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Der SS-Folterkeller von der KöZeitzeugen berichten, was damals im Banktresor geschah

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Nach der Bombardierung 1944/1945: Hier war der Folterkeller (roter Kreis) in einem Banktresor. Rechts die Zeichnung des Kellers vom Opfer Klara Schabrod.

Düsseldorf – Ein Keller auf der prachtvollen Königsallee hat ein düsteres und erschütterndes Geheimnis. Nichts weist heute mehr darauf hin, dass damals, seit 1933, in einem später zerbombten Banktresor Menschen gefoltert wurden. Auf der Suche nach Nazi-Willkür fand EXPRESS das dunkle Kapital eines Folterkellers, wo SS-Leute Opfer blutig peitschten und in den Tod trieben.

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Die feine Königsallee heute.  Was damals in dieser Häuserzeile geschah, daran erinnert nichts mehr.

Die Gräuel-Taten unter den teuflischen SS-Runen: Keine Gedenktafel, keine Stele, kein Stolperstein. Die berühmte Königsallee versteckt hinweislos eine dunkle Vergangenheit hinter einer wulstigen Fassade, wo heute edle Kleidung verkauft wird. Parfumduft weht heraus auf die Kö.

Das einst zerbombte Haus gibt es längst nicht mehr. Es wurde neu aufgebaut. Die Eigentümer sind andere. Viele Meter tiefer im Keller, vor 83 Jahren, spritzte unter den Folterern das Blut, und die Schreie wurden von dicken Tresorwänden verschluckt. 

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Nicht, dass die Stadt den grauenhaften Ort vergessen hat. In dem bedrückenden Buch „Macht und Pracht“ der „Mahn- und Gedenkstätte“ (Autorin Hildegard Jakobs) wird an den Folterkeller an der Kö 17 erinnert. Aber das war es dann auch.

Blutig geschlagen im Tresor

Zeitzeugin und Opfer Klara Schabrod, geborene Mathies (damals 30), die mit ihrem Mann Klaus Schabrod im kommunistischen Widerstand aktiv war: „Ich wurde von SA-Leuten aus der Wohnung geholt, in den Folterkeller verschleppt und grausam misshandelt. Da waren Tresorschränke. Sie öffneten einen der Schränke und acht bis zehn blutig geschlagene Leute kamen heraus.“

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Klara Schabrod wurde im Keller an der Kö 17 gefioltert, sie überlebte und starb 1999.

Klara überlebte wie durch ein Wunder und berichtet weiter, wie die „SS-Schergen mit Ochsenriemen auf fünf an der Wand gekettete Gefangene einschlagen bis Blut fließt und die Männer zusammenbrechen.“

Zeitzeugin Luise Paul berichtet über ihren Verlobten Hugo wie sie ihn aus Gerresheim in den Folterkeller verschleppten, „furchtbar“ misshandelten, weil er nicht bereit war, die Namen seiner (kommunistischen) Genossen preiszugeben.

Viele Gefolterte kamen in Konzentrationslager

Viele den Nazis „missliebige Gestalten“, auch wenn sie keine Kommunisten waren, landeten im Kö-Folterkeller der SS. Viele davon kamen in Konzentrationslager. So war es auch in der Reuterkaserne. Auch dort wurde gefoltert.

Bezirksbürgermeisterin Marina Spillner (SPD) zum EXPRESS: „Wir müssen diese historischen Ereignisse im öffentlichen Raum sichtbar machen. Wissen statt Vergessen ist für mich ein politischer Auftrag. Ich werde mich dafür in unserem Arbeitskreis 'Erinnerung' einsetzen als Mahnung für die Gegenwart.“

Bezirksbürgermeisterin will Erinnerungstafel

Bastian Fleermann, Leiter der Düsseldorfer Mahn – und Gedenkstätte, die in Ausstellungen an der Mühlenstraße die Vergangenheit nicht vergessen lässt: „Ich bin ebenfalls sehr dafür, an der Kö eine Erinnerungstafel aufzustellen, die an diesen Folterkeller und alle Opfer der Nazis auf der Kö erinnert.“

EXPRESS fand heraus, dass es eine Erinnerungstafel an der Kö 17 gab, die aber nach Umbauten in diesem Bereich spurlos verschwunden ist. Eine unlesbare Gedenktafel an der Reuterkaserne, in der ebenfalls gefoltert wurde, wird erneuert.

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An der Kö 17: SS-Truppführer Otto K. von der Standarte 20. Er soll 1945 von Amerikanern im KZ exekutiert worden sein. 

Das waren die SS-Schergen

Das Gebäude in dessen Keller  ab 1933 gefoltert worden war, beherbergte  damals die „Mitteldeutsche Creditbank“, später auch die „Trinkaus-Bank“ (ab  1938).

Im Keller  befanden sich gewaltige Tresorräume, die die SS für sich beschlagnahmte, weil sie so  dicke Wände hatten.  1934 hatten die Nazis die Königsallee in „Albert-Leo-Schlageter-Allee“ umbenannt (1945 hieß sie wieder Königsallee)

Auf der Suche nach den Besitzern entdeckte EXPRESS in einem Adressbuch von 1934  auch die Namen der SS-Schergen, die zuvor  niemals bekannt wurden: SS-Standarte 20: Otto K., SS-Truppführer, Wilhelm A., SS-Scharführer, Heinz W.,  SS-Nachrichtenführer, Erich R., SS-Standartenführer (die vollen Namen sind hier abgekürzt mit Rücksicht auf noch lebende Angehörige).

 Als die SS-Schergen merkten, dass ihre Namen abgedruckt waren, verboten sie  sofort, diese Namen im Adressbuch 1935 zu wiederholen. In einem Widerstands-Dokument aus Polen fand EXPRESS ein Foto des obersten SS-Schergen Otto K., der am Kriegsende von Amerikanern in Dachau exekutiert worden sein soll. Nach einer anderen Darstellung soll er sich 1945 das Leben genommen haben.