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Kollaps bei Hitze-MarschSoldat klagt gegen Bund – Bonner Richter mit klarer Ansage

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Der 33-jährige Bundeswehrsoldat steht beim Prozessauftakt vor dem Bonner Landgericht neben seiner Anwältin Anna Altmann. 

von Iris Klingelhöfer (iri)

Bonn – Es waren mehr als 30 Grad, als ein Soldat bei einem Geländelauf in praller Sonne zusammenbrach... Am Mittwoch (7. Oktober) wurde der Fall vor dem Bonner Landgericht verhandelt. Und schnell war klar: Die Gegenseiten können sich nicht direkt auf einen „Friedenspakt“ einigen. 

Der Soldat (33) hat den Bund auf insgesamt 60.000 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagt. 2016 war der damalige Hauptfeldwebel bei einem Bundeswehr-Lehrgang in Hammelburg kollabiert. Dem Bund – als Dienstherrn des Verteidigungsministeriums – wirft der 33-Jährige eine Amtspflichtverletzung vor, da zu wenig Trinkpausen möglich gewesen seien. „Das war schon ein sehr, sehr straffes Programm“, erzählte er vor Gericht. 

Am Mittwoch blieb der Streit jedoch zunächst ohne Einigung. Zugleich wies Richter Stefan Bellin den Kläger auf seine vorläufige Einschätzung der Lage hin: Wenn alles stimme, was er vortrage, sei grundsätzlich eine Amtspflichtverletzung des Bundes denkbar. Er meine aber, dass das Mitverschulden des erfahrenen Soldaten mindestens 50 Prozent betrage. 

Das Gericht vertagte den Fall bis Ende November. 

Klage vor Bonner Landgericht: Soldat 2016 bei Einzelkämpfer-Lehrgang kollabiert

Der 13. September 2016 war ein höllisch heißer Tag. 30 Grad im Schatten verzeichnete das Thermometer am Ausbildungszentrum der Infanterie im fränkischen Hammelburg.

Die hitzigen Temperaturen brachten auch die trainierten Teilnehmer eines Einzelkämpferlehrgangs an die Leistungsgrenzen. Für den Kläger (damals 29) endete dieser freiwillige Leistungstest (als Voraussetzung zum Führen eines Jagdkommandos) mit einer gesundheitlichen Niederlage.

Während eines Geländemarsches kollabierte er, musste mit einem Hubschrauber in eine Klinik geflogen und operiert werden. Auch nach seiner Gesundung im Februar 2017 konnte der ausgebildete Wehrflieger und Fallschirmspringer ein halbes Jahr nicht mehr in den Einsatz gehen. Er wurde in den Innendienst einsetzt.

Klage vor Bonner Landgericht: 33-Jähriger will alleine 50.000 Euro Schmerzensgeld

Fast vier Jahre später verklagte der heutige Hauptfeldwebel die Bundesrepublik Deutschland auf insgesamt 60.000 Euro Schadensersatz, davon allein 50.000 Euro Schmerzensgeld.

Der Kläger wirft dem Ausbilder vor, er habe vorsätzlich gehandelt, als er an dem besonders heißen Tag nach einem Gepäcklauf mit zehn Kilogramm Gewicht noch einen drei Kilometer langen Rückmarsch angeordnet hatte.

Nach der Hälfte der Strecke habe der Soldat, wie andere Teilnehmer auch, einen Kräfteeinbruch erlitten. Dennoch wurde der Marsch nicht abgebrochen. Im Gegenteil: Die Teilnehmer wurden laut Kläger aufgefordert, Anschluss zu halten. Zudem wurden weitere Extrarunden befohlen, sodass der Marsch sich – künstlich – auf 4,5 Kilometer verlängert habe.

Klage vor Bonner Landgericht: Kläger erlitt Überhitzung, musste operiert werden

Wegen der extremen Hitze und mangelnder Trinkpausen dehydrierte der Kläger und sein Körper erlitt eine Überhitzung. Darüber hinaus zog er sich eine Verhärtung und Lähmung (Kompartmentsyndrom) am Oberschenkel zu. Diese mussten notfallmäßig operiert werden. Die Gesundheitsschäden, so der Soldat, seien für den Ausbilder erkennbar gewesen.

Der verklagte Bund geht davon aus, dass die Ansprüche des Klägers durch das Soldatenversorgungsrecht abgedeckt seien. Nur wenn ein vorsätzliches Verhalten des Ausbilders vorliegen würde, könne er weitere zivilrechtliche Ansprüche einklagen. Aber das, so heißt es in der Klageerwiderung, liege keinesfalls vor: Der heute 54-jährige Ausbilder habe damals keine truppendienstlichen Vorschriften zur Verhinderung von Kälte- oder Hitzeschäden verletzt.

Klage vor Bonner Gericht: Laut Ausbilder hätte Soldat Marsch jederzeit abbrechen können

Vielmehr habe er an diesem Tag wiederholt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass alle Teilnehmer ausreichend mit Wasser versorgt seien. Schließlich hätte auch der Kläger – immerhin ein erfahrener Soldat, der gewusst habe, worauf er sich einlasse – jederzeit den Marsch abbrechen können. Ein Begleitfahrzeug hätte dafür zur Verfügung gestanden.

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Ein Strafverfahren gegen den Ausbilder wegen fahrlässiger Körperverletzung wurde vor dem Amtsgericht Kissingen bereits gegen eine Geldauflage von 2400 Euro eingestellt.

Jetzt muss die Erste Zivilkammer des Bonner Landgerichts über den heißen Fall entscheiden. Dieses ist zuständig, weil das Verteidigungsministerium seinen ersten Dienstsitz Hardthöhe nach wie vor in der ehemaligen Bundeshauptstadt hat. (iri, ucs, mit dpa)