Weniger Fleisch auf dem TellerWir verzichten stärker, die Welt aber nicht

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Der weltweite Fleischkonsum steigt in den nächsten Jahren weiter, weil sich immer mehr Menschen Fleisch leisten können.

von Marie Schäfers (mjs)

Köln – Wie steht es um die „Fleischeslust“ der Deutschen? Im „Fleischatlas“ tragen der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Heinrich-Böll-Stiftung regelmäßig Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel zusammen.

Die Haupterkenntnisse der aktuellen Ausgabe: Deutschland isst weniger Fleisch, das hat aber kaum einen Effekt auf die Fleischproduktion insgesamt. denn der Fleischhunger der gesamten Welt wird größer und größer.

Weniger Fleischkonsum in Deutschland

In Deutschland isst jeder Verbraucher seit Jahren im Schnitt tatsächlich immer weniger Fleisch. Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums lag der geschätzte Pro-Kopf-Verzehr 2019 bei 59,5 Kilo pro Einwohner – und damit um 2,5 Prozent unter dem Wert des Vorjahres. „Im Jahr 2013 waren es noch etwa 66 Kilo pro Kopf“, sagt Barbara Unmüßig, Mitglied des Vorstands der Heinrich-Böll-Stiftung.

Weniger Fleisch ist besser für die Umwelt, fürs Tierwohl und auch für die Gesundheit. Tatsächlich boomen vegetarische Brotaufstriche, Tofu oder Soja-Bratlinge zurzeit. Fleisch-Alternativen werden in Deutschland immer beliebter. Doch an häufig miserablen Tierhaltungsbedingungen und Umweltproblemen ändert sich trotzdem nichts, sagen Kritiker. Der Trend weltweit ist ohnehin ein anderer. Eine echte Fleischwende sei nicht eingeleitet, kritisiert Barbara Unmüßig.

Fleischkonsum weltweit ist heftig angestiegen

Der weltweite Fleischkonsum hat sich laut „Fleischatlas 2021“ in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt. Gründe: wachsende Bevölkerungszahlen und steigende Einkommen vor allem in schnell wachsenden Schwellenländern.

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Fleischersatz-Produkte aus Soja oder Weizenproteinen boomen: 2019 wurden bei uns 26600 Tonnen davon verkauft. Jahresumsatz: 273 Mio Euro. Zum Vergleich: Mit Fleisch wurden 40,1 Mrd Euro umgesetzt.

„Bis 2028 wird der Fleischkonsum möglicherweise noch einmal um 13 Prozent wachsen“, so die Autoren der Studie. Er läge den Berechnungen zufolge dann bei 360 Millionen Tonnen – 40 Millionen mehr als im Jahr 2018. Die Auswirkungen lassen sich auch in Deutschland beobachten: Protestierende Bauern, und immer wieder heimlich gedrehte Videos, die die Arbeitsbedingungen in Schlachtbetrieben und unglaubliche Tierquälerei zeigen.

Ausbeutung in der Fleischindustrie

Für BUND-Vorstand Olaf Bandt sind das eindeutig Symptome einer verfehlten Agrarpolitik der Europäischen Union, die in den vergangenen Jahrzehnten einfach nur konsequent auf den Weltmarkt ausgerichtet worden sei. „Die Folge ist ein Wettlauf nach unten um die schlechtesten Sozial- und Umweltstandards“, sagt er.

Die Grüne-Bundestagsabgeordnete Renate Künast ergänzt: „Die Fleischindustrie funktioniert heute durch Ausbeutung von Mensch, Tier und Natur.“ Aber: Verbraucher können nur einen kleinen Teil dazu beitragen, dass sich das wirklich ändert. In der Pflicht ist da viel eher die Politik. „Wir müssen die Mindeststandards an Tierhaltung in Deutschland und Europa deutlich anheben“, fordert Bandt.

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Auch das zeigt der „Fleischatlas“: Enorm große Mengen Fleisch werden für die Tonne produziert. Das liegt z.B. auch daran, dass wir von Hühnern oft nur das Brustfleisch nutzen.

Zudem sieht er ein Vollzugsdefizit bereits bestehender Regelungen. Vielerorts verstoßen Tierhalter und Schlachter schon jetzt gegen geltendes Recht. Kontrolliert werde das aber einfach zu wenig. „Eine Umsetzung der bestehenden Gesetze würde schon helfen.“