„2025 war ein fürchterliches Jahr“, sagt Harald Lesch in einer Sonderausgabe seiner „Terra X“-Sendung im ZDF. Der Physik-Professor sieht die Wissenschaft durch Trump unter Druck wie seit der NS-Zeit nicht mehr. Pessimismus und Resignation verböten sich dennoch.
Harald Lesch„Erinnerungen an die schlimmste Vergangenheit von uns Deutschen werden wach“

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Harald Lesch blickt in seiner „Terra X“-Sendung auf ein Jahr zurück, das für die Wissenschaft kein gutes war. (Bild: ZDF)
„Ich glaube, 2025 war ein Schicksalsjahr für Wissenschaft und Forschung.“ Diesen Befund teilt Professor Harald Lesch in einer Sonderausgabe seiner ZDF-Reihe unter der Dachmarke „Terra X“. Im „persönlichen Jahresrückblick“ des Wissenschaftsvermittlers ist der Satz alarmierend gemeint. „Warum? Weil Forschung Freiheit braucht. Forschung muss unabhängig sein“, bekräftigt der 65-Jährige vor der Kamera.
Natürlich sei Geld wichtig, doch entscheidend sei das Umfeld, sagt Lesch im ZDF-Magazin: „Und hier hat sich alles geändert. Denn die US-amerikanische Regierung unter Trump hat der Wissenschaft den Kampf angesagt. Mit verheerenden Konsequenzen für uns alle.“

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Zwei Männer, die der freien Wissenschaft 2025 wenig dienlich waren: US-Präsident Donald Trump (rechts) und sein Gesundheitsminister Robert F. Kennedy. (Bild: 2024 Getty Images/Rebecca Noble)
In der halbstündigen Sendung, die am Dienstag, 9. Dezember, 22.45 Uhr ausgestrahlt wird und schon jetzt in der Mediathek zu finden ist, wird auf einige der wissenschaftsfeindlichen Maßnahmen der Trump-Administration zurückgeblickt: Austritt aus der WHO, Streichung von Fördergeldern für Elite-Unis, Kahlschlag insbesondere bei der Klimaforschung.
„Wenn ich diese Nachrichten höre, läuft's mir kalt den Rücken runter“
Als verheerend wird das Wirken des neuen Gesundheitsministers Robert F. Kennedy beschrieben. Der entließ 2025 alle Mitglieder des Impfgremiums der Seuchenbehörde, später die Direktorin der Gesundheitsbehörde. Er strich Fördergelder zur Entwicklung neuer MRNA-Impfstoffe und verbreitete die längst widerlegte Verschwörungserzählung, die Masern-Impfung führe zu Autismus. Die schlimmste amerikanische Masern-Epidemie seit 30 Jahren war die Folge. Zwei ungeimpfte Kinder starben.
„Gleichberechtigung, Vielfalt, Bildung, Klima, freie Wissenschaft: Das scheint unter dieser Regierung überhaupt keinen Platz zu haben“, empört sich Lesch bei „Terra X“. „Wer sich wehrt, muss weg“, beschreibt er den Modus unter Trump. In den Institutionen und Behörden herrsche nicht nur Unsicherheit, „da herrscht Angst und Schrecken“. Lesch: „Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn ich diese Nachrichten höre, läuft's mir kalt den Rücken runter. Und Erinnerungen an die schlimmste Vergangenheit von uns Deutschen werden wach.“

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Die Meeresbiologin Antje Boetius übt im Gespräch mit Harald Lesch Selbstkritik. (Bild: ZDF)
Schließlich seien in der Zeit der NS-Diktatur Universitäten und Wissenschaften gleichgeschaltet worden, es sei damals in Deutschland zu einem „Brain Drain“ gekommen. Unter anderem Albert Einstein wanderte in die USA aus. In jenes Land, das nach dem Zweiten Weltkrieg wie kein zweites in die Wissenschaft investierte. Doch diese Entwicklung scheint an ihr Ende kommen.
Deutsche Forscherin übt Selbstkritik: „Sind wir vielleicht am Ende selber schuld?“
„Beginnt jetzt der Exodus der Wissenschaft aus den USA?“, fragt Lesch im ZDF und gibt eine ambivalente Antwort: „Nein. Aber immer weniger Forscherinnen und Forscher gehen in die USA und einige überlegen sich bereits, das Land wieder zu verlassen. Es ist also noch kein Brain Drain, aber ein Brain Flow“, so die Einschätzung des Astrophysikers und Moderators.
Warum gibt es eine so große antiwssenschaftliche Bewegung innerhalb der Trump-Administration? Diese Frage stellt Lesch am Ende seines Jahresrückblicks der in den USA forschenden deutschen Meeresbiologin Antje Boetius. Die Professorin vom Monterey Bay Aquarium Research Institute gibt eine überraschend selbstkritische Antwort: „Sind wir vielleicht am Ende selber schuld? Ist es die Wissenschaft, die zu wenig Lösungen geboten hat, zu viel beschreibend, vielleicht apokalyptisch gar unterwegs ist, die diese Gegenreaktion organisiert?“, fragt sie rhetorisch.
Harald Lesch: „2025 war ein fürchterliches Jahr“
Es gebe die Theorie der brutalen Überforderung der Gesellschaft, die nicht nur in Amerika wirke.“ Es sei auch „diese Hoffnungslosigkeit gegenüber der Zukunft“, die das weltweite Abrutschen in autoritäre Staatsformen begünstigte. Boetius: „Wir haben viel zu wenig Zukunftsbilder anzubieten.“
Die Jahresbilanz von Harald Lesch fällt deshalb aber nicht positiver aus: „2025 war ein fürchterliches Jahr“, wird er in einem seiner berühmten Abschlussmonologe deutlich. Und weiter: „2025 war das Jahr, in dem sich der Unsinn in Netzwerken, auf Plattformen und in Servern exponentiell vervielfacht hat.“ Was man tun könne? „Suchen wir nach Möglichkeiten, was wir besser machen können!“ Denn: „Pessimismus ist Zeitverschwendung. Und Resignation ist ein Luxus, den wir uns nicht mehr leisten können.“ (tsch)
