Immer mehr Opfer melden sichDer Düsseldorfer Rotlicht-Sumpf

Ein Nobelzimmer im Club auf der Rethelstraße. Hier zahlt der Freier bis zu 1000 Euro die Stunde.

Ein Nobelzimmer im Club auf der Rethelstraße. Hier zahlt der Freier bis zu 1000 Euro die Stunde.

Düsseldorf  – Nach der großen Rotlicht-Razzia an der Rethel- und Worringer Straße. Immer mehr ausgenommene Freier meldeten sich am Mittwoch bei einer extra eingerichteten Hotline der Kripo. „Wir haben zahlreiche Anrufe von Geschädigten bis aus den USA. Das Dunkelfeld scheint unfassbar groß“, sagt ein Polizeisprecher.

Der Vorwurf: Kunden sollen mit K.o.-Cocktails, Kokain und Amphetaminen willenlos gemacht worden sein, ihre Konten um 100.000 Euro geplündert. „Dass es unter den bislang 17 Opfern keine Todesfälle gab, ist ein Wunder“, so die Ermittler über die Betäubungstricks.

Der Rotlicht-Sumpf: Mittwoch wanderten zehn Beschuldigte in Untersuchungshaft. Die Tatvorwürfe: Raub, bandenmäßiger Betrug, Erpressung, Computerbetrug, gefährliche Körperverletzung.

Alles zum Thema Bert Wollersheim

Als Erste schickte der Richter „Puff-Daddy“ Berti Wollersheim (61), seinen „Chef“ Thomas M. (47) sowie Geschäftsführerin Inka S. (40) ins Gefängnis. Sie sollen die Köpfe der Bande sein.

Thomas M., so Staatsanwalt Christoph Kumpa, „ist für uns der Drahtzieher, unser Hauptbeschuldigter“. Damit der keinen Kontakt zu Mittätern aufnehmen kann, wurde er am Mittwoch sofort in den Kölner Knast verlegt.

M. ist ein alter Bekannter im Milieu. Begonnen hatte er als Türsteher, bis Bert Wollersheim ihn an die Rethelstraße holte. Dort soll er er dann zum eigentlichen Chef aufgestiegen sein, für 4 Mio. Euro die Immobilie und dazu noch das Erotik-Hotel „La Viva“ an der Worringer Straße gekauft haben. Er hielt sich immer im Hintergrund, galt aber als der „Harte“.

Wollersheim saß in den 70er Jahren eine Gefängnisstrafe wegen erpresserischen Menschenraubs ab. Er hatte einen Konkurrenten entführen lassen. In der Rethel-Dynastie war er später den „Außendarsteller“, tourte als skurriler „Puff-Daddy“ durch die TV-Sender, sollte die Rethelstraße gesellschaftsfähig machen.

Was ihm auch gelang. Promis aus ganz Deutschland tranken gern bei ihm ein Glas Champagner. Fanden es cool, in seiner Nähe zu sein.

Sein Bonner Anwalt Carsten Rubarth: „Der Haftbefehl gegen Herr Wollersheim ist mit ganz heißer Nadel gestrickt. Es gibt kein konkretes Beweismittel gegen ihn. Die Staatsanwaltschaft geht doch eher davon aus, dass Servicekräfte und die Mädchen die Taten zum Nachteil der Freier initiiert haben. Die einzige Beschuldigung der Staatsanwaltschaft gegen Herr Wollersheim: Er soll davon profitiert haben. Was zu beweisen wäre.“

Die ebenfalls verhaftete Inka S., Geschäftsführerin, kam nach der Wende aus der DDR, soll sich in den Rethel-Clubs bis in die Geschäftsführung hochgearbeitet haben.

„Normale“ Liebesdienste in den Clubs der Rethelstraße kosten 300 Euro die Stunde. Bei „speziellen“ Zimmern werden 1000 Euro fällig. Eine Flasche Schampus kostet 220 Euro. Es gibt aber auch Sondereditionen für 18 000 Euro.