Die 90er - da denkt man sofort an Trash-Pop, schrille Farben und komische Klamotten. Doch die 90er waren auch das Zeitalter der Talkshows im deutschen TV: Ob „Jörg Pilawa“  mit Jörg Pilawa, „Sonja“ mit Sonja Zietlow oder „Vera am Mittag“ mit Vera Int-Veen - im Privatfernsehen wurde am Nachmittag getratscht, diskutiert und gepöbelt, was das Zeug hält. 

Hier wurde wirklich über alles geredet, was Menschen beschäftigt: Von kuriosen Themen wie falschen Brüsten und faulen Hausfrauen bis hin zu ernsthaften Problemen wie Alkoholsucht und Einsamkeit - und nicht selten gab es Krawall.

Dabei immer im Rampenlicht: Die Moderatoren und Moderatorinnen als sympathische Stars der Talkshows. Wie ging es für sie beruflich weiter, als Anfang der 2000er nach und nach sämtliche Talkshows von den Sendern eingestellt wurden?

Lesen Sie hier, wer es zum Star im deutschen Fernsehen gebracht hat – und wessen TV-Karriere bereits vorbei ist. 

Jörg Pilawa 

Der allseits beliebte TV-Tausendsassa Jörg Pilawa (56) startete seine Fernsehkarriere bei ProSieben. Hier moderiert er ab 1995 die Polit-Talkshow „2 gegen 2“, bei der zwei Moderatoren und zwei Experten zu aktuellen Themen aus Politik, Wirtschaft und Kultur diskutierten.

Nach Jörg Pilawas Wechsel zu Sat.1 bekommt er mit dem Daily-Talk-Format „Jörg Pilawa“ seine eigene Sendung. Von 1998 bis 2000 spricht er hier mit seinen Gästen über Themen wie Kindesmissbrauch, Blitzehen und Untreue - für genug Zündstoff war also immer gesorgt.

Im Anschluss hat Jörg Pilawa eine turbulente Karriere, die ihn zu einem der bekanntesten deutschen TV-Moderatoren macht. Nach seinem Wechsel zur ARD im Jahr 2001 moderiert er dort unter anderem „Die NRD Talk Show“ und „Das Quiz mit Jörg Pilawa“. 

2010 wechselt Pilawa dann erneut den Sender - diesmal geht es zum ZDF: Hier ist er unter anderem für die Quizshow „Rette die Million“ zuständig, bevor er nach einem Bieterwettstreit 2014 zur ARD zurückkehrt und zum Beispiel das auf einer App basierende "Quizduell" moderiert. 

Senderwechsel scheinen ein ständiger Begleiter seiner Karriere zu bleiben: Im Frühjahr 2022 geht es für Jörg Pilawa zurück zu Sat.1.

Andreas Türck

Genau den gegenteiligen Verlauf nahm die Karriere von Andreas Türck (53) - dabei hatte alles so vielversprechend begonnen: Ab 1994 moderiert der Sohn des Eishockey-Spielers Jürgen Türck die Sendung „Hessenrekord“ bei RTL Hessen Live. 

1995 dann der Wechsel zum ZDF, wo er täglich eine Ausgabe der Rate-Show „Dalli Dalli“ präsentiert. Mit seinem anschließenden Wechsel zu ProSieben gelingt ihm der totale Durchbruch.

Von 1998 bis 2002 moderiert er die Talkshow „Andreas Türck“.  ProSieben inszenierte den leidenschaftlichen Handballer als Sexsymbol, produziert sogar Kalender mit ihm. 2004 übernimmt er die von McDonalds gesponserten „McChartShow“. 

Ebenfalls 2004 kommt es dann zu einem tragischen Vorfall: Nachdem Vergewaltigungsvorwürfe gegen Andreas Türck erhoben werden, beurlaubt ihn der Sender. Die Behauptungen des angeblichen Opfers stellen sich jedoch später als falsch heraus!

Erst 2012 kehrt Andreas Türck als Moderator des Wissenschaftsmagazins „Abenteuer Leben“ bei Kabeln Eins auf die Bildschirme zurück - ein Comeback nach acht Jahren!

Heute arbeitet er als Fotograf und Musiker, wie er seinen Fans regelmäßig bei Instagram zeigt. Zudem gründete er diverse Unternehmen wie das Start-Up „BuzzBird“  - die Firma beschäftigt sich mit Influencer-Marketing. 2019 gehörte er außerdem zu den Gründungsmitgliedern der gemeinnützigen Umweltorganisation „Orange Ocean“.

Vera Int-Veen

Die große TV-Karriere hat Vera Int-Veen (54) bereits als Studentin im Blick: Als freie Mitarbeiterin arbeitet sie bereits damals unter anderem für Rudi Carrell und Thomas Gottschalk. Anschließend moderiert sie verschiedene Kinder- und Familiensendungen für die ARD.

Als goldrichtig erwies sich ihr Wechsel zu Sat.1: Von 1996 bis 2006 steht sie als Moderatorin bei insgesamt 2.064 Folgen der Daily-Talkshow „Vera am Mittag“ vor der Kamera. 

Anschließend wechselte sie zu RTL. Nach einem kurzen Zwischenspiel bei RTL2 moderiert sie ab 2007 unter anderem die Kuppelshow „Schwiegertochter gesucht“ und die Doku-Soap „Helfer mit Herz“ bei RTL.

Auch sonst ist Vera Int-Veen ein echtes Arbeitstier: Als Autorin hat sie bereits drei Bücher veröffentlicht. Zudem gründet Vera Int-Veen 2000 die Produktionfirma „Time 2 Talk“, die unter anderem „Helfer mit Herz“ entwickelt - 2009 muss das Unternehmen jedoch schließen.

Immer wieder muss sich Vera Int-Veen für ihre Arbeit mit harter Kritik herumschlagen: Bei der von ihr zwischen 2011 und 2012 moderierten Doku-Soap „Mietprellern auf der Spur“ wurde dem Zuschauer durch bewusstes Weglassen und Bearbeiten von Szenen ein falsches Bild der Betroffenen vermittelt.

Außerdem macht Comedian Jan Böhmermann 2016 extreme Fehler im Umgang mit den Kandidaten bei „Schwiegertochter gesucht“ öffentlich. 

Sonja Zietlow

Sonja - von 1997 bis 2001 läuft die nach Moderatorin Sonja Zietlow (53) benannte Talkshow bei Sat.1 am Nachmittag. Der Beginn einer steilen TV-Karriere!

Nach ihrem Wechsel zur RTL moderiert sie dort unter anderem die Quizshow „Der Schwächste fliegt“ und die Kochshow „Teufels Küche“. Seit 2004 ist Sonja Zietlow hier zudem in ihrer Paraderolle zu sehen: Als stets zu gut gelaunte „Dschungelcamp“-Moderatorin neben Dirk Bach und später mit Daniel Hartwich und dessen Nachfolger Jan Köppen.

Ein besonders gutes Verhältnis scheint Sonja Zietlow zu Micky Beisenherz (44) zu haben: Von 2010 bis 2012 moderieren die beiden zusammen „Der große deutsche …test“ und von 2012 bis 2013 die Sendung "Guinness World Records – Wir holen den Rekord nach Deutschland", in der Menschen Weltrekorde zu knacken versuchten.

Außerdem moderiert Sonja Zietlow in den vergangenen Jahren noch unzählige andere Sendungen - doch nicht nur dort macht sie eine gute Figur: 2020 erreicht sie als Teilnehmerin der ProSieben-Show „The Masked Singer“ den vierten Platz und gewinnt bei "Schlag den Star" gegen Jürgen Milski (58).

Arabella Kiesbauer

Erst mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet, dann als niveaulos bezeichnet - Arabelle Kiesbauer (54) hat mit ihrer Talkshow „Arabella“ polarisiert. Ganze zehn Jahre lang lief „Arabella“ zwischen 1994 und 2004 bei ProSieben. 

Nachdem die Sendung eingestellt wurde, sollte Arabella Kiesbauer eigentlich die Pseudo-Doku „Das Geständnis“ übernehmen - zerstritt sich dann aber mit ProSieben über den Inhalt der geskripteten Show, in der Laiendarsteller Partnern oder Freunden unangenehme oder peinliche Dinge gestehen. 

Nach langer Abstinenz feiert Arabella Kiesbauer 2012 ihr TV-Comeback und berichtet über den „Life Ball“, eine Benefizveranstaltung für HIV-Infizierte. Noch im selben Jahr startet sie auch als Moderatorin wieder durch - allerdings nicht in Deutschland.

Erst moderiert sie eine österreichische Castingshow für Kinder und 2014 dann die dortige Ausgabe von "Bauer sucht Frau". Seitdem ist es wieder ruhiger um die gebürtige Wienerin geworden.

Politisch engagiert sie sich in einer Organisation für Menschenrechte und unterstützt 2017 die Kandidatur von Sebastian Kurz als österreichischer Bundeskanzler. (tab)