Dringend Hilfe nötigSchülerin (15) rettet Großeltern bei Feuertragödie in Siegburg

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Nil Tanoglu (54) steht mit ihrer Tochter Beren Su (15) vor dem nicht mehr bewohnbaren Mehrfamilienhaus. 

von Iris Klingelhöfer (iri)

Siegburg – Ein verheerendes Feuer machte sie obdachlos, nahm ihnen zum Teil alles, was sie besaßen…  Nach dem Brand am Montag in einem Mehrfamilienhaus, Luisenstraße, sind die betroffenen Familien bei Familie, Freunden oder in Notunterkünften untergekommen – und blicken einem traurigen Weihnachtsfest entgegen. 

Auch die Stadt Siegburg treibt die Sorge um, wo die betroffenen Personen längerfristig unterkommen können – hat dazu eine Mailadresse eingerichtet, wo freie Wohnungen angeboten werden können. „Durch den Brand sind 33 Personen obdachlos geworden, 13 haben wir unterbracht, in Ferienwohnungen und Hotelzimmern, der Rest kam bei Familienangehörigen unter. Wir wissen um die Not der Brandopfer, die Renovierung wird wohl mindestens eine Jahr in Anspruch nehmen, in den temporären Quartieren können sie nicht dauerhaft bleiben.  Das Ordnungsamt steht in Kontakt mit den Betroffenen, auch das Sozialamt hat nach freiem Wohnraum gesucht. Bislang ohne Erfolg, da die Situation auf dem Wohnungsmarkt bekannter Weise angespannt ist. Wenn Eigentümer leerer Mietwohnungen helfen möchten, können sie sich unter brandluisenstrasse@siegburg.de melden“ erklärt Stadtsprecher Jan Gerull.

Michaela Bozai (38) wohnte mit ihrem kleinen Sohn (2) in einer der Dachgeschosswohnungen und hat alles verloren. „Möbel, Kleidung, Erinnerungsstücke – nichts konnte gerettet werden“, erzählt sie und kämpft mit den Tränen. „Mein Kleiner weint immer, will nach Hause…“

Feuertragödie in Siegburg: Mutter (38) trommelte mit Faust gegen Türen ihrer Nachbarn

Seit dem Brand leben sie bei ihrem Bruder auf insgesamt gerade mal 40 Quadratmetern. Aber auch das geht nur kurzfristig, dann muss sie woandershin. „Im März habe ich mein Mann an Krebs verloren – und jetzt bin ich auch noch ohne Zuhause“, sagt Michaela Bozai leise.

Die 38-Jährige war es, die am Montagvormittag das Feuer als eine der ersten bemerkte. Es war nahe ihrer Dachgeschosswohnung ausgebrochen, im Bereich einer Treppe, die zum Dachboden führte. Sie nahm ihr Kind und rannte schnell durchs Treppenhaus nach unten. Dabei alarmierte sie ihre Nachbarn, trommelte mit der Faust gegen deren Türen.

Auch Beren Su (15) wurde so gewarnt. Die Schülerin war mit ihren Großeltern (76, 77) alleine zu Hause – und reagiert sofort. Sie führte ihre Oma und ihren schwer krebskranken Opa, der auf ein Sauerstoffgerät angewiesen ist, nach draußen.

„Sie behielt die Ruhe“, erklärt Mutter Nil Tanoglu (54) stolz. Als sie wenig später von ihrer Arbeitsstelle kam, habe ihre Tochter bereits mit Freundinnen telefoniert und für die erste Nacht eine Unterkunft organisiert. „Sie ist meine Heldin.“

Feuertragödie in Siegburg: Ermittlungen zu Brandursache laufen auf Hochtouren

Am Mittwoch durfte die 54-Jährige kurz in ihre Wohnung im ersten Stock des Brandhauses, um Sachen zu holen.  Zwar ist dort nichts verbrannt, doch alles stinkt nach Qualm und ist klamm. „Was soll ich mitnehmen? Ich weiß doch nicht, wohin…“, sagt sie verzweifelt. Dort, wo sie untergekommen sind, müssen sie bald wieder raus. Nil Tanoglu sorgt sich besonders um ihre Eltern. Auch ihrer 76-jährigen Mutter gehe es nicht gut, sie habe COPD, eine chronische Lungenerkrankung.

Die Situation ist schlimm – für alle betroffenen Bewohner. Das Ordnungsamt kümmert sich, tut sein Möglichstes. Währenddessen laufen die Ermittlungen der Polizei zur Brandursache auf Hochtouren.

Das Feuer war am Montag (14. Dezember) gegen 11.40 Uhr im Dachgeschossdes Mehrfamilienhauses ausgebrochen. Bei Eintreffen der Feuerwehr brannte bereits der ganze Dachstuhl lichterloh. Der Einsatzleiter hatte schon auf der Anfahrt die Alarmstufe erhöht und die Drehleiter der Feuerwehr Troisdorf nachalarmiert.

Erst nach rund zwei Stunden war das Feuer endlich unter Kontrolle und gegen 17 Uhr endgültig gelöscht.

Die Wohnungen aller zehn Mietparteien wurden wegen des durchsickernden Löschwassers und des Rußaufschlages unbewohnbar. Insgesamt 33 Bewohner sind betroffen, 13 wurden vom Ordnungsamt in Ferienwohnungen und Hotels untergebracht, 20 kamen bei Familie oder Freunden unter. 

Besonders tragisch: Die Kripo kann eine Brandstiftung nicht ausschließen. Ein Sachverständiger wurde hinzugezogen. Bei dem Feuer entstand ein Schaden von mehr als 500.000 Euro. (iri)