10.000 bei Corona-Demo in Stuttgart„Tagesschau“ muss Schalte nach Attacke abbrechen

Liveschalte der Tagesschau während Corona-Demo

Eine Live-Schalte der „Tagesschau“ bei der Corona-Demo in Stuttgart (3. April) musste abgebrochen werden.

von Sebastian Oldenborg (so)

Stuttgart – Mehr als 10.000 Menschen – größtenteils ohne Masken und Abstand – haben nach Angaben der Polizei am Karsamstag in Stuttgart bei einer Kundgebung der „Querdenken“-Bewegung gegen die Corona-Politik demonstriert. Ein Team der „Tagesschau“ wurde von Demonstranten derart bedrängt, dass eine Live-Schalte abgebrochen werden musste.

  • Querdenken-Demo in Stuttgart: Mehr als 10.000 Teilnehmer
  • Corona-Demo: Menschen halten sich nicht an Hygieneregeln
  • Journalisten bei Demo attackiert, Live-Schalte muss abgebrochen werden

Uwe Lahl vom baden-württembergischen Gesundheitsministerium kritisiert, dass es angesichts der dritten Corona-Welle überhaupt zu dieser Demonstration kommen konnte: „Ich verstehe nicht, dass die Stadt sich sehenden Auges in diese Situation manövriert hat.“

Die Stadt hatte sich gegen ein Verbot entschieden. Wie solle man der Bevölkerung erklären, dass sich an den Osterfeiertagen nur fünf Menschen aus zwei Haushalten treffen dürften, während Tausende Demonstranten ohne Maske und ohne Mindestabstand durch die Stadt zögen, meinte hingegen Lahl. „Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut, aber in einer Pandemie gibt es auch dafür Grenzen.“

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Unmut über Querdenken-Demo in Stuttgart

In den sozialen Netzwerken im Internet machte sich ebenfalls Unmut breit angesichts der Bilder eng beieinander stehender Menschen – teils ohne jeglichen Mund-Nasen-Schutz. Eine Twitter-Nutzerin fragte beispielsweise, wie sie ihren Schülern erklären solle, „dass sie bei Treffen mit drei Freunden Bußgelder im dreistelligen Bereich zahlen müssen, Corona-Leugner sich aber von der Polizei geschützt zu Hunderten ohne Maske und Abstand durch die Stadt bewegen dürfen?“

Querdenken-Demo in Stuttgart

Mehr als 10.000 Menschen haben an der Corona-Demonstration in Stuttgart am 3. April 2021 teilgenommen.

Der Stuttgarter Polizeisprecher Stefan Keilbach sagte: „Das ist keine befriedigende Situation für uns als Polizei.“ Auf der einen Seite stehe die Versammlungsfreiheit, auf der anderen der Infektionsschutz. Damit sich nicht noch mehr Menschen auf dem Gelände drängten, seien die Beamten nicht eingeschritten.

Querdenken-Demonstration in Stuttgart: keine Masken, keine Abstände

Die Polizei war seit dem Vormittag mit Hunderten Kräften an verschiedenen Orten in der Innenstadt im Einsatz, weil zehn teils unterschiedliche Kundgebungen angemeldet worden waren.

Während der Demonstration hielten sich die meisten Menschen nicht an die vorgeschriebenen Abstandsregeln und trugen keinen Mund-Nasen-Schutz. Auf die Frage, ob Menschen, die auf dem Weg zum Wasen waren, Masken trugen, sagte Sprecher Keilbach: „Ich sehe hier 20 Leute mit Masken, und das sind Polizisten.“

Journalisten bei Demonstration attackiert, Live-Schalte abgebrochen

„Der Polizei liegt ein Video vor, wonach mutmaßlich ein Journalist offenbar von einem Aufzugsteilnehmer geschlagen wurde. Die Ermittlungen hierzu dauern an“, erklärte die Polizei zu einem weiteren Vorfall am Rande der Demonstration.

Auch ein Team von „Tagesschau24“ wurde von Demonstranten angegangen. Die Reporter wurden beschimpft und bepöbelt, dann wurden offenbar auch Steine geschmissen, wie das Video einer Live-Schalte zeigt, die daraufhin abgebrochen wurde.

Der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall erklärte, wieder einmal hätten die selbsternannten Querdenker keine Hemmungen, Berichterstatter als Ziel ihrer Wut anzugreifen. „Wütend macht mich die offensichtliche Untätigkeit der Polizeibeamten, die nichts für den Schutz unserer Kolleginnen und Kollegen unternehmen.“

Der Verband wolle wissen, warum Journalisten nicht ausreichend geschützt würden. „Was muss eigentlich noch passieren, bis die Sicherheitskräfte erkennen, dass Journalistinnen und Journalisten in Deutschland nicht mehr frei berichten können?“

Das Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg beobachtet die „Querdenken“-Bewegung. Zuletzt hatte am 20. März eine Demonstration in Kassel mit mehr als 20.000 Menschen für Schlagzeilen gesorgt – erlaubt waren nur 6000. Es kam zu teils gewalttätigen Auseinandersetzungen. (so)