Steigende Strompreise gehen ins GeldKräftig gedreht an der Belastungsschraube

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Strom wird wieder teurer. 

von Maternus Hilger (hil)

Berlin – Viele Verbraucher werden es längst bemerkt haben. Die Preise für Strom sind mit Jahresbeginn 2021 teils wieder gestiegen – und das trotz der Deckelung der EEG-Umlage. Mehr als 120 Grundversorger aus dem gesamten Bundesgebiet haben ihre Tarife schon erhöht.

  • Viele Anbieter erhöhen die Strompreise in diesem Jahr
  • CO2-Steuer treibt Kosten für Sprit und Heizen zusätzlich in die Höhe
  • Verbraucher sollten Wechseloptionen unbedingt prüfen

Tatsächlich ist in Deutschland Strom ohnehin besonders teuer. In Europa hat das Land (gemeinsam mit Dänemark) die höchsten Preise. Und obendrauf kommt jetzt auch noch die CO2-Steuer, die Heizen und Tanken verteuert.

Strompreise: Homeoffice treibt Kosten in die Höhe

Im Januar kostete eine Kilowattstunde laut Vergleichsportal Verivox im Schnitt 33,77 Cent – das sind vier Prozent mehr als im Januar 2020. Für einen Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden bedeute das rund 50 Euro mehr pro Jahr.

Auch das coronabedingte Homeoffice dürfte die Kosten nach oben treiben. „Die Stromkosten sind höher als jemals zuvor, und es ist davon auszugehen, dass der häusliche Stromverbrauch wegen des Kontaktverbotes in diesem Jahr deutlich höher ausfällt als in den Vorjahren“, so Verivox-Energieexperte Valerian Vogel.

Strompreise: Sind die Mehrkosten gerechtfertigt?

Nachvollziehbare Gründe gibt es dafür nicht, sagen Verbraucherschützer. Denn viele Versorger hätten ihren Strom in den letzten Monaten so günstig wie lange nicht mehr an den Strombörsen eingekauft – auch weil die Industrienachfrage wegen der Lockdowns einbrach.

Diese Vorteile geben aber nur wenige an die Kunden weiter, kritisiert etwa die Verbraucherzentrale NRW. Als Grund werden etwa höhere Kosten vorgeschoben – wie für die Netzentgelte.

Stromkosten: Preisbremse ist bislang wirkungslos

Richtig ist zwar, dass der Bund mit einer Investition von knapp elf Milliarden Euro seit Januar die EEG-Umlage auf 6,5 Cent und auf 6 Cent im Jahr 2022 pro Kilowattstunde gedeckelt hat, um eine Entlastung bei den Strompreisen zu gewährleisten.

Diese Umlage zahlt jeder Kunde pro Kilowattstunde für die Ökostrom-Förderung. Doch die Ersparnis verpufft, weil viele Verbraucher seit Januar beim Strom, beim Heizen mit Öl und Gas und beim Tanken draufzahlen.

Die Krux mit der CO2-Steuer

Um Anreize zu schaffen, von fossilen auf klimafreundliche Energieträger umzusteigen, hat die Bundesregierung seit Januar die sogenannte CO2-Bepreisung in Höhe von 25 Euro pro Tonne Kohlenstoffdioxid-Ausstoß eingeführt. Die freut die Klimaschützer, aber ärgert diejenigen, die sie bezahlen müssen.

Denn die Steuer verteuert Heizöl um circa 8 Cent, Benzin um sieben, Diesel um acht und Erdgas um etwa 0,6 Cent pro Liter beziehungsweise Kilowattstunde. Bis 2025 steigt der Aufschlag sogar auf 55 Euro pro Tonne bzw. 15 Cent. Zudem sind seit 1. Januar wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig. Das alles geht allein zu Lasten der Verbraucher.

Die Nebenkosten steigen und steigen

So steigen die Heizkosten nach einer Berechnung des Portals „CO2-online“ in diesem Jahr voraussichtlich um rund 40 bis 85 Euro für eine durchschnittliche 70-Quadratmeter-Wohnung – und um etwa 105 bis 140 Euro in einem durchschnittlichen Einfamilienhaus. In den kommenden Jahren wird die CO2-Abgabe dann schrittweise weiter angehoben.

Voraussichtlich steigen die Heizkosten 2025 dann bis zu 185 Euro in einer 70-Quadratmeter-Wohnung und bis zu 310 Euro im Einfamilienhaus. Individuell kann es auch mehr oder weniger sein – abhängig vom Verbrauch.

Ein dicker Batzen, wenn man bedenkt, dass gerade in Ballungszentren nicht nur die Mieten, sondern die Nebenkosten kontinuierlich steigen und damit bezahlbarer Wohnraum für Gering- und Normalverdiener immer unerschwinglicher wird. Laut Statistischem Bundesamts heizen drei Viertel aller Privathaushalte in Deutschland überwiegend noch mit Öl oder Gas.

Mieter zahlen die Zeche, wenn der Vermieter nicht modernisiert

Seit Monaten sind sich SPD und Union uneinig, wer denn nun die Zusatzkosten beim Heizen zahlen soll. Mieter oder Vermieter bzw. beide jeweils zur Hälfte, wie von der SPD im Herbst vorgeschlagen?

Bislang gilt, dass Vermieter die Klimasteuer voll auf die Mieter abwälzen können. Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten forderte, dass Vermieter die Gesamtkosten tragen. Nur sie könnten darüber entscheiden, mit welchen Systemen geheizt werde. So ist es , denn einen Einfluss auf den Umstieg auf emissionsarme Heizsysteme haben Mieter nicht.

Überlegenswert wäre aus seiner Sicht eine höhere Förderung für Vermieter, die auf umweltfreundliche Energiesysteme umsteigen, um die Zusatzkosten durch den CO2-Preis auszugleichen.

Sozialverträgliche Abfederung nur für ganz wenige

Wann und ob es eine Lösung für die Kostenverteilung gibt, ist offen. Stand jetzt bleibt der Mieter auf den Kosten sitzen, auch wenn Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) stets versichert, dass die Mehrbelastung sozialverträglich abgefedert werde.

Es stimmt zwar, dass Einkommensschwache durch einen Wohngeld-Zuschlag in Höhe von im Schnitt 15 Euro im Monat entlastet werden. Alle anderen gehen leer aus.

Senkungen an anderer Stelle bringen kaum was

Ob beim Strom, Heizen oder Autofahren – die Verbraucher werden über Gebühr belastet.

So wichtig der Klimaschutz ist, so unausgegoren ist die – ja, man kann es so nennen – Steuerabzocke. Die Senkung der EEG-Umlage oder die höhere Pendlerpauschale (ab 21 Kilometer) für Arbeitnehmer z. B. aus ländlichen Gebieten sind ein Witz, wenn gleichzeitig die Belastung stetig steigt.

Wer sich trotz Fördermitteln derzeit kein E-Auto leisten kann oder einen Vermieter hat, der momentan keine energiesparende Heizung einbauen kann oder will, dem bleibt nur (überspitzt ausgedrückt) ein Feierabend bei Kerzenschein – eingehüllt in eine Decke mit Wärmflasche.

Stromkosten: So lässt sich Geld sparen

Wer Kosten bei Strom und Gas sparen will, sollte zu einem günstigeren Anbieter wechseln. Bei Preiserhöhungen gilt das gesetzliche Sonderkündigungsrecht. Dazu kann man z. B. diverse Vergleichsportale nutzen. Je nach Verbrauch kann das eine jährliche Ersparnis von mehreren 100 Euro bedeuten.

Die Konditionen sollte man sich vorher genau anschauen. „Viele Gas- und Stromtarife mit Bonuszahlung im ersten Vertragsjahr sind ab dem zweiten Jahr sehr teuer. Sie lohnen sich nur für Vielwechsler“, rät die Verbraucherzentrale NRW.