Geburtstags-InterviewUdo Lindenberg: „Ich rauche im Auftrag von Helmut Schmidt“

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Die Zigarre ist seit Jahren  sein Markenzeichen – genau wie Hut und dunkle Brille: Heute feiert Udo Lindenberg seinen 70. Geburtstag.

70 Jahre Udo Lindenberg – eine Legende feiert Geburtstag! Genau der richtige Moment für ein großes Interview mit dem derzeit angesagtesten und kultigsten Sänger der Nation. Udo spricht über das Alter, seinen Effekt auf Frauen, Angela Merkel – und den Tod.

Herr Lindenberg, scheinbar findet Sie gerade jeder toll. Ist das nicht  langweilig?

Das stimmt ja so nicht. Kontra gibt es natürlich auch. Von den rechtsradikalen Idioten zum Beispiel. Die schreiben Briefe und fragen: „Udo, was soll das blöde Gelaber von deiner bunten Republik Deutschland?“ Das sind Leute, die würden am liebsten überall neue Mauern hinbauen. Dabei sollen sie froh sein, dass das Ding bei uns endlich weg ist! Und dann gibt es natürlich auch Neider.

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Was sind das für Leute?

Neulich kommt so ein Typ an und sagt: „Ich finde dich so scheiße. Meine Frau hat ein Poster von dir an der Wand hängen. Und immer wenn mal was läuft zwischen uns, guckt sie immer auf das Poster.“

Was ist das für eine Vorstellung, wenn fremde Frauen beim Beischlaf an Sie denken?

Was kann ich dafür, dass ich so lecker aussehe? Ich bin nun mal ein lecker Kerlchen. Selbst bei Männern, die gerade mal 50 sind und damit jünger als ich, ist die Frau  fixiert auf den Sänger. Aber ich sage dann zu dem Typen: „Häng dir doch auch ein Poster hin!“ Das hilft vielleicht ein bisschen.

Macht Ihnen die Zahl 70 eigentlich Angst?

Nein, meinen runden Geburtstag finde ich lustig. Die Alternative wäre, nicht 70 zu werden. Aber aus dem Alter von Rock’n’Roll-Exzessen bin ich raus. Ich bin ein medizinisches und biologisches Wunder! Die Fachleute rätseln, und der Laie wundert sich.

Wollen Sie 100 werden?

Ja, klar. Ich werde 100!

Auf Ihrer neuen Platte ist der Song „Wenn die Nachtigall verstummt“. Wie oft beschäftigen Sie sich mit dem Tod?

Immer schon. Jeden Tag. Ich wusste bereits mit 15, dass es jeden von uns plötzlich wegreißen kann. Deshalb lasst uns diese Nacht feiern, als ob es die letzte wäre. Davon singe ich auch in dem Song. „Und die Tagesschau, ganz eilig, spricht ihn sofort heilig“, heißt es darin weiter. Es ist ein launiger Nachruf. Den kann man rausholen, wenn ich in 30 Jahren meinen Abgang mache. Angie weint dann auch, sie ist heimlicher Udo-Fan. Das wurde mir jedenfalls aus unbestätigter Quelle zugetragen.

Haben Sie vorgesorgt mit einem Testament?

Ach, die Knete sollen Organisationen wie UNICEF haben... und natürlich Familie, Freunde...

Was bleibt von Ihnen?

Meine Lieder erzählen davon, nicht fremdbestimmt zu leben, sein eigener Chef zu sein. Deshalb nennen die Leute mich nicht Idol, sondern ihr Udol!

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Wie wichtig ist Liebe für Sie?

Es gibt viele unterschiedliche Arten und Dimensionen von Liebe. Die Verliebtheit und die Schmetterlinge machen manchmal auch ein bisschen doof. Bonnie und Clyde, zwei Komplizen, das ist mehr mein Ding. Eine Frau, die besonders nah an meinem Herzen wohnt, das weiß ja jeder, heißt Tine (Acke, Anm. d. Red.). Sie ist eine wunderbare Komplizin. Aber auch mit Freunden ist es eine Liebe. Ich liebe meine Panik-Familie.  Zusammen mit dem Publikum ergibt das diese riesige, hunderttausendfache Familie. Da ist so viel Herzlichkeit. Ihre Liebe ist wie Stagediving, sie tragen mich drei Stunden durch die Show.

Am Freitag startet Ihre Stadiontour in Gelsenkirchen. Was ist der schönste Moment auf der Bühne?

Jede Sekunde ist Adrenalin. Aber wenn ich in die Astronautenkapsel steige und 16 Meter hoch in der Luft hänge, ist das ein einsamer Moment, der auch sehr magisch und spirituell ist. Ich gucke dann nach oben durch die Wolken zu meinen Eltern Hermine und Gustav.  Die schieben die Wolken persönlich zur Seite...

Im Buch „Panikherz“ Ihres Kumpels Benjamin Stuckrad-Barre gibt’s die schöne Anekdote, in der Sie bei der Einreise in die USA Zigarre paffend einen Grenzposten vollquatschen.

Ich fand das lustig. Ich komme raus aus dem Flieger und mache mir kurz eine Zigarre an, weil ich Amiland auch immer so aufregend finde. Vom Zigarren-Verbot hatte ich zwar schon mal gehört, aber ich nehme auch nicht immer alles ernst. Helmut Schmidt hat vor 30 Jahren schon zu mir gesagt: „Es wird der Tag kommen, da wirst du weiterrauchen müssen. Da werde ich nicht mehr weiterrauchen können. Einer muss den Job ja machen.“ Deshalb bin ich Auftragsraucher. Ich rauche im Auftrag von Helmut Schmidt! In Gedanken und auch in Gedenken an ihn. Ich hatte eine sehr freundschaftliche Situation mit ihm. Ich vermisse ihn und seine Frau Loki.

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