Bonner Top-VirologeStreeck antwortet auf Theorien der „Querdenker“ und Corona-Leugner

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Der Virologe Hendrik Streeck (hier im März 2020 in seinem Labor in der Uniklinik Bonn) hat sich zu Verschwörungstheorien geäußert.

Berlin – Je länger die Corona-Pandemie anhält, desto mehr scheint es, als würde sich die Haltung von Hendrik Streeck entspannen. Der Top-Virologe aus Bonn vertritt gegenüber anderen Wissenschaftlern immer häufiger eine moderatere Linie.

Erst kürzlich sprach Hendrik Streeck in der Sendung „Stern TV“ vom „Alarmismus“ in Deutschland und plädierte dafür, das Virus als etwas zu betrachten, mit dem wir leben können. Er riet davon ab, ständig nur auf die Zahlen zu starren und warnte vor „Stimmungsmache“.

Im Juni teilte Streeck seine Ansicht, dass Deutschland „zu schnell“ in den Lockdown gegangen sei. Komme es entgegen seiner Erwartung wieder zu einem großen Ausbruch, „wird man sich sicherlich hüten, wieder derart starke Maßnahmen zu ergreifen“, sagte Streeck.

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Anfangs seien sich fast alle Virologen mehr oder weniger einig gewesen, dass Covid-19 „nicht bagatellisiert werden sollte, aber auch nicht dramatisiert werden darf“.

Hendrik Streeck antwortet auf Verschwörungstheorien über Corona

Aussagen, für die er sogar von vielen sogenannten „Querdenkern“ und Corona-Leugnern hochgehalten wird. Aber rückt Hendrik Streeck mit seiner Haltung tatsächlich Verschwörungstheoretikern nahe?

Im Deutschlandfunk antwortete der Virologe direkt auf mehrere Theorien, die das Coronavirus verharmlosen und die Maßnahmen der Bundesregierung für übertrieben halten.

These Nr. 1: „Das Virus ist gar nicht so gefährlich“

Virologe Streeck antwortet unmissverständlich: „Das stimmt nicht!“ Das zeigen laut Streeck alle bisher durchgeführten Studien. Er selbst und sein Team hätten bei der weltweit vielbeachteten Heinsberg-Studie herausgefunden, dass das Coronavirus „mindestens viermal gefährlicher ist als eine saisonale Grippe“.

These Nr. 2: „Impfungen sind gefährlich und greifen unsere DNA an“

Auch das sei eindeutig falsch, sagt Streeck. „Auch die RNA-Impfstoffe funktionieren ja so, dass davon Proteine generiert werden. Wir haben selber nicht die Enzyme in unserem Körper, das von der RNA wieder DNA wird. Das können nur bestimmte Retroviren. Daher kann eine Impfung nicht in die DNA eingreifen.“

These Nr. 3: „Die Corona-Maßnahmen sind völlig übertrieben“

Es sei nachgewiesen, dass durch die AHA-Regeln, also Abstand halten, Alltags-Maske tragen und die allgemeinen Hygieneregeln beachten, Infektionen verhindert werden können. Zusätzlich hätten die AHA-Regeln wahrscheinlich den Effekt, dass wenn sich jemand infizieren sollte, dann infiziert er sich mit weniger Viren. „Er bekommt so vielleicht eine Infektion, aber mit sehr wenigen Symptomen“, so Streeck weiter.

Das sei eine Erkenntnis der Virologie: „Wenn man viele Viren aufnimmt, hat man eine schwere Symptomatik, wenn man wenig Viren aufnimmt, hat man nur eine leichte Symptomatik. Die Dosis macht das Gift.“

These Nr. 4: „Das Coronavirus stammt aus einem Labor in China“

Hendrik Streeck zufolge ist es sehr unwahrscheinlich, dass das Virus aus einem Labor stamme. Solche Forschungsstränge würde seines Wissens nach überhaupt nicht verfolgt, weil das viel zu gefährlich sei. Zudem könne man überhaupt nicht sagen, ob ein Virus aus der Natur komme oder künstlich hergestellt wurde.

Zudem seien auch in den Laboren in China Hochsicherheitsschleusen eingebaut, die ein versehentliches Freisetzen verhindern.

Streeck: „Daher halte ich es für extrem unwahrscheinlich, dass so etwas passiert ist, aber man kann es natürlich nicht beweisen. Genauso wie man das Gegenteil nicht beweisen kann.“

These Nr. 5: „Junge und fitte Menschen bekommen sowieso nur milde Symptome“

Nach der Statistik sei es zwar richtig, dass junge und fitte Menschen keine oder nur milde Symptome haben. „Es kann aber immer sein, dass auch junge Menschen und fitte Menschen sehr schwere Symptome haben oder sogar daran versterben. Das haben eben auch mehrere Fälle bereits gezeigt.“ (jv)