Hans Sarpei dreht Hartz-IV-Doku„Dieser eine Moment machte selbst mich sprachlos“

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Hans Sarpei zusammen mit dem Kamerateam vor dem Bundestag in Berlin.

von Martin Gätke (mg)

  • Der Ex-Fußballer sprach mit uns ungewohnt nachdenklich über...
  • ... die Gesellschaft, die Hartz-IV-Empfänger zu schnell in eine Schublade steckt
  • ... seine eigene Familie, der es nicht immer gut ging

Köln – Wir kennen ihn als Witzemaschine, von lustigen Chuck-Norris-Sprüchen wie „Hans Sarpei kann Liegestütze ohne Hände“, als Gute-Laune-Bären, immer mit einem Grinsen im Gesicht: Kult-Kicker Hans Sarpei (42). Doch er kann auch anders. Für die Doku „Abgestempelt!? – Armut in Deutschland“ (am 3. Oktober um 21.15 Uhr bei RTL 2) betrat er eine für ihn andere Welt: eine mit Hartz IV, Armut und Kindern, die wenig Chancen haben. Wir haben mit einem traurigen und bedrückten Hans gesprochen. Besonders ein Moment wird er wohl niemals vergessen. Ganz plötzlich stand nämlich er vor ihm: der Obdachlose, gerade einmal 18 Jahre alt, einer der eigentlich sein ganzes Leben noch vor sich hat.

Hans Sarpei kam mit dem jungen Mann ins Gespräch. Und das machte am Ende selbst einen Sprücheklopfer wie ihn sprachlos, wie er uns erzählte.

„Er hat mit 15 die Schule abgebrochen und lebt jetzt auf der Straße. Er hat Probleme mit den Eltern, will beide nicht mehr sehen. Dabei war er eigentlich ein ganz aufgeweckter Junge, vielleicht ein bisschen faul, aber intelligent. Er sieht schon jetzt kaum Möglichkeiten, aus dem Mist herauszukommen. Seine Hoffnungslosigkeit hat mich traurig gemacht.“

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„Abgestempelt!? – Armut in Deutschland“ startet Anfang Oktober

Hans Sarpei, der als Fußballprofi ackerte (u.a. für Leverkusen und Schalke), bei „Let’s Dance“ abtanzte und gern mit einem Witz dazwischen grätschte. Was er auch machte, er tat es immer mit Herzblut.

Auch jetzt, als er für das Fernsehen durch Deutschland reiste, um herauszufinden, wie es ist, arm zu sein. Und wo die Chancen auf eine bessere Zukunft liegen. Er sprach mit Politikern, Wissenschaftlern, um herauszufinden: Was hat Hartz IV bisher eigentlich bewirkt?

Und er sprach mit den Betroffenen, den Langzeitarbeitslosen, den Menschen in sozialen Brennpunkten, am Rande der Gesellschaft.

Es sind Menschen, die einfach vergessen wurden, findet er. „Früher haben die Menschen geschuftet und konnten davon leben. Jetzt kämpfen sie jeden Tag ums Überleben, müssen mit 10, 20 Euro über die Runden kommen. Selbst die, die arbeiten, haben zu wenig Geld.“ 

Hans Sarpei: „Die haben mir am meisten leidgetan“

Doch am meisten bedrückt war der 42-Jährige von den Kindern der Hartz-IV-Empfänger. „Die haben mir am meisten leidgetan. Armut trifft die Kinder zuerst.“

„Armut macht dumm!“, „Armut macht faul!“, „Armut macht asozial!“ Es sind solche Vorurteile, die den Kampf für die Arbeitslosen noch schwerer machen. Auch Hans Sarpei kennt sie.

„Das ist zu einfach“, sagt er. „Es gibt zwar Faulpelze, klar, aber ich habe sehr viele Menschen kennengelernt, die unbedingt arbeiten wollen, die etwas für ihre Familie und ihre Kinder tun wollen. Die einfach besser leben wollen. Sie fühlen sich nur vom Staat alleine gelassen, brauchen eine helfende Hand.“

Hans Sarpei: „Die Menschen brauchen Zeit für eine  Umstellung”

Die Gesellschaft würde die Hartz-IV-Empfänger zu schnell in eine Schublade stecken, findet Hans. Und das sogar, wenn sie wieder nach Jahren Arbeit gefunden haben. Und nur ganz langsam in den normalen Alltag zurückkommen.

„Wir übersehen etwas Wichtiges: Für Menschen, die drei oder vier Jahre nicht gearbeitet haben, ist es schwierig, wieder in den Arbeitsrhythmus zu kommen. Wir alle denken, sie müssen sofort funktionieren. Doch sie brauchen Zeit, sich an die Umstellung zu gewöhnen.“

Auch der Familie von Hans Sarpei ging es nicht immer gut, erklärt er. „Meine Familie kommt aus Ghana, einem sehr armen Land mit hoher Arbeitslosigkeit. Meine Eltern haben dort in Armut gelebt. Doch in Deutschland haben sie dann Arbeit gefunden.” 

Sarpei geht da rein, wo es brennt

Ab und zu fahre er noch mal nach Ghana, erklärt er uns. Dorthin, wo seine Wurzeln liegen. Dann sehe er wahre Armut und wahre Probleme. Eindrücke, die er immer häufiger auch in Deutschland sieht.

Früher flitzte der Kult-Kicker auf den Außenbahnen der Bundesliga, jetzt ist er reingegangen, dahin wo es brennt. Das Schicksal des jungen Obdachlosen, den er traf, wird er wohl nicht mehr vergessen, sagt er. 

„Ich versuche, ihn noch einmal zu besuchen”, sagt Hans uns. „Wenn ihm jemand helfen würde, dann hätte er eine gute Zukunft.”