„Die Tour meines Lebens”Soldat aus Rheinbach radelt 1865 km durch die Vergangenheit

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Ziel erreicht: Nach 21 Tagen auf dem Sattel kam der Rheinbacher Soldat bei seinem aktuellen Arbeitsplatz, dem Bundessozialwerk in Bonn an.  

Rheinbach/Bonn – 1865 Kilometer auf dem E-Bike quer durchs Land: Dirk Draewe (54) radelte vom Rheinland über Hessen und Bayern bis runter an den Bodensee und wieder zurück. „Die Tour meines Lebens”, nennt der Rheinbacher seine emotionale Reise durch die Vergangenheit. Denn dabei klapperte er alle Orte ab, die für ihn wichtig waren. 

Dabei standen für den Berufssoldaten zunächst Kasernen auf dem Programm. „Erst wollte ich nur meine Dienststellen abfahren, dann habe ich noch alle Wohnorte dazu gepackt”, erzählt der 54-Jährige nach seiner Rückkehr. 21 Tage war er unterwegs.

„Die Tour meines Lebens”: Wie kam Rheinbacher auf die Idee?

Auf die Idee brachte ihn ein Pärchen, das er Im Ungarn-Urlaub kennenlernte. „Die lebten in der Türkei und waren unterwegs zu ihrer holländischen Familie: Der Mann fuhr mit dem Rad, seine Frau begleitete ihn mit dem Auto.” Draewe war sofort begeistert. 

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Am 25. Juli schwang er sich selbst in den Sattel. Nach einigen Zwischenetappen stand er fünf Tage später am Grab seiner Eltern in Alsleben – von Emotionen überwältigt. 

Rheinbacher radelt 1865 km: emotionaler Moment am Grab der Eltern

Später schrieb der Soldat in sein Reisetagebuch: „Schon auf dem Weg zum Friedhof überkam mich ein komisches Gefühl der Trauer und am Grab schließlich unendliche Trauer und das nach fast 13 Jahren.”

Kurzerhand änderte Dirk Draewe seine geplante Route: Er wollte nun auch alle alten Bekannte und Freunde besuchen. Man wisse schließlich nie, ob es das letzte Mal sei. 

Draewe arbeitete lange in der Kampftruppe. Für den Job musste er drei Mal umziehen. In Bayern klapperte der Soldat seine alten Arbeitsplätze in Hammelburg und Roding ab und besuchte alte Bekannte wie seine Schulfreundin Bettina in Neunkirchen.

Rheinbacher radelt durch Vergangenheit: Kindheitserinnerungen

Ein besonderer Moment war laut Draewe ein Ausflug ganz in den Süden Deutschlands, in seine Kindheit in Konstanz. Der Rheinbacher fuhr einfach mit einem alten Foto zum ehemaligen Haus seiner Familie und klingelte.

„Das Foto war meine Eintrittskarte. Die neuen Eigentümer freuten sich total und luden mich gleich zum Essen ein”, sagt Draewe. Auf dem alten Foto steht er als kleiner Junge mit Hund auf der Terrasse vor dem Haus. „Das Bild haben wir dann nachgestellt”, erzählt er.

Ganz Soldat: Rheinbacher führte Tagebuch auf Radtour

Erinnerungen kamen auch auf seinem alten Schulhof in Erlangen hoch. Draewe: „Da hat man die erste Kippe geraucht.” Der 54-Jährige führte genau Tagebuch und die Einträge wurden immer länger. Die Berichte veröffentlicht er auf seiner Homepage.

Rheinbacher radelt 1865 km: Hitze und skurrile Schlafplätze

Schnell stellte sich eine Routine ein: Zwischen 5.30 und 6.30 Uhr stand der Soldat auf, um nicht in der prallen Hitze zu fahren und gegen 16 Uhr das Etappenziel zu erreichen.

Draewes übernachtete auf Campingplätzen, in Pensionen und Kasernen, bei alten Bekannten, auf einer Obstplantage und neben einem Sportplatz.

In der Oberpfalz lud ihn ein Fremder in seine Fischerhütte ein: „Er hat dann auch dort übernachtet und wir haben noch ein paar Bierchen getrunken.”

Soldat aus Rheinbach schlief unter der Plane

Nach 600 Kilometern ohne Regen entsorgte er sein Zelt und schlief – ganz Soldat – unter freiem Himmel oder unter einer Plane. 

Und wo gefällt es Draewe am besten? Nach drei berufsbedingten Umzügen und seiner Radtour quer durchs Land, sagt er: „Jede Region hat ihre Schönheiten. Egal ob Oberpfalz oder Bayern. Wo die Familie wohnt, war für mich immer der zentrale Mittelpunkt.” Seit 2009 ist das Rheinland sein Zuhause.

Und so freute sich der Rheinbacher, als er auf dem Heimweg nach zweieinhalb Wochen in Bingen endlich wieder den Rhein sah.

Radtour: Rheinbacher konnte zur Ruhe kommen

Die Radtour war für Draewe auch eine Abschiedsreise: „Der Abschluss meines aktiven Berufslebens: Am 30. September gehe ich in Pension.”

Draewe konnte auf der Tour zur Ruhe kommen: „Ich war losgelöst, ohne Verpflichtungen und ohne Nachrichten, habe nur die Natur genossen.” Kurz nach seiner Rückkehr hat der Rheinbacher schon neue Pläne: Er will die Landkreise der Region abfahren und kennenlernen. (lmc)