Was Pendler im Rheinland nervt„Profitester“ checken Züge jetzt auf Herz und Nieren
Rheinland – Noch bis Ende nächster Woche werden die Pendler zwischen Köln und Bonn auf eine harte Probe gestellt. Die Bauarbeiten der Deutschen Bahn (DB) an den Oberleitungen sorgen für Zugausfälle – zwischen Bonn und Sechtem gibt es seit dem 18. Juli einen Schienenersatzverkehr.
Die Bauarbeiten sind die großen Dinge, die die Bahnreisenden bewegen, doch es gibt auch die kleinen Dinge, die Nerven kosten. Den täglichen Tücken im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) gehen jetzt 20 Profitester im Auftrag des Nahverkehr Rheinland (NVR) auf die Spur. Seit 1. Juli sind sie im Rheinland unterwegs – Physikstudent Arian Stefanic (24) gehört dazu und EXPRESS hat ihm über die Schulter geschaut.
Bahnsteig 1 am Bonner Hauptbahnhof. Hier rollen sie ein, die Nahverkehrszüge, die die Pendler von Bonn nach Köln bringen. Dazu gehören die RRX-Linie RE 5 (Koblenz - Wesel) und die RB 48 (Bonn-Mehlem – Wuppertal-Oberbarmen) des Unternehmens National Express sowie die Mittelrheinbahn RB 26 (Mainz – Köln-Messe/Deutz) von Trans Regio.
Stefanic steht am Bahnsteig und hört genau hin. Gibt es klare und vor allem verständliche Durchsagen? Der 24-Jährige ist zufrieden und wartet jetzt auf die in Kürze einfahrende Bahn. Bevor er einsteigt, lässt er nochmal seinen Blick entlang des Zuges laufen und prüft, ob sich auch überall die Türen öffnen. Auch wenn man das bei einem vollen Bahnsteig nicht immer genau erfassen kann, so sieht man doch schnell eine sich hektisch in Gang setzende Menschenmenge, die zur nächsten Tür hechtet. Auch in diesem Fall gibt es für Stefanic nichts zu meckern.
Profitester im Rheinland checken Qualität auf allen Nahverkehrslinien
Die Qualität auf dem Streckennetz ist für den NVR entscheidend. Wissen die Verantwortlichen doch genau, dass Preis oder Umweltgedanke allein Fahrgäste nicht bei der Stange halten.
„Durch ein funktionierendes Profitestersystem wird ein unabhängigeres und schnelleres Erfassen von Qualitätsproblemen auf den SPNV-Linien und ein vollständigeres Bild der Qualität auf den SPNV-Linien sowie an den SPNV-Stationen ermöglicht“, so NVR-Geschäftsführer Dr. Norbert Reinkober. „Dies wird unsere Qualitätserfassung auf eine ganz neue Ebene heben.“
Profitester im Rheinland: Ergebnisse werden in App gesammelt
Im Zug fällt Profitester Stefanic sofort auf, dass die elektronischen Anzeigen nicht funktionieren. Doch das ist natürlich nicht alles, worauf er seinen Blick werfen muss.
Angefangen bei verschmutzten oder zerkratzen Fenstern zu funktionierenden Toiletten bis zur allgemeinen Sauberkeit kann er eine Bewertung in drei Stufen in eine App eingeben – die Daten werden sofort an seinen Arbeitgeber übermittelt und können ausgewertet werden. Die Target Group GmbH aus Bayern hat sich den Auftrag des NVR bis Ende 2024 gesichert und liefert die Auswertungen nach Köln.
„Ein einziges schmutziges Fenster ist nicht das Thema, aber wenn viele Scheiben verdreckt sind, gibt das in jedem Fall Abzüge“, erklärt Stefanic. Genauso wie ein überhitzter oder zu kalter Waggon.
In Köln angekommen zieht der Student eine positive Bilanz – er ist zufrieden und seine Bahn ist pünktlich im Hauptbahnhof angekommen. Beim Aussteigen fällt ihm beim Blick auf die elektronischen Anzeigen noch auf, dass sie inzwischen wieder funktionieren. Für seine Eingabe in der App ist dies allerdings zu spät. Eine „Profitour“ ist halt eine Momentaufnahme.
Profitester im Rheinland: 2021 folgen Bahnhöfe und Haltepunkte
Im Bahnhofsgebäude checkt der Tester noch Fahrscheinautomaten und Entwerter. Auch sie gehören selbstverständlich zu den Qualitätsstandards. Genau wie schon vorher in der Bahn die Arbeit der Zugbegleiter und deren Anzahl.
Von ’ner knappen halbe Stunde bis zu mehrstündigen Touren ist für die Profitester auf ihren Fahrten auf den unterschiedlichsten Linien alles drin. Pro Verbindung sind sie dabei im Jahr bis zu 140 Mal unterwegs. Jeder Tester checkt fünf bis sechs Bahnen am Tag – morgens, abends oder auch am Wochenende. Im kommenden Jahr kommen für die Profitester auch noch die Bahnhöfe/Haltepunkte hinzu – viel Arbeit, damit es für Bahnreisende weniger zu meckern gibt.