Kommentar zum Winter GameVersagen im Kerngeschäft: Die Haie zwischen Schein und Sein

Winter Game Einmarsch

Die Haie-Spieler agierten leider 40 Minuten lang ganz und gar nicht wie römische Gladiatoren.

von Arno Schmitz (schmi)

  • Mitarbeiter schufteten monatelang fürs größte Spiel der Klub-Geschichte
  • Doch die Mannschaft ließ jede Leidenschaft vermissen
  • KEC so mal wieder kein Meister-Kandidat

Köln – Allergrrößten Respekt für die Kölner Haie! Was der KEC im Vorfeld und am Spieltag des Winter Game 2019 trotz widriger Wetterbedingungen organisatorisch leistete, verdient Beifall.

Seit Monaten schufteten die Mitarbeiter des Klubs, vielleicht zwei Handvoll, mehr oder weniger rund um die Uhr für das Freiluftspektakel gegen die DEG vor letztlich 47.011 Zuschauern im Rhein-Energie-Stadion.

Brings Winter Game

Peter Brings rockte mit Dennis aus Hürth.

Und lieferten den Anhängern mit einem sehenswerten Legendenspiel mit vielen alten Lieblingen und den üblichen Verdächtigen der kölschen Musikszene eine durchaus sehenswerte Show. Leider endete diese mit dem obligatorischen Bully durch Schirmherr Lukas Podolski.

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Hier den Spielbericht zum 2:3 der Haie gegen die DEG lesen

40-minütiges Versagen der Kölner Haie im Kerngeschäft

Als es ums Kerngeschäft des Tages ging, nämlich sportlich Werbung zu betreiben fürs deutsche und allem voran das Kölner Eishockey, lieferte das Team von Peter Draisaitl (53) eine 40-minütige Nicht-Leistung, die man leider nur als Frechheit bezeichnen kann.

Podolski Winter Game

Schirmherr Lukas Podolski auf dem Weg zum obligatorischen Bully – 46 Sekunden nach der regulären Spieleröffnung lagen die Haie bereits zurück.

Die angesichts der Bedeutung des Spiels, um die jeder seit Monaten wusste, nicht zu erklären ist. Die nicht mit den schwierigen Bedingungen im Nieselregen – die für beide Teams galten – zu entschuldigen ist. Und die auch leider durch das Aufbäumen im Schlussdrittel, das sogar noch mit dem glücklichen Punktgewinn belohnt wurde, nicht wegzudiskutieren ist.

Den Event-Besuchern unter den fast 50.000 Zuschauern wurde leider nicht wirklich ein Anreiz gegeben, demnächst mal häufiger in der Lanxess-Arena vorbeizuschauen, wo die Haie schon länger gegen sinkende Zahlen kämpfen – der Zuschauerschnitt lag vor dem Winter Game rund 3000 unter dem der Vorsaison.

KEC zwischen Schein und Sein

Der Samstag offenbarte einmal mehr die Kluft des KEC zwischen Schein und Sein. Seit 1998 spielen die Haie in Deutz in Deutschlands größtem Eis-Tempel, wurden immer mal wieder gerne als der FC Bayern des Eishockey bezeichnet – aber seitdem nur einmal Deutscher Meister. Dieser Titel liegt 17 Jahre zurück und wurde 2002 im fünften Finale auswärts, in Mannheim errungen.

Alle ganz großen Heimspiele aber wurden verloren. Das entscheidende Finale 2003 gegen Krefeld. Oder jenes 2014 gegen Ingolstadt. Das kann sogar passieren, da manch einer dem Auswärtsteam in solchen finalen Krimis einen kleinen psychologischen Vorteil bescheinigt.

Was aber nicht passieren darf, ist ein 40-minütiges Kringeldrehen wie jenes vom Samstag. Wenn man läuferisch und spielerisch nicht in die Partie findet, dann kann und darf man zumindest mal ein paar harte Checks fahren oder sogar eine kleine Schlägerei anzetteln, um Team und Zuschauer aufzuwecken, das soll es im Eishockey schon gegeben haben. Die erste Strafzeit des Spiels gab es aber erst im zweiten Drittel – wegen Haltens.

Auch Peter Draisaitl rätselt

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier jemand heute angekommen ist und wollte das Spiel nicht spielen“, rätselte Draisaitl : „Aber Fakt ist, wir haben 40 Minuten lang nicht annähernd das gespielt, was wir vorbereitet hatten.“

Leider nicht zum ersten Mal. Seit dem Einstieg des Hauptgesellschafters Frank Gotthardt 2010 zählen die Haie finanziell wieder zu den Schwergewichten der Liga, seit der Trennung von Uwe Krupp 2014 ist das aber leider sportlich nicht mehr zu sehen.

Auch in dieser Saison deutet aktuell nichts darauf hin, dass der KEC ein ernsthaftes Wörtchen um den Titel mitreden könnte, Verletztenmisere hin oder her.

Am Samstag wurde mal wieder eine große Chance zur Image-Pflege abgeschenkt. Das ist schade, nicht nur für die Mitarbeiter des Klubs, sondern fürs gesamte Eishockey.

Denn wenn das größte Spiel der Saison in einer Traditionssendung wie dem ZDF-Sportstudio gar nicht erst thematisiert wird, ist das ein Jahr nach dem olympischen Silber-Coup von Pyeongchang vielleicht eine ignorante Frechheit und schallende Ohrfeige vom Mainzer Lerchenberg – vielleicht aber auch einfach die bittere Realität bezüglich der öffentlichen Wahrnehmung der DEL.

Sportstudio Winter Game

In Zusammenarbeit mit „Sporttotal.tv" präsentieren wir Ihnen hier die Highlights aus der Regionalliga in „Rheingemacht – Fußball von nebenan“: