Köln-Coach im InterviewFunkel über FC-Albtraum, Heldt-Gipfel & Kader-Analyse

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Für ihn gehören der Dom und der FC genau wie der Karneval zu Köln: FC-Coach Friedhelm Funkel beim EXPRESS-Termin 

von Jürgen Kemper (kem)Martin Zenge (mze)

Köln – Er soll den 1. FC Köln vor dem siebten Abstieg der Klub-Geschichte bewahren: Friedhelm Funkel (67) kehrte für die Geißböcke noch mal aus seiner Trainer-Rente in die Bundesliga zurück. EXPRESS traf den gebürtigen Neusser dort, wo er sich am wohlsten fühlt – am Rhein. Funkel spricht im großen Interview über seine Rettungsmission, seinen Relegations-Albtraum und vieles mehr. Lesen Sie hier den ersten Teil.

  • Friedhelm Funkel im EXPRESS-Interview
  • Keine Angst vor Abstieg mit dem 1. FC Köln
  • Relegation gegen Fortuna Düsseldorf wäre für ihn ein Albtraum

Friedhelm Funkel glaubt fest an Klassenerhalt des 1. FC Köln

Friedhelm Funkel, der 1. FC Köln ist mit zwei Siegen zurück in der Erfolgsspur. Wie gehen Sie die letzten drei Spieltage an?

Ich habe der Mannschaft ganz klar gesagt: Wir wollen alle drei Spiele gewinnen. Dann brauchen wir nicht nach rechts und nach links schauen. Das ist gefährlich, durch Hertha ist die Tabellensituation verschwommen. Es ist wichtig, dass wir uns darauf besinnen, die Leistung der vergangenen drei Spiele auch in den nächsten drei umzusetzen. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir gewinnen, hoch. Ans Scheitern denke ich nicht. Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen.

Alles zum Thema Friedhelm Funkel

Aktuell wirkt die Stimmung im Training sehr gelöst. Das sah vor den beiden Siegen noch ganz anders aus.

Diese guten Leistungen, schon in Leverkusen, haben uns extrem weitergebracht. Die Siege haben den Jungs Selbstvertrauen und den Glauben zurückgegeben. Nach dem Spiel in Augsburg konnte ich durch die lange Pause drei Tage freigegeben – ich wusste, dass das die Stimmung noch mal hebt. Als es Dienstag weiterging, war aber auch sofort wieder zu spüren, wie höchstprofessionell die Jungs im Training auftreten. Dazu kommt der nötige Spaß, der bis Saisonende in der Mannschaft bleiben muss.

Sie haben Ihre Trainer-Rente für den FC unterbrochen. Hatten Sie vor Ihrer Rückkehr keine Angst, dass Ihre lange Karriere mit einem Abstieg enden könnte?

Überhaupt nicht! Angst ist ein schlechter Ratgeber. Dieses Gefühl kenne ich im Fußball gar nicht. Man hat vielleicht mal Angst um seine Familie, aber im Sport darf man keine Angst haben. Wenn man eine Aufgabe angeht, muss man das mit Selbstvertrauen und Optimismus tun.

Sie haben schon betont, dass für Sie nach Saisonende wieder Schluss ist. Aber es gibt doch bestimmt Momente, wie so ein 2:1-Sieg gegen Leipzig, wo man denkt: Das Feuer ist zurück, ich kann den Job noch!

Ich kann das sechs oder acht Wochen, aber kein ganzes Jahr. Ich möchte nicht, dass meine Gesundheit darunter leidet. Wenn ich das eine ganze Saison machen würde, dann hätte ich wirklich Angst – um meine Gesundheit. Ich gehe nach wie vor leidenschaftlich mit an der Seitenlinie, werde auch nachts wach und mache mir Gedanken um den FC. Diese Belastung möchte ich kein ganzes Jahr mehr. Das können Jüngere machen.

In der Doku „24/7 FC“ sieht man auch, wie leidenschaftlich Sie in der Kabine sind.

Wenn ich die ganze Saison Trainer wäre, könnte ich nicht jede Woche so emotional sein. Jetzt habe ich sechs oder acht Spiele, und da ich muss so impulsiv sein, um meine Sichtweise reinzubringen. Nach so einem Trainerwechsel kommt es oft auf die Ansprache, die Gestik und Mimik an. Dadurch sind die Spieler oft einen Tick aufmerksamer.

Friedhelm Funkel: Keine Lust auf Relegation gegen Fortuna Düsseldorf

Die Saison könnte mit der Relegation gegen Ihren Ex-Klub Fortuna Düsseldorf enden – ein Traum oder Albtraum?

Albtraum, ganz klar. Das möchte ich nicht, ich schätze beide Städte und Vereine, das wird sich auch nie ändern. Deswegen hoffe ich, dass wir alle drei Spiele gewinnen und direkt in der Liga bleiben.

Zumal Sie auch keine guten Erfahrungen mit der Relegation gemacht haben.

Als ich Trainer des VfL Bochum war, sind wir 2011 durch die Relegation nicht aufgestiegen. Damals haben wir das Hinspiel gegen Gladbach in der 94. Minute verloren, obwohl der Schiedsrichter nur zwei Minuten nachspielen lassen wollte. Ich bin generell kein Freund der Relegation. Ich finde es nicht fair, dass der Drittletzte noch die Möglichkeit hat, in der Bundesliga zu bleiben. Auch wenn es uns dieses Jahr helfen könnte. Drei Aufsteiger, drei Absteiger – das fände ich am besten.

Gibt es noch nachtragende Stimmen aus Düsseldorf, die Ihnen die Rückkehr nach Köln übelnehmen?

Nein. Und ich habe von Beginn an auch viele positive Nachrichten aus Düsseldorf erhalten. Von Leuten, die gesagt haben: ‚Eigentlich gönnen wir dem FC nichts Gutes, aber mit dir sollen sie in der Bundesliga bleiben.‘ Genauso aus Gladbach. (lacht)

Eine Ihrer wichtigsten Stützen ist Jonas Hector. Wie wichtig ist es für die Mannschaft, dass ihr Kapitän wieder voll dabei ist?

Jonas ist einfach super. Die vergangenen Monate war ich ja nicht dabei – aber ich höre, dass er richtig aufgeblüht ist. Wie er im Training vorweggeht, ist fantastisch. Er macht Tore und geht bis zur Leistungsgrenze. Gegen Leipzig wollte er nach 80 Minuten raus, da habe ich ihm gesagt, dass er auf die Zähne beißen muss. Das hat er gemacht. Dass er dann auch zwei Tage später in Augsburg so eine läuferische Leistung an Tag gelegt hat, ist bemerkenswert. Jonas hatte lange Probleme und eine schwierige Zeit, das weiß jeder. Dann in so einen Rhythmus zu kommen, ist nicht einfach.

Zwischenzeitlich wirkte er fußballmüde, es wurde sogar über ein Karriereende spekuliert.

Das ist für mich überhaupt nicht zu erkennen. Er will unbedingt mit seinen Jungs in der Liga bleiben. Dafür gibt er alles. Aktuell sind Jonas und Ellyes Skhiri im Zentrum sehr, sehr gut drauf. Das tut mir manchmal schon leid für Salih Özcan oder Elvis Rexhbecaj, die auch gute Jungs sind. Das erkläre ich ihnen aber, und alle ziehen mit. 

Friedhelm Funkel: So hilft ihm seine Frau beim Trainer-Job

Wie sehen Sie die Qualität des Kaders im Liga-Vergleich? Gehört der FC auf Platz 16 oder müsste er eher auf Rang elf stehen?

Platz elf wäre im Moment zu hoch gegriffen. Die Mannschaft ist spät zusammengestellt worden, das ging nicht anders. Dass es um den Klassenerhalt gehen würde, war vielen klar. Ich denke, mit drei guten Verpflichtungen wäre es möglich, die Plätze zehn bis 13 anzugreifen. Das muss im nächsten und übernächsten Jahr das Ziel sein, um mittelfristig auch die einstelligen Plätze im Blick zu haben und nicht mit dieser akuten Abstiegsgefahr leben zu müssen. Der 1. FC Köln gehört in die Bundesliga.

Sie haben in den vergangenen Wochen vor allem auf Gespräche gesetzt. Hilft Ihnen da Ihre Frau Anja, die eine Praxis für Psychotherapie betreibt?

Absolut, ich habe einiges von ihr übernommen, was diesen Bereich betrifft. Darauf habe ich mittlerweile eine ganz andere Sichtweise. Vor zehn Jahren habe ich überhaupt keinen Wert darauf gelegt und die Thematik nicht ernst genommen. Da gab es auch keinen Teampsychologen, ich habe gesagt: ‚Das müssen wir Trainer selbst schaffen.‘ Das hat sich auch durch meine Frau geändert. Ich spüre, dass das die heutige Spielergeneration gut findet und die Gespräche sucht.

Friedhelm Funkel: Kader-Gespräch mit Horst Heldt steht an

Sie sprechen die heutige Spielergeneration an. Hatten Sie vor Ihrem Comeback Bedenken, dass Sie mit 67 nicht mehr zeitgemäß sein könnten?

Nein, meine vorherige Station ist ja auch noch nicht so lange her. Ich nehme die Jungs, wie sie sind. Ich muss nicht alles gut finden – ältere Leute haben früher auch nicht alles gut gefunden, was ich als Spieler gemacht habe. Ich rege mich auch nicht mehr auf, wenn jemand von oben bis unten tätowiert ist. Oder über diese Musik. Wobei in Augsburg Karnevalslieder liefen, da bin ich gerne in der Kabine geblieben. (lacht)

Der FC setzt derzeit vermehrt auf seine Eigengewächse, hat in den vergangenen Tagen die Verlängerungen von Marvin Obuz und Jan Thielmann bekannt gegeben – der richtige Kurs?

Ich finde das toll. Es ist ein sehr, sehr gute Zeichen für den Verein, dass sich diese Jungs zum FC bekennen. Die Struktur und der Altersdurchschnitt der Mannschaft stimmen.

Ist dieser Weg vielleicht sogar alternativlos in finanziell schwierigen Zeiten?

Das würde ich nicht unbedingt sagen. Das hoffe ich auch nicht. Fester Bestandteil der Bundesliga zu werden geht nicht, ohne zwei oder drei gestandene Spieler, die man pro Jahr dazu holt. Wie beispielsweise im vergangenen Sommer Ondrej Duda, der wirklich ein super Spieler ist. Sebastian Andersson ist eigentlich auch ein Volltreffer, wenn er nicht mit dieser Verletzung zu kämpfen hätte. Der FC muss weiterhin versuchen, solche Transfers umzusetzen.

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Sie sind in der kommenden Saison zwar kein Trainer mehr, aber hat Horst Heldt Sie um Ihre Einschätzung zur Kader-Planung gebeten?

Ins Detail sind wir aufgrund der englischen Woche noch nicht gegangen. Aber wir werden uns Anfang der Woche zusammensetzen, weil er meine Meinung hören will. 

Gilt das auch für die Suche nach Ihrem Nachfolger auf der Trainerbank?

Wenn er mich dazu fragt, werde ich ihm auch dazu antworten. Das will ich aber nicht im Vorfeld thematisieren. Aktuell bin ich nur damit beschäftigt, die notwendigen Punkte zu holen und das positive Klima in der Mannschaft zu behalten.