Kampfjogger oder Kassenschlangen-TrottelDas sind die Feindbilder in der Corona-Krise

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„Kampfjogger“ zählen in der Corona-Krise zu den Feindbildern der Bevölkerung. Das Symbolbild entstand am 05. April 2020 an der Außenalster in Hamburg.

Köln – In Zeiten der Corona-Pandemie mit Ausgangsbeschränkungen und Abstandsempfehlungen wirken Nudel- und Klopapier-Scherze fast schon wie von gestern.

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Längst sind neue Feindbilder entstanden. Eine Auswahl mit Augenzwinkern:

Kampfjogger: Viele schildern Erlebnisse mit Joggern, die an ihnen vorbeipreschen und ohne jedes Problembewusstsein rumkeuchen. Die „taz“ polemisierte: „Sie sind die SUVs unter den Fußgängern.“ Sogenannte Kampfjogger schauten beim Laufen nicht nach links und rechts. „Wenn sie eng an Spaziergängern vorbeirauschen, spüren diese den Windhauch einer überlegenen Lebensform.“ Der SUV unter den Fußgängern sei kein Asket, der beim Laufen zu sich selbst komme, sondern wolle „in seinem optimierten Dasein wahrgenommen werden“.

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Jammerlappen: Mancher sieht zurzeit ein Gejammer auf hohem Niveau unter der Stuckdecke des Altbaus. „Klar, mit den Kindern ist es gerade schwierig. Tägliches Homeoffice plus Ersatzkita/Ersatzschule in einer Wohnung, das ist Stress“, schrieb Jochen-Martin Gutsch beim „Spiegel“. „Trotzdem möchte ich manchmal sagen: Bitte nicht jammern oder beschweren. Heult leise.“ Anscheinend sei in der Krise einigen ein bisschen die Relation verloren gegangen. „Das Gefühl für das eigene, sehr privilegierte Leben.“ Es fehle den meisten an wenig bis gar nichts, außer dass sie zu Hause sitzen müssten. „In unserem warmen Homeoffice, von dem wir vor Corona gern geträumt haben.“

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„Kassenschlangentrottel“ gehören zu den Hassobjekten in Corona-Zeiten. Unser Symbolbild ist im März 2020 in einem Stuttgarter Supermarkt entstanden.

Kassenschlangen-Trottel: Anderthalb bis zwei Meter Abstand in der Schlange an der Supermarktkasse? Immer noch Fehlanzeige bei manchen. Im übertriebenen Klischee regen sich solche Leute dann am Telefon - Kassierer gern wie Lakaien behandelnd - noch darüber auf, dass andere Leute in dieser Krise so dumm seien. Dabei bemerken sie nicht, dass der Abstand zur Person vor ihnen nur noch 30 Zentimeter beträgt.

Verschwörungstheoretiker: Sie posten bei Facebook oder leiten via WhatsApp weiter - ganz unschuldig tuend mit dem Kommentar „Spannende Sichtweise“, „Fundstück“ oder „Lesen und selbst entscheiden!“. Meist läuft es darauf hinaus, dass alle Virologen und natürlich die Medien verblendet sind außer einem bestimmten Außenseiter. Die Regierungen haben sich außerdem gegen ihre Bevölkerungen verschworen und wollen sie ruinieren. Das Gute: Wer einem jetzt mit Blödsinn auffällt, muss ja nach der Krise nicht mehr zum Bekanntenkreis gehören.

Krisenverkitscher: Sauberere Luft und Gewässer, weniger Konsum, keine Angst, mehr etwas zu verpassen, weil ja eh alles ausfällt - viele wollen der Corona-Krise etwas Positives abgewinnen. Manche sehen in der Krise und dem Virus auch einen Weckruf für mehr Bescheidenheit oder Klimaschutz. Die Pandemie zu einer Rache der Natur oder gar Gottes oder einer Erweckungsbewegung umzudeuten und die Zeit danach utopisch aufzuladen, führt aber schnell zu politisch fragwürdigen Fantasien - Motto: Kampf der Überbevölkerung oder gegen eine angeblich schuldige Menschengruppe.

Ungenierte Influencer: Oliver Pocher führte einen Kampf via Instagram gegen Influencer, die während der Corona-Krise weitermachten wie bisher und zum Beispiel sinnlose Produkte bewerben. Abgesehen von der Werbung für zum Beispiel überteuerte Fitness-Produkte regte sich Pocher vor allem darüber auf, dass viele Influencer bei ihrem Geschäftsgebaren auch ihre kleinen Kinder vorführen.

Denunziant: In überspitzter Form stehen sie auf dem Balkon und weisen Passanten beim Spazierengehen zurecht: „Das ist aber keine Kernfamilie“, „Dieser Abstand ist zu gering, ich rufe die Polizei“. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) empfiehlt derweil, Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkungen „in einem höflichen Miteinander“ erst einmal im Privaten anzusprechen. (dpa)