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„Soll eine Maschine werden“FC-Riese Tolu bekommt klaren Auftrag von Gisdol

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Tolu Arokodare will sich beim 1. FC Köln über harte Trainingsarbeit für die Startelf empfehlen.

von Jürgen Kemper (kem)

Köln – Er ist die große Wundertüte beim 1. FC Köln: Tolu Arokodare (19) kam vor der Saison als absoluter No-Name vom lettischen Verein Valmiera FC nach Köln.

Die Verantwortlichen sehen enormes Entwicklungspotenzial im nigerianischen Sturm-Riesen, handelten daher eine Kaufoption über 2,3 Millionen Euro für den 1,97-Meter-Mann aus. Arokodare ist bei Markus Gisdol (51) zunächst als Stürmer Nummer drei eingeplant, kam aber aufgrund von Verletzungen seiner Kollegen bereits zu drei Kurzeinsätzen.

Im EXPRESS-Interview spricht Toluwalase („Gottes Wille“) über seine Anfänge in Nigeria, den Wechsel nach Europa und seine erste Zeit beim FC.

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Tolu, können wir das Interview schon auf Deutsch machen?

Nein, noch nicht. Ich habe Deutsch-Unterricht, aber ich kann bisher nur sagen: Guten Tag, ich heiße Toluwalase Arokodare und ich bin Stürmer. (lacht)

Sie sind in Nigeria aufgewachsen. Wann haben Sie dort das erste Mal Fußball gespielt?

Seit ich denken kann, spiele ich Fußball. Ich habe oft mit meinen drei älteren Brüdern gespielt, war immer auf dem Bolzplatz, manchmal sogar im Schlafanzug oder nur in Unterwäsche. Nach der Schule habe ich meistens nicht mal meine Schuluniform zum Kicken ausgezogen. Ich war schon immer fußballverrückt. Meine Eltern haben mir erzählt, dass mein erstes Wort als kleines Kind „Tor“ war.

Wer waren in der Kindheit Ihre Idole?

Jay-Jay Okocha habe ich geliebt, weil er eine nigerianische Legende ist. Durch ihn kannte ich die Bundesliga schon ganz früh. Und wie wahrscheinlich jedes fußballbegeisterte Kind habe ich Ronaldo und David Beckham bewundert.

Mit 18 Jahren sind Sie aus Ihrer Heimat nach Lettland gegangen. Wie kam das zustande?

Ich habe in einer angesehenen Akademie Fußball gespielt. Mein Berater hat mir früh diverse Probetrainings organisiert. Mit 16 war ich schon mal einen Monat beim SC Freiburg und beim FC Toulouse in Frankreich. Es hat damals aber nicht für ein langfristiges Engagement gereicht, also haben wir entschieden, es in einer kleineren Liga zu probieren. Ich hatte mehrere Angebote, aber in Lettland gab es kein Auswahlverfahren, ich wurde direkt genommen. Und ich hatte das Gefühl, dass es genau die richtige Adresse für meine erste Station in Europa ist. Und ich hatte recht, jetzt bin ich beim 1. FC Köln und überglücklich.

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Wie schwer war es damals für Sie, alleine nach Europa zu gehen?

Es war und ist immer noch nicht einfach ohne meine Familie zu leben. Ich bin schon früh auf ein Internat gegangen und war es gewöhnt, getrennt von der Familie zu sein. Aber ich bin hier, um mir den Traum von einer großen Karriere zu erfüllen. Ich mache das für meine Zukunft und damit auch für meine Familie. Sie haben Verständnis für diesen Schritt und unterstützen mich, wo sie können.

Hat Ihre Familie Sie schon in Köln besucht?

Nein, leider nicht. Aufgrund von Corona habe ich sie seit Januar nicht mehr gesehen. Ich hoffe, dass sie mich nächstes Jahr in Köln besuchen können. Wir sprechen aber trotzdem jeden Tag miteinander. Wir haben einen Familienchat, in dem sie mir jeden Tag sagen, wie stolz sie auf mich sind. Ich muss sie sogar meistens bremsen, weil wir sonst nie ein anderes Thema hätten. Es ist toll, so eine Unterstützung zu spüren, auch wenn sie Tausende Kilometer entfernt von mir sind.

Was erzählen Sie ihren Eltern vom Leben in Deutschland?

Ich erzähle ihnen, dass ich sehr glücklich hier bin und sich meine und ihre Bedenken bezüglich Rassismus nicht bestätigt haben. Meine Mutter war nämlich zunächst etwas besorgt, aber ich konnte sie schnell beruhigen, weil ich nie eine negative Erfahrung gemacht habe. Die Leute sind alle sehr nett zu mir, sind offen, sprechen Englisch und machen es mir sehr leicht, mich hier wohl zu fühlen. Ich bin auch froh, dass ich schon viel von der Stadt sehen konnte. Es gefällt mir sehr gut hier, vor allem am Rhein.

Haben Sie vor Ihrem Wechsel nach Köln jemals vom FC gehört?

Natürlich. Ich spiele für mein Leben gern Playstation und kenne dadurch die Bundesliga und auch den 1. FC Köln. Und ich habe schon immer viel Fußball geguckt und kannte mich deswegen schon ganz gut aus im europäischen Fußball. Als mein Berater mir vom FC-Interesse erzählt hat, habe ich zusätzlich ein bisschen recherchiert. Ich bin stolz, für denselben Verein wie Lukas Podolski oder Sunday Oliseh zu spielen. Er ist eine echte Legende in Nigeria.

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Wie groß ist der Unterschied von der lettischen Liga zur Bundesliga?

Es ist ein gewaltiger Unterschied. Die Intensität ist nicht zu vergleichen, weder im Training und schon gar nicht im Spiel. Die Qualität der einzelnen Spieler, das Tempo, die taktischen Voraussetzungen – alles ist auf einem ganz anderen Level. Für mich heißt das, dass ich mich möglichst schnell an alles gewöhnen muss, um auf diesem Level bestehen zu können.

Wie schwer ist das für Sie?

Es ist sicher ein hartes Stück Arbeit, aber ich spüre, dass ich dafür die Unterstützung von jedem einzelnen hier im Klub erhalte. Meine Mitspieler helfen mir, wo sie nur können, und das macht mich sehr glücklich. Ich denke, ich kann zufrieden mit meinem Start sein. Ich bin noch nicht so lange hier und hatte trotzdem schon drei Kurzeinsätze. Ich muss einfach weiter hart arbeiten und dem Trainer zeigen, dass ich das Zeug für die Bundesliga habe.

Der FC besitzt eine Kaufoption für Sie, die bei mehr als zwei Millionen Euro liegen sol. Ziemlich viel Geld für einen 19-Jähirgen, der bisher nur in Lettland gespielt hat. Spüren Sie Druck?

Anfangs habe ich mir mehr Druck gemacht. Die Bundesliga gehört zu den besten Ligen der Welt und kam mir gewaltig vor. Dann kam mein erster Einsatz in Bielefeld, ich hatte vorher noch nie vor 5000 Zuschauern gespielt. Doch ich war nach meiner Einwechslung nichts nervös oder aufgeregt. Ich hatte sofort das Gefühl am richtigen Ort zu sein. Nach dem Spiel ist viel Druck abgefallen, weil ich gesehen habe, dass ich mithalten kann. Ich habe mir gesagt: Wenn ich nicht gut genug wäre, wäre ich nicht hier.

Was ging Ihnen bei Ihrer ersten Einwechslung durch den Kopf?

In diesem Moment habe ich eigentlich nichts Besonderes gedacht. Ich war voll fokussiert auf das Spiel. Ich habe deswegen sogar meine Stutzen falsch herum angezogen. Wir lagen 0:1 hinten und wollten unbedingt noch das Spiel drehen. Das war mein einziger Gedanke. Nach dem Spiel habe ich dann erst realisiert, was das wirklich bedeutet. Meine Mutter hat mich direkt angerufen und mir gratuliert.

Tolu: „Mein Körper kann eine echte Waffe werden“

Sie sind jetzt schon einige Monate in Köln. Was haben Sie bisher für ein Feedback vom Trainerteam bekommen?

Ich denke, dass ich einen guten ersten Eindruck hinterlassen habe, auch wenn ich noch viel lernen muss. Wir sind viel im Austausch. Sie sagen mir: Du bist jung, und wir sehen eine Menge Entwicklungspotenzial bei dir, wenn du weiter hart arbeitest. Sie wollen, dass ich eine Maschine werde. Ich soll meinen Körper einsetzen, weil der eine echte Waffe sein kann. Das ist für mich ein großer Ansporn, mich stetig zu verbessern.

Was müssen Sie sich konkret verbessern?

Vor allem im Bereich Physis. Das Spiel ist schneller, die Gegenspieler sind stärker, also muss ich bereit dafür sein. Dazu muss ich noch an meinem Passspiel arbeiten. In Lettland haben wir viel auf Kunstrasen gespielt, der Ball rollt dort ganz anders. Das war ebenfalls eine Umstellung. Das Wichtigste ist, dass das Zusammenspiel mit meinen Teamkollegen besser wird. Ich gebe alles, um dem Team zu helfen.

Was sind Sie für ein Typ abseits des Platzes?

Ein ganz ruhiger Typ. In Lettland habe ich nur selten das Haus verlassen. Ich habe in einer kleinen Stadt gelebt und wollte nicht, dass die Leute über mich reden. Ich spiele gerne Videospiele, höre gerne Musik und interessiere mich für Klamotten. Kingsley zieht mich oft auf für meinen Style, aber da stehe ich drüber (lacht). Er ist ein super Typ, wir haben ein tolles Verhältnis und ich gehe eigentlich nur vor die Tür, wenn er etwas unternehmen will. Mit ihm, Jannes und Ondrej verbringe ich die meiste Zeit.

Wohnen Sie noch im Hotel?

Nein, ich habe mir frühzeitig eine eigene Wohnung gesucht. Das war mir sehr wichtig. Es ist das erste Mal, dass ich in meinem Leben alleine wohne. In Lettland habe ich in einer WG gelebt. Es ist in diesen Zeiten manchmal schon ziemlich einsam, aber ich komme schon gut klar. Ich habe ja FIFA. (lacht)

Kochen Sie selber?

Kochen kann ich überhaupt nicht. Zum Glück hat mir Eunice Beckmann (Anm. d. Red. Fußballerin beim 1. FC Köln) von diesem nigerianischen Restaurant in Köln erzählt. Seitdem bestelle ich dort eigentlich jeden Tag mein Essen. Es ist toll, dass es hier so etwas gibt. Es erinnert mich an meine Heimat. Dafür bin ich Eunice sehr dankbar. Sie ist so etwas wie meine große Schwester. Sie hat mir auch einen Friseur empfohlen, zu dem ich nun immer gehe.

Was sind Ihre Ziele beim 1. FC Köln?

Über allem steht der Klassenerhalt. Wir wollen unbedingt in der Liga bleiben und dafür werden wir alles geben. Ich will dafür so viel leisten, wie ich kann. Ich hoffe, dass ich langfristig meinen Platz in der Mannschaft finden werde und zum Klassenerhalt beitragen kann.