Prozess in BonnJunkie kauft Drogen – Zahlungsart macht einem Angst

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Um sich Drogen zu kaufen, kam es am Bonner Hauptbahnhof zum Streit zwischen zwei Junkies. Der Fall landete jetzt vor Gericht. Das Symbolfoto stammt aus dem „Jahrbuch Sucht“.

Bonn – Keine Frage: Die Chromatopelma cyaneopubescens – die metallblaue Vogelspinne – war sein ganzer Stolz.  Wie er zu dem prachtvollen Haustier mit den knallblauen Beinen gekommen ist, wollte „Herrchen“ in einem Prozess vor dem Bonner Amtsgericht nicht verraten. Aber der 45-jährige Junkie trug die blaue Schöne, deren Heimat in den tropischen Savannen Venezuelas liegt, immer bei sich.

Er gab dem Weibchen – rund 7 Zentimeter groß –  Unterschlupf, auch wenn er selber kein Dach über dem Kopf hatte. Aber als der Dauergast der Bonner Drogenszene im April 2017 in die Klinik musste, hieß es Abschied nehmen von der Vertrauten. So gab er seine Vogelspinne in die Obhut einer Freundin. Vorübergehend, wie er meinte. Aber es kam anders. 

Prozess in Bonn: Spinne für 20 Euro vertickt

Denn als Herrchen aus dem Krankenhaus entlassen wurde, musste er feststellen, dass sein Haustier weg war. Ein Freund (44) hatte es bei einem Besuch der Spinnen-Sitterin kurzerhand mitgenommen und hatte, um seinen Suchtdruck zu stillen, das Tier am Bonner Hauptbahnhof an einen anderen Junkie verkauft. Zum Dumpingpreis von 20 Euro.

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Eine Katastrophe! Wegen des herzlosen Verkaufs stellte der 45-Jährige seinen Freund zur Rede, es kam zum Streit, zur Rangelei, zu Schlägen und Stürzen. Panisch lief der 44-Jährige zur Wache GABI, erzählte von dem körperlichen Schlagabtausch, aber auch dass sein einstiger Freund ihm eine Zigarette auf dem Kopf ausgedrückt haben soll. Also landete der Fall jetzt wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Bonner Amtsgericht – fast drei Jahre nach dem Vorfall.

Prozess in Bonn: Angeklagter nicht auffindbar

Denn der einstige Spinnenbesitzer war für die Justiz fortan unauffindbar. Die Zustellung der Ladung kam „unbekannten Aufenthalts“ zurück. Ob er nur auf der Straße, in der Ferne oder vielleicht sogar im Knast gelebt hat, war nicht mehr aufklärbar. Jedenfalls hatte sich der vielfach Vorbestrafte jetzt freiwillig dem Prozess gestellt: „Wir sind ja eigentlich Freunde", erklärte er der Strafrichterin, „aber ich habe meine Spinne so vermisst. Ich war so sauer...“ Er räumte ein, den Kumpel geschlagen zu haben, aber eine Zigarette auf dem Kopf habe er niemals ausgedrückt, schwor er.

Prozess in Bonn: Richterin stellte Verfahren ein

Der Freund erwies sich als anständiger Zeuge: „Frau Richterin, das mit der Zigarette, das ist Quatsch! Das stimmt einfach nicht“, beteuerte er. „Ich habe damals etwas die Nerven verloren.“ Auch die Beamten der Wache GABI entlasteten den Angeklagten: „Wir haben damals auf die Fertigung von Fotos verzichtet“, hieß es. „Wir haben eine kreisrote Rötung – neben anderen Verletzungen – festgestellt und die Version glatt geglaubt.“ Daraufhin stellte die  Strafrichterin den Fall um eine weitgereiste Vogelspinne sang- und klanglos ein. Wo die vielbeinige Blaue abgeblieben ist, konnte leider nicht mehr aufgeklärt werden. Sie wird immer noch vermisst.  (ucs)