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„Anne Will” über Lockdown-PläneArzt wütet: „Wir haben jetzt nur eine Möglichkeit”

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Janosch Dahmen (Bündnis 90/Die Grünen), Arzt und Bundestagsabgeordneter, kritisiert bei „Anne Will” die Corona-Maßnahmen der Regierung.

von Martin Gätke (mg)

Berlin – Erst die Engpässe bei der Impfstoff-Produktion, dann Lieferschwierigkeiten und dann noch das Aussetzen von Astrazeneca: Immer wieder erleidet Deutschland Rückschläge bei seiner Impfkampagne. Dabei soll gerade das Impfen ein wichtiger Baustein bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie sein. Einen Tag bevor die Bund-Länder-Konferenz ihre neuen Beschlüsse vorstellen will, fragt Anne Will (ARD): Wie kann die Impfkampagne beschleunigt werden? Und wird Deutschland Ostern in einem harten Lockdown verbringen?

  • Anne Will (ARD) am Sonntag (21.45 Uhr): „Bürokratie, Impfdebakel und steigende Infektionszahlen – hilft jetzt nur die Notbremse?“
  • Arzt und Grünen-Politiker Janosch Dahmen zieht bitteres Fazit zu bisherigen Corona-Maßnahmen
  • Er fordert jetzt eine konsequentere und zielgerichtetere Politik

„Anne Will”: Das sind die Gäste

  • Manuela Schwesig (SPD)
  • Wolfgang Kubicki (FDP)
  • Janosch Dahmen (Bündnis 90/Die Grünen)
  • Ulrich Weigeldt
  • Samiha Shafy

Angesichts deutlich steigender Infektionszahlen rücken wieder schärfere Corona-Beschränkungen bis in die Osterzeit näher, wenn sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten per Videokonferenz zusammenschalten. Der Lockdown soll bis zum 18. April verlängert werden, auch über eine Ausgangsbeschränkung ab einer Inzidenz von 100 wird offenbar gesprochen. Bundesweit liegt der Inzidenzwert seit Sonntag über dieser Marke.

Trägt eine Manuela Schwesig so etwas mit? „Eine Ausgangsbeschränkung kann man nicht pauschal beschließen, Städte und Kreise müssen das ganz explizit begründen“, so die Ministerpräsidentin. „Das muss vor Ort in einer Allgemeinverfügung ganz konkret beschrieben werden, weil das eine enorme Einschränkung für die Bürger ist.“

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Manuela Schwesig bei „Anne Will”: „Wir haben jetzt drei Möglichkeiten”

Die SPD-Frau meint: „Wir haben jetzt drei Möglichkeiten: Massive Impfungen, aber wir haben zu wenig Impfstoff, ein harter Lockdown und Ausgangssperre oder drittens – diesen Weg favorisiere ich: Den derzeitigen Weg halten und auf eine umfassende Test- und Impfstrategie setzen. Die Bevölkerung sollte ausreichend ausgestattet werden.“

Dahmen, der auch Notarzt bei der Berliner Feuerwehr war, ist jedoch durchaus für ein härteres Durchgreifen. Braucht es den Knallhart-Lockdown mit Ausgangsbeschränkung?

„Anne Will”: Janosch Dahmen zieht erschütterndes Fazit bei bisherigen Maßnahmen

„Zu langsam, zu spät, zu zögerlich ist ein schlechter Berater“, schimpft Dahmen. „Wir haben jetzt nur eine Möglichkeit: Wenn wir nicht anfangen, konsequent und zielgerichtet zu handeln, werden wir nicht gewinnen.“ Eine Notbremse, die beinhalte, dass wir bei den derzeitigen Beschlüssen bleiben, sei „ein Zug, der vor die Wand rollt“.

Es brauche viel mehr Selbsttests, viel mehr FFP2-Masken, um sie immer in den Innenräumen zu tragen, eine bessere Corona-WarnApp – „all das haben wir im 12. Monat der Pandemie immer noch nicht“, so Dahmen. „Wir müssen jetzt konsequent sein. 65.000 Menschenleben haben wir schon verloren.

„Anne Will”: Janosch Dahmen fordert, alles wieder zu schließen

Dahmen fordert: Es sollte nicht nur Ausgangsbeschränkungen geben. „Alles wieder zumachen – auch Baumärkte und Friseure. Schulen und Kitas sollten nur öffnen, wenn genug Tests da sind und die Kontaktnachverfolgung gewährleistet ist.“

Kubicki hält dagegen: Recht und Gerichtsentscheidungen machen diese Maßnahmen schwierig. „Flächendeckende Ausgangssperren sind rechtswidrig.“ Er halte es für sinnvoll, „intelligenter über Maßnahmen nachdenken“, heißt: „Besser jeden Tag Schnelltests, um schnell Infizierte zu identifizieren. Wir müssen mit dem Virus leben, ohne das Gesundheitsämter überlastet werden.“ Seiner Meinung nach lassen sich die gestiegenen Zahlen auf das Mehr an Testungen zurückführen.

„Anne Will”: „Habe im Frühjahr 2020 neidisch von USA aus nach Deutschland geschaut – es ist jetzt andersherum”

Dahmen wirft sofort ein: Schnelltests machten derzeit maximal ein Drittel der gestiegenen Neuinfektionen aus. „Der Mammutanteil kommt durch die Mutation.“

Journalistin Shafy führt anschließend an, dass andere Länder wie die USA Deutschland vorführen, wie Pandemie-Bekämpfung geht. Ganz entschlossen gingen sie den Weg des Impfens. „Ich habe im Frühjahr 2020 von den USA aus neidisch nach Deutschland geschaut, weil es dort so gut geklappt hat. Jetzt ist es andersherum. Ich frage mich: Warum können wir das nicht besser?“

„Anne Will”: „Wir müssen stärker auf Kinder und Jugendliche schauen”

Ulrich Weigeldt vom Deutschen Hausärzteverband erklärt anschließend, dass ein Lockdown bis 18. April Deutschland nicht weiter bringe. „Danach heißt es: Wir müssen Lockdown bis Mai machen.“ Er fordert: „Wir müssen stärker auf Kinder und Jugendliche schauen, die ein Jahr lang vom sozialen Umgang in der Schule ausgeschlossen sind. Regionalen Besonderheiten sollte stärkeres Gewicht gegeben werden.“

Dahmen antwortet: Kinder schützen und Bildung möglich machen: ja. „Wenn wir Schulen schließen, haben wir ein Effizienzgewinn von 30 Prozent. Wenn wir also Schulen öffnen wollen, müssen wir in anderen Bereichen effizienter sein.“ Denn, so Dahmen weiter: „Menschen von 50 bis 80 Jahren, die sind gerade besonders gefährdet.“ Es sei für den ehemaligen Notarzt inakzeptabel, dass eine Durchseuchung voranschreitet. „Diese Menschen werden sonst sterben.“

Janosch Dahmen bei „Anne Will”: „Hätten die Hausärzte seit Wochen gebraucht”

Dahmens Diagnose zum deutschen Krisenmanagement: Die Politik setze immer ganz besonders auf eine einzige Strategie, Impfen zum Beispiel. „Dann wurde alles andere aus dem Blick verloren, ein nationale Teststrategie etwa.“

„Wäre eine Beteiligung der Hausärzte von Beginn an nicht nicht besser gewesen?”, will Anne Will von Arzt Dahmen wissen. „Absolut. Wir hätten die Hausärzte seit Wochen gebraucht. Wir müssen endlich nach vorne denken, wir werden in sechs Wochen so viel Impfstoff haben, dass wir die mit den derzeitigen Strukturen nicht verimpft bekommen." Deshalb müssten auch Betriebsärzte eingespannt werden, „um in den Modus zu kommen, wirklich Tempo zu machen.” Alles andere sei inakzeptabel.

Dahmen bei „Anne Will”: „Regierung braucht echtes Krisenmanagement des Kümmerns”

Dahmen: „Das funktioniert nur, wenn wir auf Alltagsstrukturen setzen.” Impfzentren sollten für Menschen da sein, die mobil sind, Ärzte für die Menschen, die bislang nicht erreicht worden seien. „Wir müssen weg von diesen deutschen Bürokratismen, die Regierung braucht ein echtes Krisenmanagement des Kümmerns.”

Auch Redakteurin Samiha Shafy findet: „Das ist ein mut- und kopfloses Pandemiemanagement”. Auch Umfragen zeigten, dass die Bevölkerung unzufrieden sei. „Das ist auch selbstzerstörerisch, weil die Menschen ja mitziehen müssen.” (mg)