EXPRESS-BesuchSo schätzt Ralf Schumacher die Chancen seines Neffen Mick ein

von Oliver Reuter (reu)

Kerpen – Mit Mick Schumacher (16) fährt am Wochenende der dritte Schumi sein erstes Formel-Rennen am Nürburgring (Samstag, 11.55 Uhr, Sport1). Vater Michael (46) ist sehr stolz, kann sich aber aufgrund seines tragischen Unfalls nicht äußern.

EXPRESS besuchte Onkel Ralf Schumacher (40) in seiner neuen Firma „KSM Motorsport“ in Kerpen. Das Exklusiv-Interview.

Wie ist das Gefühl, dass nun mit Mick der nächste Schumacher am Nürburgring fährt?

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Schumacher: Ich freue mich darauf, ihn am Samstag erstmals live fahren zu sehen. Es ist schön für Mick, dass er nach seiner extrem erfolgreichen Kart-Zeit so einen guten Start in der Formel 4 hatte. Denn der Lernprozess und öffentliche Druck ist sehr groß. Aber damit kann er gut umgehen, er wird sicherlich seinen Weg machen.

Zuletzt hatte er eine Pechsträhne. Geben Sie als erfahrener Pilot dem Neffen Tipps?

Eher weniger. Mick ist seit Jahren in guten Händen, auch Jean Todt (FIA-Präsident, d. Red.) kümmert sich als Freund der Familie. Aber ich kann sagen: Rückschläge muss jeder wegstecken, musste ich auch. Auch die machen einen besser. Es ist ein Riesen-Fahrerfeld mit einigen übermotivierten Leuten. Da gibt es viele Kollisionen und Safety-Car-Phasen. Das wäre schön, wenn es etwas geordneter abliefe, aber das ist sicherlich auch dem Kartsport geschuldet. Die Entwicklungssprünge sind immens, das wird im zweiten Jahr mit mehr Erfahrung alles ruhiger.

Mit David Beckmann hat Mick einen Rivalen, der auch aus Ihrem Kartclub Kerpen kommt. Macht einen das stärker?

Zu jeder Zeit hat man jemanden, mit dem man sich rumschlägt. Das war bei mir so, das war bei Michael so und das ist bei Mick so. In seinem Fall ist es der Beckmann. Der hat im Kart auch einen guten Job gemacht und schlägt sich auch gut in seinem ersten Formel-Jahr.

Viele fragen sich: Wer kommt nach Sebastian Vettel? Derzeit gibt es nur Marvin Kirchhöfer in der GP3. Sind Mick und Beckmann die nächsten deutschen Formel-1-Hoffnungen?

An die Formel 1 zu denken, ist noch zu früh. Die Voraussetzungen und eine enorme Unterstützung haben sie, aber das muss man sich in jeder Klasse neu erkämpfen. Solange man immer in den Top-Drei unterwegs ist, kann man über den nächsten Schritt nachdenken.

Sie haben den endgültigen Schritt vom Fahrer zum Unternehmer vollzogen. Juckt es gar nicht mehr im Gasfuß?

Nein, dazu habe ich auch gar keine Zeit mehr. Ich bin schon zwei Jahre kein Kart mehr gefahren. Ich hatte eine schöne Zeit in der Formel 1 und interessante Jahre in der DTM. Ich bin nicht Comeback-gefährdet.

Sie leiten seit Jahren das MS-Kartcenter und übernahmen mit dem KSM-Neubau in Kerpen erneut Verantwortung...

Ich wusste schon früh, dass ich nach meiner Karriere weiter im Motorsport arbeiten wollte, und das hier ist unsere Heimat. Die Beteiligung am Team meines Bruders hat sich so ergeben, und nach dem Ausscheiden von Thomas Muchow halte ich 100 Prozent. Die Dimension ist allerdings etwas größer, als ich gedacht hatte. Wir haben nicht nur die Generalvertretung für Tony Karts, sondern auch viele Fahrer zwischen acht und 20 zu betreuen und sind für Rennen oder Tests in ganz Europa unterwegs. Und das sehr erfolgreich. Unser Fahrer Alexander Schmitz hat das letzte EM-Rennen in Genk gewonnen.

Was sind Ihre Ziele?

Wir wollen wachsen. Ich habe einen zweiten Team-Truck bauen lassen. Und ich plane, auch ein Formel-4- oder Formel-3-Team hier in Kerpen aufzubauen. Die Pläne für die zweite Ausbaustufe gibt es schon. Ich hatte mich für 2015 um das dritte Mercedes-DTM-Team beworben. Den Zuschlag hat dann ART bekommen, darum ist die DTM derzeit kein Thema.

Sie haben 2010 und 2011 schon mit dem Berliner Peter Mücke ein GP3-Team geleitet. Was hat nicht funktioniert?

Das GP3-Projekt war zu teuer und zur falschen Zeit. Die Formel 3 hat sich am Ende durchgesetzt, was aus deutscher Sicht ja auch sehr schön ist, weil wir alle daher kommen.

Das wäre es doch: Mick fährt für Ihr Team, und Sie formen ihn für die Formel 1...

(lacht) Ja, aber das hängt neben Micks Entwicklung vor allem davon ab, welchen Partner ich für die Formel 4 oder Formel 3 bekomme. Mit einem Werk zusammenzuarbeiten, wäre toll. Die Drähte zu Mercedes-Sportchef Toto Wolff sind ja nach meinem DTM-Abschied nicht gekappt, aber auch VW hat ein gutes Formel-3-Programm. Ich bin da vollkommen offen.

Auch privat? Wie ist das Single-Leben nach der Scheidung von Ihrer Ehefrau Cora?

Es ist alles gut und schön. Es ist sicher eine andere Situation, aber ich bin ganz zufrieden.

Habe Sie einen neuen Partner?

Nein.

Und wie funktioniert das Familienleben in Trennung?

Gut. Cora lebt in der Nähe von Düsseldorf, unser Sohn David und ich hier. Unsere Villa in Salzburg will ich verkaufen. David hat hier einen gewachsenen Freundeskreis und viel Spaß am Kartfahren.