FC-Boss im InterviewHeldt-Klartext: So geht's mit Horn, Gisdol, Uth & Cordoba weiter

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EXPRESS traf FC-Sportboss Horst Heldt zum Interview im Geißbockheim.

von Jürgen Kemper (kem)Martin Zenge (mze)

Köln – Im November kam Ex-Profi Horst Heldt (50) zurück nach Köln, um gemeinsam mit Trainer Markus Gisdol (50) den Klassenerhalt zu schaffen. Auf dem Weg zum großen FC-Ziel erlebte er mit der sportlichen Achterbahnfahrt und der Corona-Krise turbulente Monate.

Im EXPRESS-Interview zieht Kölns Sportboss sein Saisonfazit und erklärt, wie es mit Coach Gisdol, Torhüter Timo Horn (27) sowie den Sturm-Stars Jhon Cordoba (27) und Mark Uth (28) weitergeht.

Horst Heldt, Ihr Vertrag beim FC wurde bis 2023 verlängert. Was löst das in Ihnen aus?

Alles zum Thema Markus Gisdol

In erster Linie großen Stolz. Ich habe Demut und Respekt vor der Aufgabe. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich es als riesiges Glück empfinde hier, für meinen Klub, arbeiten zu dürfen. Ich möchte mit intensiver Arbeit überzeugen und freue mich auf die nächsten Jahre.

Trainer Markus Gisdol soll ebenfalls verlängern. Wie weit sind die Verhandlungen?

Wir haben bereits vor Ende der Saison mit den Gesprächen begonnen und sind in einem guten, intensiven Austausch. Es gibt nicht die Notwendigkeit, dass morgen alles klar sein muss. Und es ist ja auch kein Geheimnis, dass wir den Vertrag von Markus vorzeitig verlängern wollen – wir sind überzeugt von ihm. In allererster Linie, weil er einen exzellenten Job in einer schweren Situation gemacht hat. Ich weiß aus den Gesprächen mit den Verantwortlichen damals, dass wenige bis gar keine Trainer mutig genug waren, den Klub zu übernehmen. Der FC kann von Glück reden, dass Markus dazu bereit war. Unser Ziel war der Klassenerhalt, und den haben wir mit Markus geschafft. Ich bin mir sicher, dass dieses Ziel ohne den Trainerwechsel nicht erreicht worden wäre.

Trotzdem ging die Saison mit zehn Spielen ohne Sieg zu Ende. Kommen da keine Zweifel auf?

Als Manager kann ich mich nicht von Emotionen und Wahrnehmungen leiten lassen. Nach dem 5:0 in Berlin war die Frage, wann es endlich einen Zehn-Jahres-Vertrag plus Statue gibt. Davon haben wir uns genauso wenig treiben lassen wie von dem 1:6 in Bremen. Wir haben eine Gesamtanalyse gemacht – und da fallen mir so viele Gründe ein, warum er der richtige Trainer ist: Er hat von Beginn an ein unheimliches Tempo in der Arbeitsintensität vorgelegt. Er war der Erste, der hier war, und der Letzte, der gegangen ist. Er hat den Turnaround geschafft, die Ergebnisse waren nicht von Zufall geprägt. Er passt auch zu unserer Philosophie. Wir wollen die agierende Mannschaft sein und mit jungen, talentierten Spielern arbeiten. Dafür hat Markus den Mut und die Überzeugung. Wir haben ein kleines Budget und können keine Luftschlösser bauen, das akzeptiert er. Er ist ein absoluter Teamplayer.

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Trainer Markus Gisdol erlebte mit dem 1. FC Köln am letzten Bundesliga-Spieltag ein 1:6-Desaster bei Werder Bremen.

Die Schwankungen des FC in den drei Saisondritteln waren extrem. Wie gut ist diese Mannschaft wirklich?

Wir haben eine Mannschaft, die punktuell neue Reize braucht und sich ein Stück weit verändern muss. Wie groß diese Veränderungen ausfallen werden, wird sich zeigen. Wir vergessen weder das Gute noch das Schlechte. Das 1:6 in Bremen war nicht repräsentativ für den Charakter und die Fähigkeiten der Mannschaft. Genau so ein Fehler wäre es, sich an dem 5:0 in Berlin zu orientieren. Trotzdem ist das eine Mannschaft, die in der Lage ist, die Liga zu halten. Wenn wir immer am Limit spielen würden, könnten wir das ohne Probleme schaffen. Das ist aber über 34 Spieltage nicht möglich. Und um das zu lösen, müssen wir Ideen und Möglichkeiten entwickeln.

Horst Heldt: „Wir sind kein Freiwild“

Vor allem die Leistung in Bremen zum Abschluss hallt nach, auch Aktionen wie Anthony Modestes Feier am Bus wurden scharf kritisiert. Dabei hatten Sie vorher extra noch den Mannschaftsrat einbestellt, um klarzumachen, wie wichtig dieses Spiel ist...

So darf man sich einfach nicht präsentieren. Wir sind nach wie vor wütend und enttäuscht über das, was wir da fabriziert haben. Wir hatten den Vorsatz, ein ordentliches Ergebnis zu erzielen. Und das ist nicht ansatzweise gelungen. Diese Kritik, die auf uns einprasselt über die Art und Weise, wie wir während des Spiels und nach dem Spiel agiert haben, müssen wir aushalten. Das haben wir selbst verursacht. Es wurden aber auch Grenzen überschritten. Wir sind kein Freiwild. Morddrohungen und ähnliche Aufrufe bei Social Media sind für keinen Menschen zu ertragen und zu dulden – auch nicht bei Fußballern. Und klar ist auch: Wir sind nicht für die Ergebnisse der anderen verantwortlich, jeder hat 34 Spieltage lang Zeit, Ergebnisse zu liefern. Für die Tabelle muss ich mich nicht entschuldigen oder rechtfertigen.

Vor allem Torhüter Timo Horn wurde über die sozialen Medien bedroht. Was glauben Sie, wie sehr ihn das mitnimmt?

Zu Timo Horn sage ich Ihnen mal eins: Er war der stabilste Spieler hier, seitdem Markus und ich die Verantwortung haben. Ich habe ganz viele Momente und Spiele erlebt, in denen Timo uns gerettet hat. In Bremen muss er das 0:2 sicherlich auf seine Kappe nehmen, da gibt es keine Diskussion. Er hatte wie so viele auf dem Platz keinen guten Tag. Aber wir spielen einen Mannschaftssport, da ist nie jemand alleine verantwortlich. Keiner hat es gut gemacht. Doch wenn ich die Gesamtbilanz sehe, hat Timo einen wichtigen Anteil daran, dass wir unser Ziel erreicht haben. Jeder kann schlechte Leistungen kritisieren, aber solche Kommentare sind doch Wahnsinn. Wo soll das denn noch hinführen?

Haben Sie eine Erklärung, warum er immer wieder im Fokus der Wut steht?

Das weiß ich nicht, aber natürlich beschäftigen wir uns damit und reden mit Timo. Die Leute sollten sich selbst mal hinterfragen, warum sie sich in einem Mannschaftssport einen rauspicken und wie im alten Rom den Daumen rauf oder runter zeigen. Da bin ich anders erzogen worden. 

Horst Heldt: „Timo Horn unsere die Nummer 1“

Thomas Kessler beendet seine Karriere. Braucht Horn einen neuen Herausforderer?

Wir brauchen auf jeder Position Konkurrenz. Timo ist unsere Nummer eins und bleibt es auch in der kommenden Saison. Wir suchen eine Nummer zwei, die aber den Antrieb hat zu spielen. Wir wollen einen ambitionierten Torwart, der im Training alles gibt, der sich als Herausforderer definiert. Julian Krahl wird die Nummer drei sein und hauptsächlich in der zweiten Mannschaft spielen. Das ist unser Plan, wir haben aber noch keine Personalentscheidung getroffen.

Auf welchen Positionen suchen Sie Verstärkungen für die kommende Saison?

Das möchte ich öffentlich nicht konkretisieren. Wir haben viele Verträge, die müssen wir erst mal abarbeiten. Wie gesagt: Unser Gesicht wird sich ein Stück weit verändern, das ist klar. Wir sind davon überzeugt, dass wir neue Reize setzen müssen, aber wir haben auch gewisse Rahmenbedingungen, die wir einhalten müssen. Wir haben ein schmales Budget, das wird nicht einfach. Es gilt, zuerst mal Quantität abzubauen – denn wir haben eindeutig zu viele Spieler – und dann punktuell Ideen zu entwickeln für die neue Saison. Dafür haben wir Zeit, das muss nicht am 2. Juli stehen. Als persönliches Ziel habe ich mir gesetzt, möglichst viele Personalentscheidungen bis zum Trainingsauftakt zu klären. Bis zum Trainingslager sollten wir dann ein klares Bild von der Mannschaft haben.

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FC-Sportchef Horst Heldt 

Mark Uth soll unbedingt Teil der Mannschaft bleiben. Wie ist der Stand bei ihm?

Unverändert. Wir wollen ihn gerne behalten und er kann sich das auch sehr gut vorstellen. Wir sind im Austausch mit Schalke 04. Es ist klar, dass wir uns einen Transfer im Millionenbereich nicht leisten können und nicht leisten werden. Aber es gibt auch andere Wege, so einen Transfer zu stemmen. Es hängt vieles mit Abgängen zusammen. Die Grundvoraussetzung ist aber gegeben: Es ist kein Geheimnis, dass er gerne hierbleiben möchte. Jetzt gilt es, einen Konsens mit dem abgebenden Verein zu finden.

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Und wie sieht es bei Jhon Cordoba aus?

Wir sind im Austausch und wir haben ihm ein Angebot zur vorzeitigen Vertragsverlängerung unterbreitet. Es gibt aber keinen Zeitdruck, wir sind in guten Gesprächen mit seinem Berater. Es gibt drei Möglichkeiten: Vertragsverlängerung, ihn behalten mit einer Restlaufzeit von einem Jahr oder einen Verkauf. Aktuell fokussieren wir uns auf das erste Szenario.

Was ist für Sie die optimale Kadergröße?

Es ist wichtig, dass wir ordentlich trainieren können, und das ist mit zu vielen Spielern nicht möglich. Wir wollen auch in der kommenden Saison wieder Talente einbinden und ihnen die Möglichkeit geben, sich bei uns weiter zu entwickeln. Ich will mich nicht auf eine konkrete Zahl festlegen, aber eine Kadergröße zwischen 23 und 26 Spielern wäre sinnvoll.

Ein Ausblick: Präsident Werner Wolf hat kürzlich gesagt: „Diese Saison war schwer, die nächste Saison wird noch schwerer.“ Teilen Sie seine Einschätzung?

Ich glaube, dass die Liga nächstes Jahr noch stärker wird. Stuttgart hat für einen Aufsteiger tolle Möglichkeiten und jeder weiß, wie schwierig es ist, in Bielefeld zu gewinnen. Es wird keine leichte Saison für uns. Wir müssen uns vom ersten Trainingstag damit auseinandersetzen und als Ziel vorleben, dass wir die Klasse halten wollen. Das wird eine riesige Herausforderung, die wir nur geschlossen bewältigen können. Warum auch immer: Es ist statistisch bewiesen, dass das zweite Jahr in der Bundesliga das schwierigere ist.