„Ernst gemeint?”Bundesland will alles anders machen, Lauterbach ist fassungslos

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Karl Lauterbach, SPD-Gesundheitsexperte, nimmt am 4. März an einer Sitzung des Bundestags teil. Lauterbach zeigte sich fassunglos über den Alleingang Brandenburgs nach den Beschlüssen der Kanzlerin und der Bundesländer.

von Martin Gätke (mg)

Köln – Eigentlich hatten sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und alle Ministerpräsidenten in der vergangenen Woche auf einen ganz bestimmten Wert für die Notbremse bei den Corona-Lockerungen geeinigt: Die Grenze soll bei einer Inzidenz von 100 gelten. Doch ein Bundesland startet des Anscheinens nach den Alleingang, das macht SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fassungslos.

  • Brandenburg startet Alleingang in der Corona-Krise und will Notbremse erst ab Inzidenz von 200
  • Dabei hatte man sich beim Bund-Länder-Treffen auf eine Inzidenz von 100 geeinigt
  • Karl Lauterbach (SPD) zeigt sich fassungslos

100 – Sobald die Sieben-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen diesen Wert übersteigt, sollten die Lockerungen wieder zurückgenommen werden, der Lockdown wieder verschärft. So lautete der Plan. Das sollte eine wichtige Bedingung dafür sein, ab Montag (8. März) die Corona-Regelnwieder zu lockern.

Auch Brandenburg kündigte neue Verordnungen an – doch die sehen nun ganz anders aus. Neben der Öffnung von Baumärkten und dem Angebot von Terminshopping will Brandenburg nun auch die Notbremse von 100 auf 200 erhöhen, heißt es seitens des Kabinetts in einer Mitteilung. Die neue Eindämmungsverordnung soll am Dienstag beschlossen werden.

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„Notbremse: Übersteigt die 7-Tage-Inzidenz für mindestens drei Tage in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt den Wert von 200 werden wieder schärfere Kontaktbeschränkungen und Maßnahmen festgesetzt”, so heißt es wortwörtlich in der siebten Verordnung über die Eindämmungsmaßnamen des Landes Brandenburg.

Merkel beharrte auf Notbremse ab 100

Dabei sei „die Zahl der Neuinfektionen ist in den vergangenen Wochen deutlich gesunken.” Die landesweite 7-Tages-Inzidenz liege bei 62,8.

Und weiter: „Damit setzt Brandenburg die Rahmenvereinbarung der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) mit der Bundeskanzlerin vom Mittwoch in Landesrecht um.” Dabei hatte Kanzlerin Merkel nach den Beratungen vergangene Woche betont, sie habe den neuen Inzidenz-Werten nur zugestimmt, weil gleichzeitig die für sie wichtige Notbremse beim Wert 100 eingezogen worden sei.

Alleingang Brandenburgs: Karl Lauterbach reagiert fassungslos

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach reagierte fassungslos auf diese Verordnung. Auf Twitter teilte er die geplanten Öffnungsschritte des brandenburgischen Kabinetts und schrieb dazu: „Das ist mittelgradig unglaublich. Lockerungen werden beschlossen, wie in MPK vereinbart, aber Notbremse wird von 100 auf 200 (!) erhöht. Ist das ernst gemeint?” Er mahnt: „Wenn das alle Bundesländer machen, wird es schwere 3. Welle geben und dann langen Lockdown.”

Die Antwort der Brandenburger Staatskanzlei folgte prompt: „Lieber Herr Lauterbach, der Regierungssprecher teilt Ihnen dazu mit: Sollte sich die landesweite Inzidenz dem Wert 100 nähern, wird die Landesregierung unverzüglich entscheiden, welche Schritte zu ergreifen sind”, hieß es in einem Tweet.

Brandenburg geht Alleingang, SPD-Fraktion reagiert auf Lauterbachs Tweet

Brandenburgische Landkreise seien laut Verordnung ohnehin dazu aufgefordert, ab einer Inzidenz von 100 zusätzliche Eindämmungsschritte zu ergreifen. „Die Notbremse ab einer 200er- Inzidenz ruft automatisch alle Märzlockerungen zurück.”

Auch Lauterbachs Parteikollegen, die brandenburgische SPD-Fraktion erklärte, Brandenburg habe eine doppelte Notbremse. „Wenn landesweit die 100 erreicht ist, wird das Kabinett die rückführenden Maßnahmen für das ganze Land beraten. Wenn ein Landkreis die 200 hat, dann wird es regional die Rückführung aller Maßnahmen in dem Landkreis geben”, so die Antwort auf Lauterbachs Tweet. (mg)