„Ich finde das weniger lustig“Stöger und seine Uli über FC-Aus & Schmadtke-Gerüchte

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Ex-Köln-Coach Peter Stöger mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Ulrike Kriegler

von Alexander Haubrichs (ach)

Köln – Als sich die Türen am Flughafen Köln/Bonn öffnen und die Passagiere des Fluges aus Wien heraustreten, wirkt es für die FC-Fans im Terminal A für einen Moment, als sei die Zeit stehengeblieben. Peter Stöger (53), der sich in seinen viereinhalb Jahren als Trainer des 1. FC Köln mit der Qualifikation für Europa unsterblich machte, kommt mit leichtem Gepäck und seiner Lebensgefährtin Ulrike Kriegler (45).

Doch als ein Fan zur „Uli“ tritt, merkt man, dass etwas anders ist. Die Entertainerin, die Freitag und Samstag die Kölner „Hüttengaudi“ am Südstadion moderiert, zögert. „Ich dachte: Vielleicht ist das auch einer von denen, die gesungen haben“, sagt Kriegler und man merkt, dass da eine Narbe übergeblieben ist. Im ersten Saisonspiel in Wolfsburg schallte aus der Kölner Kurve ein Schmähgesang, der eigentlich Ex-Manager Jörg Schmadtke (55) treffen sollte, aber auch Kriegler und Stöger mit hineinzog. 

Peter Stöger und Ulrike Kriegler im Interview

Im EXPRESS sprechen sie erstmals gemeinsam über die schwierige Zeit, den Grund für den Austritt aus dem Klub – und die aktuelle Situation des FC.

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Peter Stöger, seit Sommer sind Sie wieder zurück bei Austria Wien. Nun als Sportvorstand. Fehlt ihnen das Trainer-Dasein nicht?

Stöger: Der Kontakt zur Mannschaft fehlt.  Das war schon bei meinem  Jahr Auszeit so, aber da habe ich viele Dinge gemacht, zu denen man im Job nicht kommt.

Kriegler: Zum ersten Mal hat nicht der Fußball unser Leben bestimmt. Wir hatten 25 Skitage! Mittlerweile kommt der Peter schon sehr passabel den Berg hinunter.

Stöger: Ja, aber dann hat sich die Austria sehr um mich bemüht. Und es ist eine spannende Aufgabe, den Verein wieder auf gesunde Füße zu stellen und vielleicht mittelfristig wieder ein ernstzunehmender Gegner für RB Salzburg zu werden. Ich habe jetzt eine ganz andere Rolle, versuche Sponsoren zu finden, die Leute vom gemeinsamen Weg zu überzeugen.

Kriegler: Er benutzt plötzlich zu Hause ganz andere Begriffe. „Stakeholder“ zum Beispiel (lacht). Mir wäre lieber, wir reden wieder über die Viererkette.

Wie passt der langjährige FC-Torwartcoach Alexander Bade zur Austria?

Stöger: Alex übernimmt die Aufgaben in der sportlichen Leitung,  pflegt auch die Kontakte mit anderen Klubs. Er ist ein intelligenter Bursche und steht mit beiden Beinen auf der Erde. Deshalb kommt er auch sehr gut an bei den Menschen. Er macht einen tollen Job im Sportmanagement.

Bade ist eigentlich in Köln zu Hause. Welches Verhältnis haben Sie noch zur Stadt?

Stöger: Wir haben in den viereinhalb Jahren hier viele Freunde gefunden und die sind auch bis heute Freunde geblieben. Wir treffen uns zum Skifahren, in Wien oder mal hier in Köln. Diese Woche ist die Uli bei der Hüttengaudi, in der nächsten Woche bin ich Schirmherr beim „Kölschen Hätz“. Das ist ein Projekt, das mir am Herzen liegt.

Jetzt in den Karnevalstrubel einzutauchen fällt nicht schwer?

Kriegler: (lacht) Beim ersten Kostümierten denkt man noch: okay...  Beim zweiten weiß man: Man ist in Köln! Und für unsere Hüttengaudi ist das Kölner Publikum ein Traum. Sie sind durch den Karneval sehr diszipliniert – was du dir auch einfallen lässt, die Kölner machen immer mit!

Peter Stöger: „Markus Gisdol ist der richtige Trainer für den 1. FC Köln“

Verfolgen Sie noch die Situation beim FC?

Stöger: Natürlich schaue ich noch, was der FC macht, auch was Dortmund so treibt, Yuya Osako, Kevin Vogt und Leo Bittencourt in Bremen oder Dominique Heintz in Freiburg.

Ist der BVB titelreif?

Stöger: Schwer zu sagen, die Mannschaft wurde auf höchstem Niveau umgekrempelt nach meinen sechs Monaten dort. Sie haben genauso die Chance wie RB Leipzig. Eigentlich sollte es in diesem Jahr einem anderen Klub als München gelingen, den Titel zu holen. Die Bayern haben schon in der letzten Saison geschwächelt und niemand war da. In dieser Hinrunde war es ähnlich. Wenn es jetzt keiner ausnutzt, wird es schwierig. Bald haben sie ihre wenigen Schwachstellen wieder besetzt – und dann wird sie wieder eine Zeit lang niemand stoppen können!

Und der 1. FC Köln?

Stöger: Die Kölner haben mit Markus Gisdol, glaube ich, den richtigen Trainer geholt. Er kennt die Situation und wird sie da rausführen.

Ihr Verhältnis zum 1. FC Köln wurde allerdings getrübt. Die Gesänge gegen Jörg Schmadtke trafen auch Sie als Paar.

Kriegler: Das war schon sehr bitter. Wenn ein Manager kritisiert wird, ein Trainer oder ein Spieler, dann kann ich das ja noch nachvollziehen. Aber durch dieses absurde Gerücht fragt man sich: Was hab ich damit zu tun? Ich habe nicht gespielt, nicht falsch aufgestellt, ein- oder verkauft. Geschweige denn Sonstiges gemacht...

Wie wehrt man sich dagegen?

Kriegler: Ich kann gegen die Gesänge ja nichts tun. Aber wenn jemand das Video gepostet hat, habe ich die Person angeschrieben und gebeten, es zu löschen oder Fakten zu bringen. Fast alle haben es gelöscht, teilweise sich sogar entschuldigt. Und ich habe das Gefühl, dass sie sowieso wissen, dass das Gerücht nicht stimmt – aber es lustig finden, wenn sie es singen. Ich finde das halt weniger lustig.

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Peter Stöger: Das hätte ich mir vom 1. FC Köln gewünscht

Wie haben sie insgesamt die Rolle des Klubs gesehen?

Stöger: Ich hätte mir schon gewünscht, dass man aktiver und vehementer gegen die Gerüchte vorgeht. Dann wäre es nicht so weit gekommen. Aber es war vielleicht auch ein angenehmes Alibi dafür, dass wir nicht gut performt haben.

Kriegler: Auch die Dementis auf verschiedenen Versammlungen waren wenig überzeugend. Als ich Videos davon sah, dachte ich nur: So entkräftet man dieses Gerücht nicht. Dann lasst es lieber gleich.

Sie sind dann aus dem Klub ausgetreten. Warum?

Stöger: Es war unsere Art, mit der Geschichte – nicht mit dem FC an sich – abzuschließen. Für den Verein ist es egal, ob er zwei Mitglieder mehr oder weniger hat. Aber ich will nicht, dass jemand in zwei Jahren sagt: So schlimm war es doch nicht, die beiden sind immer noch Mitglied. Wir wollten daraus keine große Sache machen. Aber Toni Schumacher hat das für uns dann anders entschieden.

Was bedeutet Ihnen da der Brief von Präsident Werner Wolf?

Stöger: Er war damals nicht beteiligt, hatte aber das Bedürfnis, da etwas gerade zu rücken. Das rechne ich ihm hoch an.

Haben Sie sich denn im Nachhinein etwas vorzuwerfen?

Stöger: Vielleicht hätte ich nach Platz fünf gehen sollen. Aber ich habe mich schon immer schwer getan, den richtigen Zeitpunkt für einen Abschied zu finden. Als wir dann in die Krise rutschten, habe ich immer wieder angeboten: Wenn ihr eine bessere Idee habt, dann stehe ich nicht im Weg. Es gab etliche Möglichkeiten, ich war als österreichischer Nationaltrainer mit im Gespräch, hab aber intensivere Verhandlungen abgesagt. Beim FC war niemand, der entscheiden konnte oder wollte. Eine solche Führungsschwäche hätte ich nicht für möglich gehalten.

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Man hat immer noch das Gefühl, am Geißbockheim sucht man nach dieser idealen Konstellation von damals.

Stöger: Ich bin nun schon sehr lange im Geschäft und weiß: So etwas findest du nur ganz selten. Damals griff lange Zeit ein Rädchen ins andere. Und wir hatten eine Mannschaft mit einem unglaublichen inneren Zusammenhalt. Das hatte ich selten zuvor erlebt und sicher nicht mehr seit dem Bosman-Urteil und der folgenden Spielerfluktuation. Es war eine besondere Konstellation auf allen Ebenen über einen sehr langen Zeitraum.

Wann schließen Sie mit dem Stadion Frieden und besuchen wieder mal ein Spiel in Köln?

Stöger: Bald, denke ich. Aber eher nicht gegen Wolfsburg. Spätestens, wenn der FC wieder im Europapokal spielt, bin ich im Stadion (lacht).