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„Po-Doc“ erklärt tabulosWas Sie schon immer über Ihren Stuhlgang wissen wollten

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Der Magen-Darm-Trakt und die Psyche hängen stark zusammen – Sorgen, Kummer oder Stress können auch zu körperlichen Symptomen führen. 

Zürich/Köln – Der Gastroenterologe Dr. Martin Wilhelmi beschäftigt sich beruflich mit einer Körperregion, die vielen Menschen peinlich ist. Mit seinem Buch „Der Po-Doc“ möchte er das Gesäß enttabuisieren und beantwortet darin Fragen zur Funktion des Anus und wofür wir ihn überhaupt brauchen, was am Ende des Darms in unserem Po lebt und was heraus kommt. Ein Gespräch mit dem Mediziner über Körperbereiche, über die sonst eher nicht gesprochen wird.

Der Darm scheint en vogue zu sein – Bücher über das Organ haben es auf Bestenlisten geschafft. Warum ist der Po trotzdem noch ein Tabu?

Martin Wilhelmi: Das ist genau die Frage. Der Po ist ein Teil des Körpers wie unsere Nase oder unser Mund, ob wir das wollen oder nicht. Homophobie, also die Angst vor Gleichgeschlechtlichkeit, spielt hier eine große Rolle – ich plädiere deshalb für einen geschlechtsneutralen Po. 

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Auch die Angst oder Abscheu vor Fäkalien tabuisieren diesen Bereich nach wie vor, trotz aller Bilder im Internet und in den Medien. Das ist menschengemacht und eigentlich nicht natürlich. Der Blick in das Tierreich zeigt: der Po und der Anus ist eine wichtige Zone für Kommunikation und Funktionalität. Für Hunde zum Beispiel ist der Anus ein Universum aus Gerüchen, Fische können mit dem Anus kommunizieren.

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Sie möchten den Po aus der Tabuzone holen. Und warum ist Ihnen das wichtig?

Wilhelmi: Ich denke, dass es Zeit dafür ist. Ein Tabu zu brechen, kann Erkenntnisse bringen und die Sicht auf die Dinge ändern. Ein entspannteres Verhältnis zu unserem Po, den Ausscheidungen, den Gerüchen, den Klängen, die damit verbunden sind, könnte uns alle toleranter und zufriedener machen. 

Sie beschreiben, dass Patienten Ihnen Handy-Fotos ihres Stuhls zeigen. Das spricht doch gegen das Gesäß als Tabu.

Wilhelmi: Nein, hierbei geht es um die Angst vor Krankheiten und um Kontrolle. Zur Selbstoptimierung gehört auch eine gute Stuhlregulation und Stuhlbeobachtung. Und wenn dann ein paar Maiskörner mitkommen, ist bei einigen Menschen die Panik groß. Tritt sogar Blut im Stuhl auf, sind Besuche beim Magen-Darm-Arzt oder auf der Notfallstation vorprogrammiert. Meistens sind die Gründe aber harmlos.

Also wäre es gut, wenn wir uns alle mehr mit unserm Darm, dem Anus und unserem Stuhl beschäftigen?

Wilhelmi: Ich würde es mir wünschen. Dass Darmgesundheit stärker damit zusammenhängt wie wir uns ernähren, als wir bisher angenommen haben, ist derzeit ein populäres Thema. Man ist, was man isst.

Doch der Darm liegt innen, unsichtbar für uns. Der einzige zugängliche Teil ist sein Ende, der Anus. Auch seinen Anus zu kennen, kann hilfreich sein um Probleme frühzeitig zu erkennen 

Ein offenerer Umgang mit diesem Thema kann auch verhindern, dass die Menschen sich heimlich ungeeignete Gegenstände in den Po einführen, die der Magen-Darm-Arzt meistens in der Nacht dann wieder mühsam entfernen muss.

Und wie sieht es mit Warnsignalen aus, wenn es um die Magen-Darm-Gesundheit geht?

Wilhelmi: Die Form des Stuhls ist meist durch den Druck des Schließmuskels bestimmt. Er knetet und formt den Stuhl je nach Lust und Laune seines Besitzers. Daher sind auch die sogenannten „Bleistiftstühle“, die in den medizinischen Lehrbüchern als Hinweis für einen verengenden Tumor gesehen werden, meist nur durch einen höheren Druck des launischen Schließmuskels entstanden. Je nachdem wie schnell wir verdauen und was wir essen, kann die Stuhlfarbe den ganzen Regenbogen annehmen.

Schwarzer Stuhl, blutiger Stuhl oder vollständig entfärbter (acholischer) Stuhl über mehrere Tage sind jedoch Warnsignale die man ernst nehmen sollte. Weitere Alarmsignale sind unter anderem eine Gewichtsabnahme, Blut im Stuhl, Blutarmut, Beschwerden die nach dem 50. Lebensjahr auftreten oder auch nächtliche Beschwerden. Auch wenn Darmkrebs in der Familie ist oder war, ist dies ein Warnsignal. Im Zweifelsfall und immer wenn es länger blutet, juckt, weh tut oder brennt, klären Sie die Beschwerden mit einem Arzt ab.

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Können Probleme mit dem Magen-Darm-Trakt auch durch die Psyche verursacht werden?

Wilhelmi: Störungen in unserer Darm-Hirn-Achse können wirklich zu schwerwiegenden Problemen führen. Millionen Menschen leiden an „Reizdarmbeschwerden“. Man nimmt an, dass ein Hauptgrund für diese Erkrankungen Störungen in dieser Achse sind. Wirklich gut verstanden ist dies aber noch nicht. Die Psyche kann den Po ärgern, der Po aber auch unsere Psyche. Besser ist es, wenn sie sich vertragen. Dann sind wir ausgeglichen.

Also sollten wir uns häufiger an die Redewendung „Entscheidungen aus dem Bauch heraus treffen“ halten?

Wilhelmi: Definitiv ja! Unser Nervensystem in unserem Magen-Darm-Bereich ist etwa genauso groß wie dasjenige in unserem Kopf. Bloß läuft hier alles im Unbewussten ab. Dieses „Bauchhirn“ entscheidet mit – ob wir Hunger haben, schlecht oder gut gelaunt sind oder auch eine schwere Entscheidung zu treffen haben. Die Verbindung zwischen oben und unten nennt sich Darm-Hirn-Achse und ist in beide Richtungen befahrbar. Das heißt nicht nur das Hirn funkt an den Darm, sondern auch umgekehrt.

Auch unsere Ernährung und die vielen Bakterien im Darm – unser Mikrobiom – beeinflussen unser Nervensystem. Hören Sie also genau hin, wenn Ihnen ihr Bauch und die vielen kleinen Bakterien die richtige Entscheidung ins Ohr flüstern.

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Kann es also passieren, dass ich eine schlechte Entscheidung treffe, wenn ich eine schlechte Zusammensetzung an Bakterien im Darm habe?

Wilhelmi: Ja, das ist theoretisch denkbar. Es könnten auch Entscheidungen durch die Zusammensetzung unseres Mikrobioms mitbestimmt werden und dieses Mikrobiom lässt sich vor allem durch unsere Ernährung beeinflussen. Gerade zeigte eine Studie dass der Konsum von einem Naturjoghurt pro Tag das Auftreten von Darmkrebs verhindern kann. Auch andere fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut oder Kimchi sind voll mit Probiotika und haben positive Wirkungen. Es könnte also schlau sein vor einer schwierigen Entscheidung eine große Portion Sauerkraut zu essen.

Zum Weiterlesen: Dr. Martin Wilhelmi „Der Po-Doc. Eine spannende Expedition zum Ende des Darms“, Trias-Verlag, ISBN: 978-3-432-11026-4, 17,99 Euro.