Essen gegen KrebsKann unsere Ernährung wirklich das Tumorwachstum beeinflussen?

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Ein Wundermittel gegen Krebs gibt es noch nicht, doch eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist eine gute Grundlage.

von Sieglinde Neumann ()

Köln – In Deutschland erkranken jährlich knapp 500000 Menschen an Krebs, 220000 sterben daran. Es gibt kein Wundermittel dagegen, keinen hundertprozentigen Schutz.

Doch die Weltgesundheitsorganisation WHO geht heute davon aus, dass 30 Prozent der Krebsfälle in den westlichen Ländern auf ungünstige Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten zurückzuführen sind. Also eigentlich sehr gut vermeidbar.

Bewusstsein für Krebsprävention schärfen

Auch die Deutsche Krebshilfe mit Sitz in Bonn nimmt den Weltkrebstag am 4. Februar unter dem Motto „Wir können. Ich kann.“ zum Anlass, gerade auch das Bewusstsein für Prävention, also Krebsverhütung, zu schärfen.

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Dabei hängen vernünftiges Essen und Bewegung ganz eng zusammen. Das Risiko für Darm- und Brustkrebs sinkt um 20 bis 30 Prozent, wenn Menschen sich an fünf Tagen pro Woche mindestens 30 Minuten bewegen und dabei etwas ins Schwitzen kommen.

Übergewicht kann Krebs begünstigen

„Übergewicht, dass Menschen zu viel Masse an Bord haben, ist das Allerwichtigste und aus allen Richtungen bestätigte Ernährungsproblem, das Krebs begünstigt“, weiß Prof. Dr. Dr. Michael Leitzmann, Direktor des Instituts für Epidemiologie und Präventivmedizin an der Uni Regensburg und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Krebshilfe. „Es geht einher mit Stoffwechselveränderungen, die dem Krebs Vorschub leisten.“ 

Vor allem überschüssiges Bauchfett gibt Entzündungsbotenstoffe, Wachstumsfaktoren und Hormone ab, die Tumorwachstum begünstigen. Es würde – wie Bewegungsmangel – nachweislich mit 13 Krebsarten in Verbindung stehen.

Zusammenhang mit Lebensmitteln umstritten

Den Zusammenhang zwischen einzelnen Lebensmitteln und Krebs aufzuschlüsseln, ist weitaus umstrittener – und ungleich schwieriger.

Alle Experten warnen vor hoch dosierten Nahrungsergänzungsmitteln und einseitigen „Krebs-Diäten“. Aber es gibt Lebensmittel, bei denen Fachleute von einer schützenden oder risikosteigernden Wirkung ausgehen.

„Man weiß schon eine ganze Menge“, sagt Prof. Leitzmann. „Man muss aber unterscheiden zwischen dem, was am Menschen gezeigt wurde, und was an Zellkulturen oder Tierversuchen im Labor. Es ist immer eine gewisse Ermessensfrage, wie übertragbar solche Ergebnisse dann sind.“

Risikofördernde Lebensmittel

Klar negativ sei Fastfood (zu fett, salzig, süß und kalorienreich), rotes Fleisch (empfohlen werden maximal 300 Gramm pro Woche), verarbeitetes Fleisch (Wurst, Schinken, Speck und Gepökeltes).

Auch Alkohol zählt zur Ernährung und fördert Krebsentstehung nicht nur bei heftigen Trinkern.

Klar positiv sieht die Bilanz aus, wenn man überwiegend pflanzliche Lebensmittel – Vollkornprodukte, Gemüse, Obst, ballaststoffreiches Getreide, Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen – verzehrt. „Das weiß man nicht nur aus dem Labor!“, betont Leitzmann.

Superfoods gegen Krebs?

Vor allem dort wurden in den letzten Jahrzehnten eine Fülle an Vitaminen, Mineral-, Ballast- und sekundären Pflanzenstoffen gefunden, die im Reagenzglas und im Tierversuch krebshemmende Wirkung entfalten. 

Milchsaures Gemüse (Sauerkraut, Joghurt) drosselt das Tumorwachstum. Die Vitamine C und E fangen zellschädigende freie Radikale ab. Farbstoffe wie Lycopin machen Tomaten, Flavonoide grünen Tee, Senföl- und Schwefelabkömmlinge Kohl und Rettich zu Superfood gegen Krebs.

Die kanadischen Wissenschaftler Prof. Richard Béliveau, Direktor eines Labors für Molekularmedizin in Montreal, und Kollege Dr. Denis Gingras listeten in einer Neuauflage ihres Bestsellers „Krebszellen mögen keine Himbeeren“ (Goldmann, 15€) Nahrungsmittel auf, die Krebs mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit bekämpfen.

Keine Wundermittel

Auch sie betonen: „Keines ist für sich genommen ein Wundermittel.“ Aber es entsteht ein appetitlicher Mix, der als Nebeneffekt das Risiko der Entstehung bösartiger Tumore mindert.

„Es geht bei gesundem Essen nie um Konzentrate, sondern darum, im Alltag so viel wie möglich frisch in kleinen Mengen quer Beet zu essen“, betont Prof. Leitzmann. „Das passt zu unserer Steinzeit-DNA, die Urahnen waren stundenlang unterwegs, um Dinge zu sammeln, die sie essen können.“ 

Tumorwachstum hemmende Lebensmittel

Kräuter: Während zu viel Salz als wahrscheinlicher Auslöser verschiedener Krebsarten gilt – insbesondere von Magenkrebs –  sind Petersilie, Thymian, Oregano und Minze eher eine Würze gegen den Krebs. Die ätherischen Öle der robusten Küchenkräuter stören das Tumorwachstum. 

Nüsse und Samen: Auch Omega-3-Fettsäuren pflanzlicher Herkunft  wirken anti-kanzerogen. Besonders viel steckt – außer in den aktuell sehr gehypten Chia-Samen – in Walnüssen und  Leinsamen. Zwei  Esslöffel Leinsamen liefern 140 Prozent der empfohlenen Tagesdosis!  

Knoblauch-Familie:  Knoblauch, Zwiebeln und Lauch scheinen Krebsarten des Verdauungssystems entgegenzuwirken. Der umgewandelte Geruchsstoff Allicin  entschärft krebserzeugende Nitrosamine, die bei Hitzeeinwirkung oder saurem Magensaft entstehen. 

Soja und Tofu: Soja – als Öl oder Quark (Tofu) – liefert hormonähnliche Isoflavone.  Diese Phytoöstrogene  hemmen hormonabhängige Tumore, allen voran Brust- und Prostatakrebs. Aber: Nötig ist ein regelmäßiger Mindestkonsum natürlichen Sojas. Konzentrate  heizen das Tumorwachstum eventuell sogar an. 

Pilze: Pilze spielen in der traditionellen asiatischen Medizin seit Jahrtausenden eine zentrale Rolle. In Labor-Analysen  ließen sich „Stör-Moleküle“ identifizieren, die das Immunsystem stimulieren und Tumore hemmen. Die sind in Champignons  ebenso wie in Shitake- oder Austernpilzen. 

Getreide: Vollkornbrot, Vollkorn-Nudeln, Roggenbrot, Hafer, Gerste, Buchweizen, Hirse: Pflanzliche Ballaststoffe sättigen schnell, unterstützen die Aktivität guter Darmbakterien, senken nachweislich das Risiko für Darmkrebs. Insbesondere, wenn sie aus Getreide stammen.

Familie Rosaceae: Gesundes Obst mit Kernen: Pfirsich, Pflaume, Aprikose, Kirsche, Mandel, Apfel und Birne gehören botanisch zur  Gattungsfamilie „Rosaceae“, die sich u.a. durch große Mengen an Hydroxyzimtsäuren auszeichnet,  die  wahrscheinlich krebshemmend wirken.    

Tomaten und Tomatenmark: Tomaten enthalten den krebshemmenden roten Farbstoff Lycopin. Kochen zerstört ihn nicht, sondern erhöht dessen Konzentration sogar. Besonders viel findet sich in Tomatenmark und passierten Tomaten. Etwas Fett (optimal: Schuss Olivenöl) fördert die Aufnahme in den Körper.   

Grüner Tee: Grüner Tee enthält reichlich Catechine – krebshemmende Moleküle, pilztötende, antibakterielle natürliche Abwehrstoffe der Pflanze.  Je länger er zieht, desto mehr (optimal sind 8 bis 10 Minuten) kommen,   aus Japan mehr als aus China. Darjeeling ist der einzige schwarze Tee mit nennenswertem Anteil.

Curry und Pfeffer: Durch die Curry-Zutat Kurkuma  wurde   im Tierversuch das Auftreten von Tumoren verhindert. Pfeffer steigert die Aufnahme ums Tausendfache. Ebenso Ingwer.  Die geringere Häufigkeit bestimmter Krebsarten in Indien wird nicht zuletzt auf  den Curry-Mix zurückgeführt – eine Grundzutat indischer Küche. 

Kohl-Gemüse: DAS heimische Superfood: Alle bisherigen Untersuchungen deuten darauf hin, dass diese Gemüse aus der Familie der Kreuzblütler primär verantwortlich für die krebshemmende Wirkung einer obst- und gemüsereichen Ernährung ist. Besonders wertvoll: Blattkohl wie Rosenkohl, Grünkohl, Brokkoli – kurz  gekocht, gut gekaut. Das für den bei zu langem  Kochen typischen Geruch verantwortliche Schwefelatom setzt Krebszellen zu, wirkt antibiotisch, antibakteriell, treibt den Magenkeim Helicobacter pylori aus. 

Omega-3-Fettsäuren: Etliche Studien untersuchten den Zusammenhang zwischen regelmäßigem Verzehr von  Fisch, der besonders viele Omega-3-Fettsäuren enthält (Lachs, Sardine, Hering, Makrele), und Gesundheit, und stießen  auf bessere Überlebensraten bei metastasierendem Krebs. 

Hülsenfrüchte: Hülsenfrüchte sind Alleskönner,  ihr Pflanzen-Eiweiß kann  Fleisch ersetzen. Die vielen Ballaststoffe in Linsen, Bohnen und Erbsen wandeln Darmbakterien in kurzkettige Fettsäuren mit stark entzündungshemmendem Effekt auf das Immunsystem um, dadurch wirken sie krebshemmend.  

Algen: Algen reduzieren entzündliche Prozesse. Dass Japanerinnen die niedrigsten Brustkrebsraten weltweit haben (vermutlich infolge längerer Menstruationszyklen und niedrigerer Östrogenspiegel im Blut), ist – außer mit Soja – scheinbar auch mit häufig konsumierten Algen verknüpft. 

Gute Fette: Kaltgepresstes Olivenöl (bei Herstellung unter 27 Grad erhitzt) ist Rückgrat herzgesunder Mittelmeerkost. Sein entzündungshemmendes Oleocanthol zwingt Krebszellen, sich selbst „zu verdauen“, ein anderes Phenol blockiert einen Rezeptor für die Blutzufuhr, zeigte sich im Labor. Auch Avocados liefern „gutes“ Fett. 

Zitrusfrüchte: Ob als frischer Saft oder Spritzer im Salat: Die sekundären Pflanzenstoffe in Orange, Mandarine und Co. (Polyphenole, Terpene) zeigten in Laborexperimenten, dass sie das Tumorwachstum blockieren können und das krebshemmende Potenzial anderer Pflanzenstoffe verstärken.