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Ein Wirtschaftskrimi, der Deutschland elektrisierteDie Schlammschlacht um Mannesmann

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Vor 20 Jahren übernahm Vodafone das Düsseldorfer Traditionsunternehmen Mannesmann. Die Affäre um Millionenboni für Manager landete vor Gericht.

von Maternus Hilger (hil)

Düsseldorf – Es war ein Wirtschaftskrimi, der Deutschland elektrisierte. Die Schlacht um die Übernahme des Düsseldorfer Mannesmann-Konzerns durch den britischen Mobilfunk-Giganten Vodafone, der über Monate von den Top-Managern mit verbissener Härte geführt wurde – bis zu jenem denkwürdigen Tag vor 20 Jahren.

Am 4. Februar 2000 kapitulierte Mannesmann. Für rund 190 Milliarden Euro schluckten die Briten den Konkurrenten – einer der bis heute teuersten Deals aller Zeiten bei Zukäufen.

Mannesmann-Übernahme: Das Ende einer Ära

Das traditionsreiche Mannesmann-Imperium war bald Geschichte. Denn die Briten waren von Anfang an nur an der profitablen Telekommunikationssparte (Mobilfunk D2 und Festnetz von Arcor) interessiert. Andere Geschäftsfelder – wie die Röhrenproduktion – wurden verkauft.

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Das Ende einer Ära markierte für alle sichtbar das Verschwinden des blau-weißen Mannesmann-Schriftzuges auf dem Dach der Zentrale am Rheinufer. Er wurde durch das rote Vodafone-Logo ersetzt. Es waren vor allem zwei Männer, die die Schlagzeilen beherrschten: Klaus Esser, (heute 72) der Mannesmann-Chef, und Chris Gent (heute 71), der Vorstandsvorsitzende von Vodafone. Letzterer war alarmiert, als sich Mannesmann im November 1999 den britischen Mobilfunkanbieter Orange einverleibte.

Mannesmann-Übernahme um jeden Preis

Ein Konkurrent – direkt vor der Haustür – das passte Gent überhaupt nicht. Er entschloss sich, Mannesmann zu kaufen – koste es, was es wolle. Schon einen Monat später legte er ein Kaufangebot von 100 Milliarden Euro auf den Tisch, das Esser als „unangemessen“ zurückwies.

Doch jetzt begann die Schlammschlacht erst richtig. Auch die deutsche Öffentlichkeit war aufgeschreckt über die Machenschaften der britischen Investment-Heuschrecke. Esser wurde wie ein Held gefeiert, weil er dem Engländer die Stirn bot. Doch Anfang Februar 2000 rieben sich alle verwundert die Augen.

Mannesmann-Chef Esser knickte schnell ein

Denn Esser war eingeknickt, er hatte für alle überraschend die weiße Fahne gehisst. Für sagenhafte 190 Milliarden Euro schluckte Vodafone Mannesmann – sehr zur Freude der Aktionäre, die dabei satt verdienten.

Doch nicht nur sie zählten zu den Gewinnern. Auch die Führung von Mannesmann machte Kasse. Der Ausschuss für Vorstandsangelegenheiten gab grünes Licht für fette Millionen-Prämien.

Mannesmann-Vorstand kassiert fette Prämien

In dem Gremium saßen Aufsichtsratschef Joachim Funk, der damalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der frühere IG-Metall-Chef Klaus Zwickel und Betriebsratschef Jürgen Ladberg. Esser bekam inklusive Abfindung rund 30 Millionen, Funk rund 4,6 Millionen Euro.

Auch ehemalige Vorstandsmitglieder und deren Angehörige wurden großzügig bedacht – mit nochmal rund 30 Millionen Euro. Als die Sache publik wurde, standen Esser & Co. plötzlich wie schnöde „Kriegsgewinnler“ da, während Zehntausende Mannesmann-Mitarbeiter Angst um ihre Jobs hatten.

Mannesmann-Prozess: Freisprüche vor Gericht

Ein goldener Handschlag, der noch jahrelang die Gerichte beschäftigen sollte. Als der erste Prozess gegen die Mitglieder des Aufsichtsratsausschusses wegen Untreue – und gegen Esser und Dietmar Droste (zuständig für die Verträge der Vorstände) wegen Beihilfe zur Untreue am 21. Januar 2004 vor dem Düsseldorfer Landgericht begann, sorgte Ackermann gleich mal für Empörung.

Lächelnd begrüßte er seine Mitangeklagten mit provokantem Victory-Zeichen – eine Geste, die Beobachter als Verhöhnung des Gerichts kritisierten. Der Prozess endete aber tatsächlich mit Freisprüchen. Die Staatsanwaltschaft legte Revision beim BGH ein, der das Urteil zur Neuverhandlung ans Landgericht Düsseldorf zurückwies.

Später mussten die Angeklagten doch noch zahlen

Das Verfahren wurde 2006 schließlich eingestellt – gegen Geldauflagen. Ackermann musste 3,2 Millionen, Esser 1,5 Millionen und Funk eine Million Euro zahlen, Zwickel 60.000 Euro, Ladberg 12.500 Euro und Droste 30.000 Euro. Die Angeklagten gelten damit als nicht vorbestraft. Kritiker sprachen von „Klassenjustiz“.

Heute, 20 Jahre später hat sich der Pulverdampf verzogen. Seit 2012 residiert Vodafone im Düsseldorfer Stadtteil Heerdt – in einer neuen Zentrale. Die alte wurde 2008 an das Land NRW verkauft und von Vodafone noch bis zum Umzug als Mieter genutzt. Heute beherbergt das Mannesmann-Hochhaus das Wirtschaftsministerium.