Pulverfass USAAuch NHL spielt nicht! Trump reagiert plump auf Streikwelle im Sport

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US-Präsident Donald Trump, hier am 21. Juli in Cleveland, reagiert mal wieder auf seine ganz eigene Art und Weise auf die Streikwelle in den großen Profi-Ligen der USA.

Kenosha/Orlando – Streikende Athleten, abgesagte Spiele: Der Sport in den USA kommt nach Schüssen eines weißen Polizisten auf den Schwarzen Jacob Blake zum Stillstand.

Sie hatten genug. Nach den sieben Schüssen eines weißen Polizisten auf einen Schwarzen, nach stundenlangen Diskussionen in ihrer Blase in Florida und aufgewühlt von einem Gefühl der Ohnmacht hatten sie genug, sie konnten und wollten nicht mehr: Die Milwaukee Bucks aus dem Bundesstaat Wisconsin, Meisterschaftsfavorit in der Basketball-Profiliga NBA, beheimatet rund 55 Kilometer nördlich der Stadt Kenosha, in der Jacob Blake am Sonntag niedergestreckt worden war, gingen aus Protest in den Streik. Und das war erst der Anfang.

US-Sport kommt zum Erliegen

Innerhalb weniger, dramatischer Stunden kam am Mittwoch der US-Sport zum Erliegen - kurz vor dem vierten Jahrestag des ersten Kniefalls von Quarterback Colin Kaepernick, der mit seinem Protest nicht zuletzt auf die Polizeigewalt gegen Schwarze aufmerksam machen wollte.

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Zuerst boykottierten die Bucks ihr Playoff-Spiel in der Blase in Disney World, und weil sich ihr Gegner Orlando Magic und vier weitere Klubs solidarisch zeigten, sagte die NBA auch die zwei übrigen Spiele an diesem Tag ab. Weitere Ligen folgten. „Eine solche starke Positionierung auf politischer Ebene und über mehrere Ligen hinweg gab es noch nicht“, sagte Stephan Wassong, Leiter des Instituts für Sportgeschichte an der Deutschen Sporthochschule Köln.

US-Sport: Nach Kritik beteiligt sich auch die NHL am Boykott

Am Donnerstag sind dann erneut zahlreiche Spiele abgesagt worden. Erstmals reagierte auf Druck der Spieler auch die Eishockey-Profiliga NHL auf den Streik in der Basketball-Profiliga NBA. Sie verschob die vier Playoff-Partien am Donnerstag und Freitag. Sie sollen am Samstag nachgeholt werden. In der Baseball-Profiliga MLB fielen am Donnerstag sieben von 15 angesetzten Spielen aus. In der Fußball-Liga MLS, die auf Druck der Spieler am Mittwoch fünf von sechs Spielen abgesagt hatte, waren am Donnerstag und Freitag keine Spiele angesetzt. Neun Mannschaften der Football-Liga NFL ließen am Donnerstag aus Protest ihre Trainingseinheiten ausfallen.

Betroffen von der Absage der NHL-Spiele waren auch die New York Islanders mit den deutschen Nationalspielern Thomas Greiss und Tom Kühnhackl. Sie hätten am Donnerstag gegen die Philadelphia Flyers spielen sollen. Die NHL unterstütze die „Entscheidung der Spieler, nicht anzutreten“, teilten die Liga und die Spielergewerkschaft mit. Die NHL war zunächst stark dafür kritisiert worden, dass sie am Mittwoch den Spielbetrieb zunächst fortgesetzt hatte.

Naomi Osaka: „Zuallererst bin ich eine schwarze Frau“

Ein kraftvolles Statement gab auch Naomi Osaka ab: Japans ehemalige Nummer eins der Tennis-Weltrangliste erklärte, sie verzichte auf ihre Teilnahme am Halbfinale bei den Western & Southern Open in New York. „Ich bin eine Tennisspielerin, aber zuallererst bin ich eine schwarze Frau“, teilte sie mit. Sie habe „es satt, die immergleiche Debatte zu führen. Wann ist es endlich genug?“ Die Veranstalter der Generalprobe für die US Open sagten daraufhin alle Spiele am Donnerstag ab und verschob sie um einen Tag. Nach „längeren Gesprächen mit der WTA und dem US-Tennisverband USTA“ stimmte Osaka schließlich zu „am Freitag zu spielen“.

Dass in der NBA Tatsachen geschaffen werden könnten, hatte sich bereits am Dienstag abgezeichnet. Nachdem viele Spieler angesichts der Unruhen nach der Ermordung des Schwarzen George Floyd durch weiße Polizisten ohnehin nur widerwillig in die Blase in Florida gezogen waren, diskutierten zuerst die Spieler von Titelverteidiger Toronto Raptors über einen Streik. „Wir reden über Veränderungen“, sagte Point Guard Fred VanVleet, „aber irgendwann müssen wir unsere Chips auf den Tisch legen und riskieren, dass wir etwas verlieren.“

Donald Trump: „Ich weiß nicht viel über die Proteste“

Wenig überraschend zeigte Donald Trump (74) für den Boykott kein Verständnis. Die NBA sei so etwa wie eine „politische Organisation“ geworden, sagte der US-Präsident, „und das ist keine gute Sache. Ich weiß nicht viel über die Proteste. Aber ich weiß, dass ihre TV-Quoten schlecht waren, weil die Leute der NBA überdrüssig sind.“

Am Dienstag boykottierten bereits die Detroit Lions aus der Football-Liga NFL ihr Training aus Protest gegen die Schüsse auf Blake. Auch die Spieler der Bucks wollten nicht mehr nur reden, sondern handeln und Druck aufbauen. In einer Mitteilung schrieben sie: „Wir rufen nach Gerechtigkeit für Jacob Blake und fordern, dass die Polizeibeamten zur Rechenschaft gezogen werden.“ Damit dies geschehe, sei es „unumgänglich“, dass die Gesetzgeber von Wisconsin nach „Monaten der Untätigkeit“ nun „endlich bedeutende Maßnahmen“ ergriffen.

NBA-Streik: Welle der Solidarität für Milwaukee Bucks

Die Bucks erlebten eine Welle der Solidarität, nicht nur aus der NBA. Die Frauen-Profiliga WNBA sagte ebenfalls alle Spiele am Mittwoch ab. Zuvor hatten Spielerinnen von sechs Mannschaften weiße T-Shirts mit sieben aufgedruckten Einschusslöchern am Rücken angezogen und still auf dem Spielfeld protestiert. Auch die Profiligen im Baseball (MLB) und Fußball (MLS) zogen mit und sagten alle noch am Mittwoch anstehenden Spiele ab. Die Eishockey-Liga NHL dagegen blamierte sich - sie spielte fast ungerührt weiter.

LA Lakers und LeBron James denken über Boykott der kompletten NBA-Saison nach 

Der Boykott der NBA-Spieler sei „unvermeidlich“ gewesen, analysierte der renommierte Autor William C. Rhoden auf dem Portal The Undefeated. Klar erscheint auch, was die Sportler bezwecken wollen. „Sie haben Einfluss, aber die Klubbesitzer haben politische Macht“, schrieb Rhoden. In der Tat sind die Profiklubs in Nordamerika ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, zumal in einer Stadt wie Milwaukee oder einem Bundesstaat wie Wisconsin. Streiken die Spieler, verlieren die Klubeigentümer, verliert die global aufgestellte Liga viel Geld.

Am Samstag soll es nun mit den Playoffs in der NBA weitergehen. Dies teilten die Liga und die Spielergewerkschaft NBPA am Freitag mit. „Wir hatten am Donnerstag ein offenes, leidenschaftliches und produktives Gespräch zwischen Spielern, Trainern und Klubbesitzern über die nächsten Schritte zur Vertiefung unserer gemeinsamen Bemühungen und Aktionen für soziale Gerechtigkeit und Rassengleichheit“, hieß es in einer Pressemitteilung: „Alle Parteien kamen überein, die Playoff-Spiele am Samstag, den 29. August, wieder aufzunehmen.“ (sid)