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„Macht nicht so viel Druck“Was Schullleiter zu Eltern sagt, rüttelt viele auf

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Kinder stehen heute oft unter enormem Leistungsdruck. Wie können Eltern da helfen?

Köln – Im Frühsommer gibt es allerorts wieder rauchende Köpfe, panische Lern-Marathons und schweißnasse Hände: Es ist die Zeit der letzten wichtigen Klausuren, Prüfungen und Noten an den Schulen. Und diese Phase, so wissen alle Eltern mit schulpflichtigen Kindern, hat oft ganz schön Auswirkung auf das Familienleben.

Zu Prüfungszeiten herrschen Druck, Stress, Sorge und Anspannung – nicht nur bei den Kindern.

Schulleiter fordert weniger Notendruck

Wie sehr das Thema Eltern beschäftigt, zeigt auch ein Facebook-Post, der gerade durchs Netz gegangen ist und vielfach kommentiert und geteilt wurde. In dem anonymen Schreiben richtet sich ein Schulleiter anlässlich der anstehenden Prüfungen an die Eltern. Woher der Brief genau stammt, ist nicht bekannt, er war bereits 2016 einmal aufgetaucht – das spielt aber auch nicht wirklich eine Rolle. Es geht um die Botschaft des Schreibens, die viele zu bewegen scheinen.

Alles zum Thema Facebook

„Ich weiß, dass Sie alle hoffen, dass Ihr Kind bei den Prüfungen gut abschneiden wird“, beginnt der Schulleiter den Brief. Die Eltern sollten dabei aber unbedingt daran denken, dass unter den Schülern auch „ein Künstler sein wird, der Mathe nicht verstehen muss“ oder „ein Unternehmer, dem die Geschichte der englischen Literatur egal ist“.

Eltern sollten dem Kind lieber mehr Mut machen

Gute Noten seien zwar super, aber auch nicht alles. Deshalb bittet er die Eltern, das Kind im Falle einer schlechte Note nicht zu tadeln: „Rauben Sie ihm bitte nicht sein Selbstbewusstsein und seine Würde.“ Stattdessen sollten Mütter und Väter ihrem Kind Mut machen, gerade, wenn etwas nicht so laufe: „Sagen Sie Ihrem Kind, dass das okay ist. Es ist nur eine Prüfung. Sagen Sie Ihm, dass Sie es lieben und es nicht verurteilen werden, egal, welche Noten es bekommt.“

Eine Prüfung oder eine schlechte Note werde das Kind ja nicht seines Talents berauben. „Ihr Kind ist für viel größere Dinge bestimmt. Sie werden sehen, wie Ihr Kind die Welt erobern wird.“ Dann schließt der Brief mit einem leicht ironischen Nachsatz: „Und bitte glauben Sie nicht, dass Ärzte oder Ingenieure die einzigen glücklichen Menschen auf der Welt sind.“

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Viele Kinder haben Angst vor schlechten Noten

Auch wenn der Brief auf den ersten Blick etwas kitschig daher kommt, stecken doch einige Grundaussagen drin, die man durchaus noch einmal in den Blick nehmen kann. Es ist zum Beispiel Fakt, dass nicht wenige Kinder unter Schulstress leiden und Versagensängste haben. In einer OECD-Studie von 2015 gaben 35 Prozent der deutschen Schüler an, nervös zu werden, wenn sie eine Schulaufgabe nicht lösen können. 42 Prozent erklärten, Angst vor Prüfungen zu haben, selbst wenn sie vorbereitet sind. Und sogar 53 Prozent machten sich Sorgen, eine schlechte Note zu bekommen.

Dass aber gerade Noten wichtiger denn je sind, bekämen Kinder heute von der Gesellschaft stark vermittelt, sagt der Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Dr. Michael Schulte-Markwort in seinem Buch „Burnout-Kids“ (Pattloch Verlag, 2015). Das unbarmherzige Leistungsprinzip unserer Gesellschaft führe zu einem Druck, der manche Kinder sogar in die Erschöpfung treibe. Betroffene Kinder sagten ganz offen: „Ich habe Angst, dass ich meine Schule nicht schaffe, dass mein Abitur-Schnitt zu schlecht wird“.

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Immer mehr Kinder machen Abitur

Nicht immer, aber oft sind es die Eltern, die diesen Druck noch verstärken. Sie wollen, dass ihr Kind gut abschneidet – auch damit es später bessere Chancen im Leben hat. Dass diese Denkweise im Raum steht, zeigt sich daran, dass immer mehr Kinder Abitur machen. Laut Nationalem Bildungsbericht 2018 stieg der Anteil der Schüler mit Hochschulreife zwischen 2006 und 2016 von 30 auf 41 Prozent. Auch die Zahl der Studienanfänger ist kontinuierlich gestiegen. Im Umkehrschluss fehlt der Nachwuchs in den Handwerksberufen.

Das liegt zum Teil auch daran, dass das Image von Handwerksberufen oft hinter dem von Akademikerberufen zurücksteht. In exemplarischer Form zeigte sich das gerade bei einem Vorfall in einer Edeka-Filiale in Bayern, wo eine Kundin eine Verkäuferin beleidigte, indem sie auf sie zeigte und ihrem Kind sagte: „Wenn Du weiterhin nichts für die Schule lernst, dann stehst du auch mal dort hinten!" Daraufhin reagierte der Konzern auf Facebook und stellte klar, dass viele gut ausgebildete Mitarbeiter bei ihnen arbeiteten und „dass ein Meistertitel so viel Wert ist wie ein Studium und eine duale Ausbildung weltweit mehr zählt als ein Abitur.“

Viele von Schulleiter-Brief begeistert

Der Brief des Schulleiters setzt genau an diesem Punkt an und betont, dass eben nicht nur die bekannten Akademiker-Berufe ein erfolgreiches oder glückliches Leben versprechen. Dass jedes Kind andere Talente hat und es viele Wege in die Zukunft gibt, auch ohne Einser-Schnitt. Eltern sollten ihre Kinder deshalb nicht unnötig unter Druck setzen, sondern sie positiv unterstützen und ihnen helfen, die Prüfungszeit gut zu überstehen.

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Die begeisterten Reaktionen auf den Brief im Netz zeigen, dass viele diese Botschaften unterstützen. „Unsere Gesellschaft schöpft gerade aus dieser Vielfalt der unterschiedlichen Begabungen ihre Kraft!“, schreibt eine Userin. „Ohne Noten, ohne Druck lernen Kinder sicher und mit Freude. Es gibt andere Möglichkeiten, Talente zu fördern und finden”, kommentiert eine andere.

Es gibt aber auch Kommentatoren, die den Brief kritisch sehen und anmerken, dass „Disziplin und Ehrgeiz dazugehörten“, damit aus dem Kind etwas werde. Andere betonen, dass es eben auch das Schulsystem sei, das diesen Notendruck aufbaue und auch in der späteren Berufswelt gute Noten gefordert seien. (iwo)