Ordensschwester bündelt UnzufriedenheitFrauenaufstand gegen die Männerkirche

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Demonstranten mit Pflastern über ihren Mündern und Plakaten fordern in Ulm und Freiburg Gleichberechtigung in der Katholischen Männerkirche.  

von Maternus Hilger (hil)

Köln – In der Katholischen Kirche rumort es. Nicht nur das Ausmaß des Missbrauchsskandals und konservative Kirchenfürsten wie der umstrittene Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki lassen immer mehr Gläubige an ihrer Kirche verzweifeln.

  • Gläubige Frauen erheben ihre Stimme gegen die katholische Kirche
  • Sie fordern mehr Rechte und höhere Ämter
  • Ordensschwester bündelt die bewegenden Geschichten von Frauen in einem Buch

Sie treten in Massen aus. Doch auch bei denen, die noch bleiben, wächst der Unmut – besonders bei Frauen, die nicht mehr hinnehmen, dass ihnen der Zugang etwa zur Priester- oder Bischofsweihe verwehrt bleibt.

Bewegungen wie „Maria 2.0“ oder „Ordensfrauen für Menschenwürde“ geben ihnen längst eine unüberhörbare Stimme.

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Geplatzte Träume von engagierten Frauen in der Kirche 

Wie die Kirche Frauen verletzt, zeigen eindrucksvoll und schonungslos 150 Lebenszeugnisse, die Schwester Philippa Rath (65), Benediktinerin der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim-Eibingen und Delegierte des Reformdialogs Synodaler Weg, in ihrem Buch „Weil Gott es so will“ (Herder) gesammelt hat.

Es sind bewegende Berichte von in der Kirche engagierten Frauen, die davon träumten und träumen, mal Diakonin oder Priesterin zu werden, aber es nicht dürfen.

Viele, so Schwester Philippa, leiden im Stillen, haben schon resigniert, andere sind ausgetreten. Einige äußern sich auch nur anonym. „Sie haben Angst vor Repressionen, vor Mobbing und Ausgrenzung. Auch das ist eine traurige Wirklichkeit unserer Kirche“, kritisiert die Autorin.

Ihr Buch ist ein längst überfälliges und mutiges Plädoyer für Gleichberechtigung in einer verkrusteten Männerkirche, die Angst vor Frauen zu haben scheint. „Viel zu lange wurden die Frauen mundtot gemacht in der Kirche“, findet Rath.

Kirche: Frauen zeichnen erschütterndes Bild

„Die Zeugnisse der Frauen zeichnen „das erschütternde Bild einer ungeheuren Ressourcen- und Charismen-Verschwendung, die sich seit Jahrhunderten in der Kirche ereignet hat und immer weiter ereignet“, beklagt Rath. So schreibt Ulrike Böhmer, Religionspädagogin: „Mit den Jahren wurde mir die Frauenfeindlichkeit des kirchlichen Systems immer klarer bewusst und, um nicht krank zu werden, habe ich den kirchlichen Arbeitgeber verlassen.“

Ganz krass formuliert Marlene Straub, Juristin, was sie stört. Als sie mal das Geschlecht ihres Bruders sah, war ihr alles klar: „Ein Zipfelchen. Und wegen dieses Zipfelchens ist er also Gott wohlgefälliger als ich, darf Ministrant und Pfarrer werden, darf Bischof, Kardinal und Papst werden.“ Wieso, so fragt sie sich, soll eine Frau zum Priesteramt nicht fähig sein, wenn wir eine Kanzlerin haben, „um die uns die Welt beneidet“.

Und Anna Staiger, Gemeindereferentin, schüttelt nur den Kopf: „Ich kann es nicht begreifen, warum eine Frau unwürdiger sein soll als der Mann.“ Es grenzt in der Tat an Hybris, dass konservative Kleriker sich noch immer anmaßen, nur sie wüssten, was Gott will.

Frauen fordern: Schluss mit der Basta-Politik in der Kirche

Mit Denkverboten und Almosen finden sich die Frauen nicht mehr ab. Wie ein roter Faden zieht sich das durch das Buch. Päpstliche Lehrschreiben, die Frauen die Priesterweihe verweigern, sind für Schwester Philippa Rath nicht auf ewig in Stein gemeißelt. „Niemand sollte darauf hoffen, dass die Frauenfrage in den deutschsprachigen Ländern und auch weit darüber hinaus wieder von der Tagesordnung verschwinden wird.“ Eine klare Kampfansage.

Reformen überfällig. „Wer sind wir, dass wir Gott vorschreiben wollen, wen er in seiner Kirche zu welchem Amt berufen will und welches Geschlecht die von Gott Berufenen haben müssen?“, fragt Rath völlig zu Recht. Die Frauenfrage sei so zentral, „dass inzwischen kaum noch jemand daran zweifelt, dass die Frage der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen an Ämtern und Diensten eine Überlebensfrage der Kirche werden könnte – oder bereits ist“.

Würde ein nichtkirchlicher Arbeitgeber so kalt mit Frauen umgehen, wäre das ein klarer Fall von Diskriminierung. Und wenn nichts passiert? Dann muss sich die Kirche nicht wundern, wenn sie die Frauen verliert. Immerhin stellen sie weit mehr als die Hälfte der Gläubigen.