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Sportwetten-RevolutionDürfen Kahn und Co. bald nicht mehr werben?

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Bayern-Vorstand Oliver Kahn in einem Wettbüro. Das Foto zeigt ihn 2019 in Köln.

von Markus Krücken (krue)

Bremen/Köln – Es ist ein Satz mit zehn Worten. Aber diese haben es in sich. „Werbung für Sportwetten mit aktiven Sportlern und Funktionären ist unzulässig.“ So steht es in Paragraph 5 (Werbung), Ende Absatz 3 des Entwurfs zum neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021, der aktuell von der EU in Brüssel beraten wird.

Der Markt der Sportwetten florierte in den letzten Jahren. Vor allem unterstützt durch die Digitalisierung und durch die Werbung Prominenter, die für Kampagnen ihr Gesicht zeigten oder noch immer zeigen.

Oliver Kahn, Lukas Podolski, Thomas Häßler und Co. als Werbegesichter

So zum Beispiel Bayerns Sportvorstand Oliver Kahn (Tipico), Weltmeister Thomas Häßler (SkyBet), der auch noch als Spieler aktive Lukas Podolski (Xtip), Ex-Profi Stefan Effenberg (Bwin) oder Ansgar Brinkmann (sportwetten.de).

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Stefan Effenberg, Franzi van Almsick und Co. auf einer Bwin-Werbung

Doch damit soll laut dieses Entwurfs bald Schluss sein. Was bedeutet das für die Branche und das Verhalten der Spieler?

Dr. Tobias Hayer: Tropfen auf den heißen Stein

Wir haben den renommierten Glücksspielforscher Dr. Tobias Hayer von der Uni Bremen dazu befragt. „Ich würde es als Tropfen auf den heißen Stein betrachten, wenn Sportler nicht für Sportwetten werben dürfen. Das sind Identifikationsfiguren, gerade junge Leute orientieren sich an den Personen. Diese Assoziations-Kette wird durchbrochen, das begrüße ich und da mache ich einen Haken hinter. Aber wenn sie das gesamte Werk sehen, haben wir auch weiterhin massive Werbemöglichkeiten für die Anbieter.“

Naiv und schlecht beraten

Der Wissenschaftler sieht noch mehr als den einzelnen Prominenten, der seine Vorbildfunktion – weil „schlecht beraten und naiv“ und/oder geldgeil – ad adsurdum führt und ins Gegenteil verkehrt, die Klubs in der Pflicht.

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Glücksspielsucht-Forscher Dr. Tobias Hayer von der Uni Bremen.

Dr. Hayer: „Ich verstehe nach wie vor nicht, dass die Bundesligisten mit einem Trikotsponsor rumlaufen können, der aus dem Sportwetten-Bereich stammt. Das passt nicht zum Zeitgeist. Alkohol, Nikotin, da ist die Werbung auf ein Minimum beschränkt, nur im Glücksspielbereich nicht.“ Doch woran liegt das?

Dr. Tobias Hayer: Werbung ist elementar wichtig

Der Experte: „Lobbyismus. Es ist unmoralisch, heuchlerisch. Denn diese Partner passen nicht zu den Werten, die die Vereine verkörpern wollen. Nehmen Sie Werder Bremen, die seit Sommer Tou Tou auf dem Ärmel zeigen. Eine Firma für Livewetten im Esports-Segment. Mit solchen Partnern arbeitet Werder Bremen.“

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Werbeträger Ansgar Brinkmann bei einer Kampagne

Die Werbung ist im Konkurrenzverhältnis der wachsenden Anbieter elementar wichtig, so Dr. Hayer. Denn deren Seiten sind inhaltlich zwangsläufig ähnlich aufgebaut: „Die Anbieter können sich auf der Produktebene nicht groß absetzen. Das Absetzen geht nur durch Werbung. Die Marke muss bekannt sein bei den Kunden. Und da kommen Olli Kahn und Co. ins Spiel. Aus unternehmerischer Sicht ist das sehr clever.“

Symposium mit Ex-FC-Profi Cichon

Doch harmlos sei das Ganze nicht, selbst für die vermeintlichen Experten des Spiels: Die Zocker, die aus der ursprünglichen Sparte Sport kommen. Neulich erst habe der Kapitän vom norwegischen Klub Molde SK (Vegan Forren, anm. d. Red.) in die Kasse gegriffen, so Hayer, der jüngst ein Symposium zum Thema in Hohenheim moderierte, bei dem ein alter Bekannter zu Gast war und über seine Erfahrungen berichtete: Ex-FC-Profi Thomas Cichon.

Hier lesen Sie mehr:  Thomas Cichon spricht übers Wetten im Profifuball

Das sagt der Fachverband

In Deutschland gibt es mehr als 200.000 Spielsüchtige. Das Marktvolumen der Sportwetten in Deutschland wird auf bis zu acht Milliarden Euro jährlich geschätzt. Die Vorsitzende des bundesweiten Fachverbandes Glücksspielsucht, Ilona Füchtenschnieder, hat mit Betroffenen direkt zu tun.

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Suchtexpertin Ilona Fuechtenschnieder vom bundesweiten Fachverband.

Sie schildert uns: „Wir sagen: Wenn du spielst, spiel selten und um wenig Geld. Aber wir kommen mit unseren Präventionsbotschaften total altbacken daher, da gerade die jungen Spieler den Idolen folgen. Diese Idole sollten sich gehörig schämen. Sowohl die Sportler als auch die Vereine. Man kann nicht Werte wie Fairness verkaufen und solche Bündnisse eingehen. Sich zum Beispiel für eine Stiftung feiern lassen und Kohle kassieren.“

Expertin glaubt nicht an Wende

Es gehe den Anbietern um das Prinzip der Normalisierung: „Ich habe selbst eine Dauerkarte für Arminia Bielefeld. Die Kids schauen im Stadion auf die Werbung eines Glücksspiel-Anbieters. Sie wachsen damit auf und denken, das sei ein ganz normales Produkt. Wir wollen diese Normalisierung nicht.“

Doch Füchtenschnieder glaubt noch nicht, dass mit dem Entwurf des Glücksspielvertrages eine Besserung der Lage für viele Süchtige einträte: „Jede Lücke wird wie bisher genutzt werden. Ich kann mir das nicht richtig vorstellen, ich glaube da noch nicht dran. Wir gehen einen Schritt weiter, wir fordern ein absolutes Werbeverbot für Sportwetten.“

Sie sind von Glücksspielsucht betroffen? Informieren Sie sich kostenfrei und anonym unter: 0800 0776611