Zahnärzte warnenMysteriöse Krankheit lässt Zähne einfach zerbröseln
Köln – Der Backenzahn von Eric (7, Name geändert) hatte schon ganz früh eine weiß-gelbliche Farbe, dann fing er an zu zerbröseln.
Der Milchzahn spaltete sich in der Mitte und zerfiel immer mehr. Irgendwann war er nicht mehr zu retten. Er fiel aus – obwohl Milchbackenzähne bei Kindern normalerweise bis zum zwölften Lebensjahr halten können.
Krankheit heißt Kreidezähne oder MIH
Viele Zahnärzte kennen dieses Phänomen – sie nennen es Kreidezähne und rätseln über die Ursache. Der richtige medizinische Begriff: Molare-Inzisive-Hypomineralisation (MIH).
Problem: Forschern ist bisher noch unklar, wie es zu der mysteriösen Erkrankung kommt.
Schmerzen beim Trinken, Essen und Zähneputzen
Bei MIH reagieren Backenzähne, aber auch Frontzähne, empfindlich auf Hitze, Kälte oder chemische Reize. Die Zähne haben dabei eine raue Oberfläche und sind zerfurcht – was Karies fördert.
Die Kinder hätten Schmerzen beim Trinken, Essen und Zähneputzen. Ursache seien Störungen in der Mineralisation des Zahnschmelzes, erläutert die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Wichtig sei ein rascher Zahnarztbesuch.
Lesen Sie hier: Bonusheft vom Zahnarzt hat Lücken – kriege ich trotzdem Geld von der Kasse?
Nach Angaben des Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde, Prof. Dr. Norbert Krämer, leiden im Schnitt etwa 10 bis 15 Prozent der Kinder an Kreidezähnen. Eine neue Studie habe sogar bei 30 Prozent der unter Zwölfjährigen Kreidezähne nachgewiesen.
Es handelt sich um eine neue Volkskrankheit
„Wir haben es mit einer neuen Volkskrankheit zu tun, über die bisher noch viel zu wenig bekannt ist“, erklärt Prof. Dr. Norbert Krämer. „Die Krankheit, Molare-Inzisive-Hypomineralisation (MIH) ist erstmals 1987 beschrieben worden.“
Erste Zahnschäden wurden den Ärzteverbänden zufolge schon bei Ungeborenen im achten Schwangerschaftsmonat registriert.
Weichmacher in Plastik unter Verdacht
Derzeit werden verschiedene Ursachen diskutiert. In Frage kämen Probleme während der Schwangerschaft, Infektionskrankheiten, Antibiotikagaben, Windpocken, Einflüsse durch Dioxine sowie Erkrankungen der oberen Luftwege.
In Tierversuchen sei ein Zusammenhang zwischen dem Weichmacher Bisphenol-A und Kreidezähnen nachgewiesen worden. Die präzise Ursache gelte als ungeklärt, schreiben die Verbände.
Vorbeugung bisher nicht möglich
„Weil die Veränderungen sich schon während der Zahnentwicklung ereignen und die genauen Ursachen noch nicht geklärt sind, ist eine wirksame Vorbeugung gegen MIH nicht möglich“, erläutert Stefan Zimmer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Präventivzahnmedizin, gegenüber der Fachzeitschrift „Zahnärztliche Mitteilungen“.
Heißt im Klartext: Treten Symptome auf, ist es meist schon zu spät.
Regelmäßig zum Zahnarzt gehen
„Unser Schwerpunkt liegt daher bei der Therapie“, erklärt Krämer. „Unsere Ziele sind: die Schmerzausschaltung, die Versiegelung des Defektes, die Rekonstruktion der Kaufläche sowie Stabilisierung der Zahnhartsubstanz.“
Regelmäßige Zahnarztbesuche, das Putzen mit fluoridhaltiger Zahnpasta daheim, Flouridlack-Behandlungen beim Arzt und der Aufbau abgebrochener Zähne können helfen, diese zu erhalten.
(mt/dpa)