„Ich musste um Gisdol kämpfen“FC-Sportchef Heldt über Kölns permanenten Abstiegskampf

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FC-Freude in Gladbach: Chefcoach Markus Gisdol mit Sportboss Horst Heldt und Co-Trainer Frank Kaspari (r.) nach dem fünften Saisonsieg

von Alexander Haubrichs (ach)Martin Zenge (mze)

Köln – Der 1. FC Köln vor der Partie bei Eintracht Frankfurt am Sonntag (14. Februar, 15.30 Uhr, Sky). Nach zwei Siegen in Folge trifft der FC auf die Mannschaft der Stunde, den Tabellenvierten aus Hessen. Wie die Situation beim 1. FC Köln nach dem Derby-Wunder ist, was auf den FC noch zukommt und was Kölns Stärken in der Krise sind, darüber sprachen wir FC-Manager Horst Heldt im ersten Teil des großen Exklusiv-Interviews.

  • Der 1. FC Köln funktioniert meist mit dem Rücken zur Wand
  • Wie Horst Heldt über Gegner Eintracht Frankfurt denkt
  • FC-Sportchef Heldt: „Ich schreibe Schalke und Mainz nicht ab“

Horst Heldt, dem 1. FC Köln ist mit zehn Punkten aus fünf Spielen der Sprung auf Platz 14 gelungen. Was läuft seit dem 0:5 in Freiburg besser?

Es ist immer wichtig, das, was nicht gut läuft, zu hinterfragen. Wenn es gut läuft, ist es sinnvoll, es laufen zu lassen und nicht zu sehr darüber nachzudenken. So etwas lässt sich auch nicht zu 100 Prozent beantworten. Fest steht, dass wir die Punkte für den Klassenerhalt gut gebrauchen können. Die Mannschaft hat ihre Qualität, aber auch bestimmte Wellenbewegungen, die wir einplanen müssen. Nur weil wir gegen Gladbach gewonnen haben, wird nichts selbstverständlicher.

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Markus Gisdol hat viele kritische Momente überstanden. Mussten Sie in den vergangenen Wochen und Monaten intern für Ihren Trainer kämpfen?

Abstiegskampf heißt permanent kämpfen – in allen Belangen. Kämpfen bedeutet in dem Fall, dass sich Menschen, die sich mit dem Klub auseinander setzen, Sorgen machen, dass sie berechtigterweise Dinge erklärt haben wollen, dass sie Antworten wollen. Wenn man 0:5 in Freiburg verliert, und keiner würde etwas hinterfragen, wäre das grundlegend falsch. Aber unter dem Strich bleibt es dabei, dass wir ein gemeinsames Ziel haben. Und vor Beginn der Saison haben wir uns intern alle bewusst gemacht, dass das ein langer Weg wird. Deshalb sind Momente wie in Dortmund oder Gladbach sehr, sehr schön. In Freiburg ist man dann mal deprimiert und zweifelt. Es ist ganz normal, dass man sich in unserer Situation permanent zwischen Hoffnung und Zweifel bewegt. Unsere Aufgabe ist es, die goldene Mitte zu finden – und Entscheidungen zu treffen, von denen wir überzeugt sind.

Was auffällt: Mit dem Rücken zur Wand ruft die Mannschaft ihre besten Ergebnisse ab. Macht der Trainer dann etwas anders?

Das finde ich nicht. Natürlich verhält man sich anders, wenn die Situation schwieriger wird. Aber Markus hat immer seinen roten Faden, er ist immer fokussiert auf die jeweilige Situation. Und es steht bestimmt keiner freiwillig gerne permanent mit dem Rücken zur Wand.

1. FC Köln: Was Horst Heldt über die Chaos-Woche vorm Derby sagt

Die Woche vor dem Derby war dank der Posse um Fritz Esser und dem Bus-Video mit Dominick Drexlers „Spacken“-Aussage extrem chaotisch. Schlagen Sie als Sportchef da nicht die Hände über dem Kopf zusammen?

Das sind Themen, die nicht eingeplant waren. Auf so etwas kann man sich auch nicht vorbereiten. Diese Woche war für uns alle eine Herausforderung.

Der Bus-Vorfall und die Folgen werden noch immer heiß diskutiert. Unter anderem die Frage, ob man sich mit den Entschuldigungen und der Geldstrafe zu sehr den Ultras unterwirft. Ein schmaler Grat?

Unsere Entscheidung war wohlüberlegt, wir haben uns intensiv ausgetauscht. Letztlich ist Dominick unser Spieler. Entscheidend für unseren Weg war auch, wie sich die Mannschaft positioniert und geäußert hat. Es waren die Spieler, die sich für den Austausch mit den Vertretern der Fanszene entschieden haben.

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Drexler hat sich in dieser Woche noch mal per Shirt-Botschaft bei den Fans entschuldigt…

Die Entscheidung hat er selbst getroffen, die hat er nicht mit uns abgesprochen – muss er auch nicht. Für uns ist das Thema ohnehin ad acta gelegt.

FC-Chef Horst Heldt: „Das Derby hat die Mannschaft voran gebracht.“

War der Derby-Sieg trotz der Querelen der endgültige Beweis dafür, dass die Mannschaft funktioniert?

Das lässt sich nicht an einem Spiel messen. Nehmen wir Gladbach, würden wir sagen, dass sie funktioniert. Nehmen wir Regensburg, sieht das anders aus. Die Mannschaft hat oft bewiesen, dass sie funktionieren kann. Sie hatte aber auch andere Momente. Für unser Ziel Klassenverbleib war das Derby ein toller Moment, der die Mannschaft sicherlich vorangebracht hat.

In der Tabelle beträgt der Vorsprung auf Schlusslicht Schalke schon 13 Punkte, auf den Vorletzten Mainz sind es acht. Droht von diesen Mannschaften noch Gefahr?

Da ist noch längst nichts gegessen. Das Polster ist gut, aber Mainz hat zuletzt auch gepunktet. Hätten wir nicht gewonnen, wäre der Vorsprung schon dahin. Ich schreibe auch Schalke nicht ab, den Fehler mache ich nicht. Wir sind gewiss nicht durch und auch so ein Derby-Sieg wird richtig eingeordnet. Ich erkenne nicht, dass die Mannschaft sich zurücklehnt. Im Gegenteil, es gibt genügend Mahner.

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Haben Sie die Hoffnung, dass für den FC in den kommenden Jahren mehr drin ist als permanenter Abstiegskampf?

Eine spannende Frage. Dafür sind einige Antworten notwendig, die man derzeit noch nicht abschließend geben kann. Vieles hängt davon ab, wie der Fußball in sechs, sieben Monaten oder einem Jahr aussieht. Zum Beispiel, ob es wieder Zuschauer gibt. Natürlich ist es unser Ziel, darauf hinzuarbeiten, einen ruhigeren Saisonverlauf zu erleben – das ist die Idee und der Wunsch für unsere  mittelfristigen Planungen.

Der nächste Gegner Frankfurt hat eine ähnliche jüngere Vergangenheit wie der FC: Abstieg Anfang der 2010er-Jahre, dann ein überraschender Europokal-Einzug. Mittlerweile ist die Eintracht enteilt. Ist Frankfurt ein Beispiel, wie es beim FC hätte laufen können?

Frankfurt hat tatsächlich eine ganz, ganz hervorragende Entwicklung genommen und ist ein Beispiel, an dem man sich orientieren kann als Traditionsverein. Ich habe In Frankfurt einige Europapokal-Spiele besucht, da war ähnlich wie hier in Köln die ganze Stadt elektrisiert. Und klar ist es in Frankfurt dann anders gelaufen als nach der letzten Europapokal-Saison hier. Warum das so ist, habe ich aber nicht genauer untersucht.

Wie schwer wird das Spiel am Sonntag?

Frankfurt ist mit Wolfsburg derzeit die Mannschaft der Stunde, die dauerhaft punktet und ein gewisses Selbstverständnis und Überzeugung hat. Das wird eine große Herausforderung. Aber auch sie werden mitbekommen haben, dass wir ein paar Punkte geholt haben, und uns nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Lesen Sie im zweiten Teil des großen Interviews mit Horst Heldt wie er über Timo Horn denkt und was er zur Zukunft von Anthony Modeste und Youngster Salih Özcan sagt.