Drohende Eskalation mit den USAGefahr für den Weltfrieden? Chinas Spiel mit dem Feuer

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Kein Abstand, aber mit Maske. Volkskongress-Abordnete hinter der Führungsspitze Chinas und der KP (in der Mitte Präsident Xi), die auf einen Mundschutz verzichtete.

von Maternus Hilger (hil)

Hongkong – Während die Corona-Pandemie die Welt noch in Atem hält, droht neue Gefahr aus einer ganz anderen Ecke – eine weitere Eskalation zwischen den Rivalen USA und China, in deren Mittelpunkt die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong steht: Die will Peking mit einem neuen Gesetz stärker an die Kandare nehmen.

Die Aufregung im Westen ist groß, die Proteste sind scharf – auch und vor allem aus den USA. Präsident Donald Trump ist Chinas wachsendes Machtstreben schon lange ein Dorn im Auge. Doch Peking lässt das kalt. Außenminister Wang Yi warnte Trump bereits vor einem „neuen Kalten Krieg“ – und damit vor einer Gefahr für den Weltfrieden.

Worum geht es in Hongkong?

Mit dem neuen, vergangene Woche vom Volkskongress beschlossenen Gesetz will Peking „Separatismus“ und „Aufruhr“ in Hongkong verbieten – als Reaktion auf die immer wieder aufflammenden Massenproteste. Es sieht sogar den Einsatz chinesischer Sicherheitsbehörden vor – ein klarer Bruch der Autonomiepraxis.

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Das Motto des chinesischen Reformpolitikers Deng Xiaoping (1904-1997) „Ein Land, zwei Systeme“, das der früheren britischen Kronkolonie und kapitalistischen Wirtschaftsmetropole mit ihren sieben Millionen Einwohnern eine gewisse Eigenständigkeit bis zum 30. Juni 2047 garantiert, würde nicht mehr gelten.

Presse- und Meinungsfreiheit etwa könnten so von Präsident Xi Jinping im Bunde mit der chinahörigen Regierung peu à peu ausgehebelt werden. Ein Land, ein kommunistisches System ohne bürgerliche Freiheiten, mit Überwachung und Repressionen auch in Hongkong – das will Chinas starker Mann bereits jetzt – nicht erst 2047.

Was will China?

Hongkong ist nur ein neuer Brennpunkt von vielen, auf dem sich die USA und China beharken. Die Marschrichtung Xis ist klar: Er will den USA, aber auch Russland ihren Rang als Weltmacht streitig machen – durch expansive Handelspolitik, Aufrüstung und Machtdemonstrationen wie in Hongkong.

Wenn sich eine Chance bietet, schlägt er zu – ohne Getöse, aber effizient. „Wenn du lange genug am Fluss wartest, schwimmen die Leichen deiner Feinde an dir vorbei“ lautet ein chinesisches Sprichwort. Sieht so aus, als würde Xi exakt danach handeln.

Die Rolle von Donald Trump

Von Trump lässt er sich dabei nicht Bange machen, der sich seit Jahren auf China eingeschossen hat – mit Handelskriegen, markigen Drohungen aller Art bis hin zum Corona-Krieg der Worte.

Aber ausgerechnet der US-Präsident spielt mit seiner „America First“-Politik und dem Rückzug der USA vom internationalen Parkett China in die Hände. In das Vakuum stößt – überall, wo es nur geht – China vor, auch wenn es selbst momentan mit der Corona-Krise zu kämpfen hat.

Warum ist der Konflikt gerade jetzt so brisant?

Angesichts seiner Versäumnisse in der Corona-Krise, die Zehntausenden in den USA das Leben und Millionen den Job kosteten, steht Trump mit dem Rücken zur Wand. Doch er sieht keine Fehler bei sich, sondern schiebt China und der angeblich von Peking kontrollierten Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Schuld in die Schuhe.

China, wo das Virus seinen Ursprung hatte, habe die ganze Welt infiziert – so sein Vorwurf. Die Konfrontation dürfte eskalieren. „Sowohl Präsident Trump als auch Präsident Xi Jinping nutzen das jeweils andere Land, um die Aufmerksamkeit von den Herausforderungen ab- und umzulenken, denen sie an der Heimatfront gegenüberstehen“, sagt Asien-Expertin Elizabeth Economy von der Denkfabrik Council on Foreign Relations.

Was droht der Welt?

Die Anschuldigungen sowohl zwischen den beiden Mächten als auch zwischen beiden politischen Lagern im Wahlkampf in den USA könnten „katastrophale Folgen“ haben, warnt Thomas Christensen von der Denkfabrik Brookings. Ein brandgefährliches Spiel mit dem Feuer, das jetzt in Hongkong weiter entfacht wird.