+++ EILMELDUNG +++ Mehrere Verletzte Kölner Bäckerei in die Luft geflogen – Polizei und Feuerwehr vor Ort

+++ EILMELDUNG +++ Mehrere Verletzte Kölner Bäckerei in die Luft geflogen – Polizei und Feuerwehr vor Ort

Sabine Postel„Ich muss mir selbst nichts mehr beweisen“

Neuer Inhalt (3)

Sabine Postel hat sich für mehr Freiräume entschieden. Sie sagt: „Ich bin in einer Lebensphase, in der ich alles auskosten will, in der ich leben will und genießen...“

Köln – Sie ist einer der absoluten TV-Stars Deutschlands – dabei liegt ihr Star-Gehabe fern: Die Kölnerin Sabine Postel war in den 90ern die perfekte Mutter in „Nicht von schlechten Eltern“, 22 Jahre lang die herbe Bremer „Tatort“-Kommissarin Inga Lürsen und ist seit zwölf Jahren Anwältin in „Die Kanzlei“ (hieß bis zum Tod von Dieter Pfaff „Der Dicke“). Die neue „Kanzlei“-Staffel startet Dienstag in der ARD – viele Gründe für Gespräch mit uns.

Nach 22 Jahren ist 2020 das erste Jahr, in dem Sie in keinem neuen Tatort zu sehen sind – wie ist’s für Sie? Sabine Postel: Die Frage, wie das wohl sein wird, habe ich mir erst auch gestellt. Aber ich weiß, dass meine Entscheidung gut war. Ich habe über die Hälfte meines Berufslebens mit dem „Tatort“ zugebracht. Dazu kam die letzten zwölf Jahre dieser permanente Wechsel zwischen „Tatort“ und „Die Kanzlei“, der mich total eingekesselt hat. Und ich bin schon in dem Alter, in dem ich ahne, dass es beruflich nicht höher geht. Ich muss mir selbst nichts mehr beweisen. Ich wollte Freiräume schaffen für neue Projekte, mehr Privates.

Dienstag gehen Sie mit einer neuen Staffel von „Die Kanzlei“ an den Start, einer der erfolg-reichsten aktuellen TV-Serien. Woher kommt der Erfolg? In der Serie kämpfen wir um Gerechtigkeit für Leute, die keine Kohle haben, für die Outsider, die stranden würden, wenn wir nicht für sie da wären. Weil das im wirklichen Leben nicht so ist, liebt der Zuschauer es, das zu beobachten. Denn im realen Leben bekommt derjenige, der Recht hat, nicht immer Recht. Wenn er kein Geld und keine Beziehungen hat, bleibt er oft auf der Strecke. Eine Serie, in der der kleine Mann siegt, hat gute Voraussetzungen.

Alles zum Thema Corona

Die Serie wurde von Dieter Pfaff ins Leben gerufen. Spürt man noch was von seinem Geist? Dieter ist immer bei uns, und das ist nicht nur traurig. Das zeigt uns, dass einer, der gelebt hat und ein guter, sehr sozialer Mensch war, nicht so schnell aus den Herzen und Gedanken der anderen verschwindet.

Ihre Anwältin Isabel ist mit Macken ausgestattet: Ehe sie sich an einen Tisch setzt, wischt sie ihn mit feuchten Tüchern ab, benutzt Desinfektionssprays, fasst niemanden an. Sie hat Angst, sich zu infizieren. Klang mal schräg – ist in Corona-Zeiten aber nicht mehr so lächerlich… Wir erleben Isabel jetzt das erste Mal mit diesem Tick. Ich bin sehr gespannt, wie die Zuschauer reagieren. Es ist schon besonders, wenn das, worüber man jahrelang gelacht hat, plötzlich Alltag ist. Vielleicht wird das, was vorher belächelt wurde, jetzt als ihr Weitblick gelobt und man bescheinigt ihr, dass sie die Einzige ist, die sich immer schon richtig verhalten hat.

In der„Kanzlei“ wird viel Anwalts-Deutsch gesprochen. Verstehen Sie selbst eigentlich alles, was Sie da sagen? Ich war über lange Zeit meines Lebens ein Prima-Vista-Lerner, musste nur kurz gucken, und schon hatte ich den Text intus. Davon ist immer noch eine ganze Menge übrig, aber bei den Texten für die „Kanzlei“ ist das nicht mehr so. Das ist dann manchmal echtes Bimsen – wie einst für die Schule. Für mich sind einige der juristischen Texte dermaßen verklausuliert, dass ich schon beim Lernen einen Hals kriege. Und die Texte dann beim Drehen so abzuliefern, als ob ich auf diesem Gebiet ganz souverän sei, ist extrem anstrengend.

Wo lernen Sie Ihre Texte? Bei meinen Spaziergängen im Kölner Stadtwald. Das ist schon komisch geworden, denn wenn ich da früher vor mich hinredete, guckten mich die Leute entgeistert an und erklärten mich wahrscheinlich für bekloppt. Heute brabbelt fast jeder vor sich hin oder schreit ins Handy, ich falle beim Lernen nicht mehr auf und merke, wie sich doch vieles geändert hat.

Für viele Schauspieler ist die Corona-Pause beendet. Wann stehen Sie wieder vor der Kamera? Bei mir geht es im August weiter. Wir beginnen mit dem 90-Minüter, den wir bereits im April drehen wollten, aber wegen Corona verschoben haben. Es ist ein Film, der an die „Kanzlei“ anschließt, es geht dabei um Isabel, die mit ihrer Familiengeschichte konfrontiert wird. Sie erfährt, dass ihre alkoholkranke Mutter sich in ein einsames Hotel an der Nordsee zurückgezogen hat. Isabel fährt hin – daraus entwickelt sich die Aufarbeitung der verkorksten Lebensgeschichten der beiden. Es ist eine wunderbare, sehr emotionale Geschichte, sogar eine Love-Affair mit Küssen und allem, was dazu gehört, ist dabei.

Klingt so, als sei es problematisch, in diesen Szenen den Corona-Abstand zu halten… Stimmt. Ich weiß auch noch nicht, wie das geht, und bin gespannt, wie das gelöst wird.

Wie haben Sie die Corona-Zeit überstanden? Rein wirtschaftlich kann ich im Gegensatz zu vielen anderen nicht klagen. Ich weiß, dass viele Kollegen Sorgen haben, am Rande des Dispos sind. Dagegen sitze ich in der Komfortzone. Ich habe bis kurz vor Corona gearbeitet, kann jetzt wieder arbeiten. Weil ich immer viel gearbeitet habe, habe ich dafür gesorgt, dass ich im Alter oder in der Not nicht ohne Geld dastehe.

War’s emotional auch problemlos? Im Gegenteil. Am Anfang war es schlimm – das ging hin bis zu Schwindelanfällen und Schlafstörungen. Ich bekam Lebensangst, weil ich mich fragte, wie man in dieser Welt noch leben soll, wenn man sich nicht mehr begegnen darf. Ich habe gern Leute um mich, arbeite gern, bin gern mit Freunden zusammen, ein Familienmensch. Wenn das nicht mehr möglich sein soll – was bleibt dann? Vor allem habe ich meinen Sohn, der in Edinburgh lebt, und nicht raus konnte. Alles, was wir geplant hatten, konnte nicht mehr stattfinden. Das hat mich unglaublich geschmerzt.

Schlussfrage: Stimmt die Udo-Jürgens-Behauptung, dass mit 66 Jahren das Leben anfängt? Das Leben hat bei mir schon viel früher angefangen und danach nicht aufgehört. Natürlich weiß ich, dass alles endlich ist, aber ich denke nicht drüber nach. Ich habe keinen Grund, in eine Lebenskrise zu rutschen. Ich bin in einer Lebensphase, in der ich alles auskosten will, in der ich leben will und genießen...

Sabine Postel: Ihr Mann starb 2003

Sabine Postel (geboren am 10. Mai 1954 in Neustadt am Rübenberge) ist die Tochter des langjährigen WDR-Unterhaltungsredakteurs Kurt Postel. Von 1971 bis 1974 besuchte sie die Schauspielschule Bochum.

Erste Engagements in Oldenburg, Essen und am Schauspiel Köln. TV-Debüt dann 1982 in „Die Aufgabe des Dr. Graefe“. Die erste Hauptrolle folgte 1986 in „Der Antrag“ (dafür gab’s den Jakob-Kaiser-Preis).

Große TV-Serien: „Nicht von schlechten Eltern“ (1993 – 1996), „Nesthocker“ (1999 – 2002), Bremer „Tatort“ (1997 – 2019). Seit 2008 bei „Der Dicke“/„Die Kanzlei“ dabei. Sabine Postel heiratete 1991 den Journalisten Otto Riewoldt (starb 2003 mit 52 Jahren an Krebs). Der gemeinsame Sohn Moritz (28) arbeitet als Regisseur.