FC-Keeper über Zieler-Konkurrenz & KritikHorn: „Muss wieder anderes Level erreichen“

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Timo Horn im Trainingslager in Donaueschingen

von Martin Zenge (mze)

Donaueschingen – Trotz Achterbahn-Saison und neuem Herausforderer: Timo Horn (27) ist und bleibt die Nummer eins des 1. FC Köln. Im EXPRESS-Interview spricht der Torhüter über das Vertrauen der Verantwortlichen, Ron-Robert Zieler (31) und die Kritik an ihm.  

Timo Horn, Markus Gisdol hat eine sehr harte Vorbereitung angekündigt. Gilt das auch für Sie als Torhüter?

Absolut. Der Trainer versucht, uns deutlich mehr als zuvor einzubinden, wir machen viele Übungsformen mit, damit wir auch direkt das entsprechende Spielverständnis entwickeln. Die Vorbereitung ist tatsächlich sehr intensiv, aber das ist auch wichtig. Wenn man sich die Laufwerte der vergangenen Saison anschaut, steht außer Frage, dass wir in diesem Bereich Potenzial haben. Das ist genau der richtige Weg. Ich selbst will im athletischen Bereich auch weiter zulegen, mache viel Kraft- und Beweglichkeitstraining.

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Was sind Ihre Schwerpunkte im Torwarttraining?

Man schaut sich natürlich die Statistiken der vergangenen Saison an und analysiert, wo man sich verbessern kann. Ich glaube, mit dem Fuß habe ich mich deutlich gesteigert, dafür sprechen auch die Werte. Was mich selbst überrascht hat, war die Quote der abgewehrten Bälle. Da muss ich wieder ein anderes Level erreichen und dafür arbeite ich hart. Auf diese Statistik schaut man bei Torhütern immer als erstes. Wobei sie einzeln betrachtet auch einfach keine vollständige Einschätzung zulässt.

Timo Horn: Ron-Robert Zieler tut mir gut

In den ersten Testspielen wirkte es zudem, als würden Sie häufiger aus dem Tor kommen und höher stehen.

Das haben Andreas Menger und ich so mit dem Trainer besprochen. Wir wollen als Mannschaft eine kompakte Einheit auf dem Platz sein. Da ist der Torwart natürlich auch ein wichtiger Faktor. Deshalb nutze ich jetzt die Gelegenheit in den Testspielen und im Training, auch bei Bällen rauszugehen, bei denen ich sonst vielleicht im Tor geblieben wäre, um ein besseres Gefühl dafür zu entwickeln.

Ein großes Thema in der Sommerpause war die Suche nach einer neuen Nummer zwei. Wie haben Sie als Nummer eins die Suche verfolgt?

Ich wusste ja, dass wir auf der Suche sind, da Kess aufgehört hat. Auf die neue Konstellation habe ich mich eingestellt. Mit Ron haben wir eine gute Lösung gefunden, die mir gut tut. Wir haben beide den gleichen Ursprung, hier beim FC, deswegen verstehen wir uns auch ganz gut.

Spüren Sie einen neuen Konkurrenzkampf?

Die Rollen an sich sind klar verteilt. Diese Konstellation hat aber einen positiven Einfluss auf das Trainingsniveau: Wir müssen beide immer zu 100 Prozent konzentriert und fokussiert sein, um nicht abzufallen. Wir pushen uns gegenseitig im Training, die Einheiten sind auf einem konstant hohen Niveau. Davon werden wir alle profitieren. Neue Reize zu setzen, war sicherlich auch das Ziel dieser Verpflichtung. Man muss aber auch sagen, dass es mit Kess jahrelang sehr gut funktioniert hat.

Horst Heldt hat direkt nach Saisonende gesagt, dass er weiter auf Sie als Nummer eins setzt. Freuen Sie sich über dieses Vertrauen?

Ganz klar. Für einen Torwart ist die Rückendeckung der entscheidenden Leute das Wichtigste. Das war bei mir zu jeder Zeit der Fall, auch vom Trainer. So kann ich gestärkt in die Vorbereitung und die neue Saison gehen. Dieses Vertrauen gibt mir Selbstbewusstsein.

Die vergangene Saison war eine Achterbahnfahrt. Wie fällt Ihr persönliches Fazit aus?

Fußball ist kein Einzelsport, persönlich lässt sich das schwer beurteilen. Für uns als Mannschaft wünsche ich mir einfach, dass wir konstanter werden. Es war tatsächlich ein extremes Auf und Ab. Ich glaube, Konstanz wird auch dafür sorgen, dass die Wertschätzung für die einzelnen Spieler wieder eine andere wird. Den FC weiter in der Bundesliga zu etablieren, ist das Ziel, das ich mir persönlich und für uns als Mannschaft vorgenommen habe.

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Die Saison endete mit zehn sieglosen Spielen und viel Kritik, auch für Sie. Konnten Sie das abhaken?

Das waren sehr intensive Wochen und natürlich nimmt man sich so etwas sehr zu Herzen, das ist ganz klar. Ich bin jetzt 18 Jahre beim FC, habe viel miterlebt – viele schöne Momente, aber auch viele Erlebnisse, auf die man gerne verzichtet hätte. Über das letzte Spiel in Bremen brauchen wir nicht lange diskutieren – diesen Auftritt hätten wir uns sparen müssen. Keiner war gut, da hätten wir uns ganz anders präsentieren müssen. Ich habe das abgehakt und gehe jetzt mit neuer Energie in die Saison.

Timo Horn: Der 1. FC Köln bedeutet mir einfach sehr viel

Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen weniger als anderen Spielern verziehen wird?

Wenn man so lange bei einem Verein spielt, verbinden die Leute natürlich viel mit einem. Ich habe mich aber bewusst für diesen Weg entschieden – allen Widrigkeiten zum Trotz. Der FC bedeutet mir einfach sehr viel. Deswegen halte ich diese Kritik gerne für den Klub aus.

Also kommt trotz der wiederkehrenden Anfeindungen nicht der Gedanke auf, das alles einfach mal hinter sich lassen zu wollen?

Der FC ist mein Heimatverein – hier bin ich, seit ich ein Kind war. Ich will den Weg hier weiter mitgehen, habe noch drei Jahre Vertrag. Wir wollen jetzt an die erfolgreiche Zeit anknüpfen. Und ich bin auf dem besten Weg, 300 Spiele für den Klub zu machen, das macht mich stolz. Ich will noch so viele Spiele wie möglich für meinen Verein absolvieren.

Die generelle Marschrichtung lautet weiterhin: Träumen verboten, es geht nur um den Klassenerhalt.

Das ist auch wichtig. Dieses Ziel haben wir von Tag eins an formuliert. Es war dem Trainer wichtig, klar anzusprechen, dass wir nun einen gemeinsamen Weg und ein Ziel haben, an dem sich alle orientieren müssen.

Sie gehen nun in Ihre dritte Saison mit Andreas Menger. Wie läuft die Zusammenarbeit im Torwart-Team?

Der Zusammenhalt mit Andi ist weiterhin sehr gut. Ron gefällt das Torwarttraining hier auch sehr, das hat er schon nach ein paar Tagen gesagt. Es ist wichtig, dass wir als Torwartteam zusammenstehen und eine gute Einheit sind. Andi ist insgesamt wichtig für die Truppe, er versteht sich mit allen Spielern sehr gut. Ich habe viel Vertrauen zu ihm.

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Mit Moritz Anderten ist ein Teampsychologe zum Profi-Team gestoßen. Wie läuft die Arbeit mit ihm?

Bislang verschafft er sich erst mal einen Eindruck und beobachtet alles ganz genau – wie der Teamspirit ist, wie sich jeder verhält. Die Psychologie ist ein ganz wichtiger Punkt, der oft unterschätzt wird im Profi-Fußball. Andere Sportarten sind da viel weiter. Es gehört viel mentale Stärke dazu, die Trainingsleistungen im Spiel umzusetzen. Von daher finde ich es sehr gut, dass wir einen Teampsychologen dazubekommen haben.

Im Kader gibt es mit Ron-Robert Zieler bislang nur einen Neuzugang. Ist die Mannschaft stark genug?

Qualität kostet Geld und deswegen ist es für viele Vereine corona-bedingt gerade schwierig, sich zu verstärken – nicht nur für uns. Aber wir haben den Turnaround in der vergangenen Saison auch mit unserer jetzigen Truppe geschafft, plus Mark Uth, der uns ab Winter natürlich extrem gut getan hat. Ich bin überzeugt, dass wir noch die eine oder andere Verstärkung bekommen werden. Aber ich glaube auch, dass wir schon in der jetzigen Konstellation stark genug sind, um zu bestehen. Die Testspiele stimmen mich positiv.

Das Thema Gehaltsverzicht wird wieder aufkommen. Wie stehen Sie dazu?

Es ist wichtig, dass man da eine einheitliche Lösung für alle findet. In der vergangenen Saison haben wir uns relativ schnell geeinigt, weil wir auch wissen, wie viele Jobs und Menschen am FC hängen. Es war für uns selbstverständlich, zu verzichten. Nun wurde angekündigt, dass wir in den nächsten Tagen oder Wochen wieder Gespräche führen werden. Und ich bin überzeugt, dass wir als Mannschaft wieder eine gute Lösung finden werden.