainer hat schon mal Sachen gesagt, die weit über dem Grenzbereich waren. Man sollte die Trainer nicht verfluchen, wenn mal was rausrutscht. Emotionen gehören zum Sport dazu. Die Zuschauer fehlen schon, wenn wir uns jetzt auch noch zurückhalten, wird es langweilig.“

Gegner-Spionage: „Ich kann zwar jetzt mehr Feuer reinbringen, aber der gegnerische Trainer steht fast neben mir und kann sofort auf Veränderungen, die ich herbeiführen möchte, reagieren. Es ist klar, dass man immer ein Ohr drüben hat und aufpasst, was der Gegner sagt. Man wird sich mehr auscoachen während des Spiels.“

Markus Gisdol: „Coaching mit Mundschutz – wie soll das gehen?“

Maske immer dabei: „Wenn ich mich auf die Bank setze, ziehe ich den Mundschutz auf, um mich regelkonform zu verhalten. Aber die meiste Zeit stehe ich vorne an der Seitenlinie, da habe ich keinen Kontakt zu jemandem. Von daher wird der Mundschutz eher am Kinn oder am Hals sein. Am besten wäre für mich ein elektrischer Mundschutz, damit jemand auf den Knopf drücken kann, falls ich es mal vergesse. Aber Coaching mit Mundschutz vorne an der Linie – wie soll das gehen?“

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Weltweite Vorbildfunktion: „Die DFL hat bemerkenswert agiert. Ich weiß, dass viele andere Nationen versuchen, es ähnlich zu machen, und sich an unserem Konzept orientieren werden. Da spüren wir schon die Verantwortung – auch für den Amateurbereich, die wollen auch wieder kicken. Wenn wir alles hinbekommen, wäre das ein guter Schritt.“