Corona-Krise besiegelt sein SchicksalAnfang und Ende des Airbus A380

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Geparkt in Frankfurt: Alle A380 der Lufthansa sind derzeit am Boden. Bereits vor der Krise hatte Lufthansa mit Airbus vereinbart, dass Airbus zu einem ungenannten Preis ab 2022 sechs der 14 an Lufthansa gelieferten Maschinen zurücknimmt.

von Marie Schäfers (mjs)

Frankfurt – Er ist ein Gigant, ein König der Lüfte, mächtig, gut aussehend, ein Wunderwerk der Technik und der Stolz der europäischen Luftfahrtindustrie: Der Airbus A380.

Vor 15 Jahren startete der Megaflieger zu seinem Erstflug in Toulouse, zum 15. Geburtstag gibt es aber nichts zu feiern. Der Riese ist in der Krise – und die Corona-Pandemie könnte ihm jetzt den Todesstoß versetzen.

Die A380-Flotte bleibt am Boden

Er ist der weltgrößte Passagierjet, doch der A380 bereitet seinen Betreibern keine Freude mehr. Auf dem Frankfurter Flughafen ist Ende März letztmals für lange Zeit eine A380-Linienmaschine der Lufthansa gelandet.

Wegen der zusammengebrochenen Nachfrage in der Corona-Krise hat das Unternehmen seine Flotte mit 14 Flugzeugen dieses Typs auf unbestimmte Zeit an den Drehkreuzen Frankfurt und München geparkt.

A380 ist erst seit zehn Jahren bei der Lufthansa in Betrieb

Es ist der Anfang vom Ende. Das kommt jetzt beschleunigt. Seit 2010 zählt der Prestigeflieger zur Flotte der Lufthansa. Ihren ersten Langstreckenflug mit Passagieren absolvierte die A380 „Frankfurt am Main“ nach Südafrika, um die Fußballnationalmannschaft zur Weltmeisterschaft zu bringen.

Der erste Lufthansa-Linienflug ging am 11. Juni 2010 nach Tokio. Gerade mal zehn Jahre im Linienbetrieb, für ein Flugzeug nicht gerade viel.

Airbus A380: Überzeugt etwa die Technik nicht?

Nein, Piloten sind vom A380 nach wie vor angetan (genau wie Passagiere und Flugzeugnerds). So sagt Lufthansa-Kapitän Uwe Harter: „Es ist faszinierend, wie agil sich eine A380 fliegen lässt. Im Vergleich zu älteren Airbus-Modellen haben die Ingenieure noch einmal einen enormen technologischen Sprung geschafft.“

Vielflieger Torsten Gründer lobt den Komfort: „Ruhe, Platz, Raum – von allem hat sie ein bisschen mehr.“ Kein Jet liegt zudem so ruhig in der Luft.

Die wahren Probleme des Giganten

Sie sind eher im kommerziellen Betrieb zu suchen. 509 Sitze in der Lufthansa-Konfiguration – oder mehr als 800 Plätze in durchgehender Economy-Bestuhlung – müssen erstmal mit Buchungen gefüllt werden.

Die Airbus-Idee, die großen Interkontinental-Maschinen an Drehkreuzen mit etlichen Zubringerflügen zu füttern, ging nicht auf. Das Konzept lohnt sich nur auf sehr wenigen Strecken zwischen Metropolen.

Attraktivere Konkurrenz

Neue Langstreckenflugzeuge wie der sparsamere A350 sind attraktiver. Direktverbindungen kommen bei Passagieren besser an als das Umsteigen an Hubs. Airbus konnte für den A380 nur 251 Bestellungen einsammeln, von denen bereits 242 ausgeliefert sind. Im Februar 2019 kam die Produktionseinstellung.

Wie schlecht sich der A380 rechnet, zeigt das Beispiel von Singapore Airlines: Dort hat man zwei Maschinen bereits abgewrackt. „Die A380 war noch nie das profitabelste Fluggerät“, sagt der Airborne-Berater Gerald Wissel. Es werde zwar auch nach der Corona-Krise noch Strecken geben, auf denen sich ein Einsatz rechnet.

Aber eben weniger als vor Corona. Ob die Lufthansa nochmal mit dem A380 in die Luft geht: fraglich. Den vorerst letzten A380-Linienflug absolvierte am 29. März die Maschine „Delhi“, seit 2015 im Dienst. 25.200 Flugstunden auf der Uhr. Ein junger Flieger, der bald in Rente sein könnte.

Die Triebwerke des Giganten

Der A380 ist ein vierstrahliges Flugzeugmodel, hat also vier Triebwerke. Das macht ihn nicht gerade zum kerosin-genügsamsten Flieger, zweistrahlige Jets verbrauchen weniger. Seine vier Triebwerke erzeugen je 70.000 Pfund Schub, was etwa der Antriebskraft von rund 3500 Autos entspricht.

Nur die Triebwerke an den inneren Flügelpositionen haben Schubumkehr, die äußeren hängen auf Start- und Landebahnen schon über den Rasenflächen. Würde dort eine Schubumkehr aktiviert werden, würde das Erdbrocken und Steine aufwirbeln, die das Flugzeug beschädigen könnten.

Airbus A380: Das Fahrwerk

Besteht aus einem Bugfahrwerk, zwei Rumpffahrwerken und zwei Tragflächenfahrwerken, die den Tiefdecker (Flugzeuge mit an der Unterseite des Rumpfes angeordneten Tragflächen) am Boden tragen. 22 Räder schultern das Gewicht von 560 Tonnen (Startgewicht).

Die Kabine des A380

Das größte Novum: Das durchgehend doppelstöckige Passagierdeck. Im A380 haben bis zu 853 Passagiere Platz. Da in beiden Stockwerken zeitgleich geboarded werden kann, musste an den Flughäfen entsprechend die Infrastruktur umgerüstet werden. Das ist bis heute nicht an allen Flughäfen geschehen.

Die Planungen für den A380 begannen 1995, im Jahr 2000 fiel der offizielle Startschuss, 2005 dann der Erstflug. Auf dem großen Foto ist die charakteristische „hohe Stirn“ des A380 durch die Perspektive der Aufnahme nicht so gut zu erkennen.

Größenvergleich der Flieger

Der Airbus A380-800 hat eine länge von knapp 73 Metern, ist 24 Meter hoch und hat eine Spannweite von knapp 80 Metern. Die Konkurrentin Boeing 747-8 ist tatsächlich noch etwas länger, hat aber eine geringere Spannweite und kann weniger Passagiere transportieren (605 in der Maximalvariante).

Auch bei der Reichweite kann die 747 dem A380 nicht das Wasser reichen (14800 zu 15200 Kilometer). Zum Vergleich sind in der Grafik rechts noch drei weitere Giganten angegeben: Die Antonov An-225, das größte Frachtflugzeug der Welt, die Hughes H-4, ein Flugboot aus dem Jahr 1947 und die Scaled Composite Stratolaunch, ein Flieger mit einer Spannweite von 117 Metern, der als Startplattform für Trägerraketen fungieren soll (Erstflug 2019).

Und was ist mit dem Kultflieger Boeing 747?

Einer anderen Ikone der Luftfahrt geht es auch an den Kragen. Die legendäre 747 (die Schönheit mit dem Buckel, Erstflug am 9. Februar 1969), direkte Konkurrentin des A380, ist ebenfalls auf dem Sinkflug. Auch sie zählt mit ihren vier Triebwerken zu den verbrauchsungünstigen Jets wie die A380 und A340. Immer mehr Airlines mustern sie aus.

Boeing hatte sich schon vor Jahren skeptisch gezeigt, was ganz große Flieger angeht – und keinen Nachfolger des eigenen Jumbos 747 mehr geplant. In der Corona-Krise sind auch viele der Jumbos (feierten 2019 ihren 50. Geburtstag) auf dem Boden.

Die Fertigung der Passierversion der 747-800 ist schon eingestellt, es werden noch ein paar Frachtvarianten in den USA gefertigt, dann ist auch für diesen optisch so schönen Giganten Schluss. Bei der Lufthansa feiert die 747 gerade eigentlich Jubiläum.

Am 26. April 1970 startete die Kranichlinie ihren ersten 747-Linienflug – also genau vor 50 Jahren. Es ging nach New York. Bereits am 15. April 1970 war der erste Jumbo in Frankfurt am Main gelandet.