Jasmin TabatabaiSie will endlich mal in einer Komödie mitspielen

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Jasmin Tabatabai braucht den Ausgleich zwischen Filmset und Musikbühne. Gegen ein reines Popstarleben hat sie sich ganz bewusst entschieden.

Berlin – Eine der vielleicht ungewöhnlichsten Künstlerinnen Deutschlands: Jasmin Tabatabai (53), das Multi-Talent. Sie bekommt Preise für große Kinoproduktionen, mischt mit in der ZDF-Serie „Letzte Spur Berlin“, ist eine der besten Jazz- und Chanson-Sängerinnen des Landes.

Gerade hat sie das hochgelobte Album „Jagd auf Rehe“ veröffentlicht, mit ihren Versionen des witzigen Reinhard-Mey-Hits „Männer im Baumarkt“, Hilde-Knef-Songs – und einem alten iranischen Volkslied. Zeit für ein großes Interview.

Gerade ist Ihr „Jagd auf Rehe“ erschienen. Welche Bedeutung hat ein neues Album für Sie? Jasmin Tabatabai: Singen ist Wellness für meine Seele und gibt mir eine große Freiheit. Ich mache in der Musik nur das, was ich machen möchte, und das kann ich mir erlauben, weil ich davon nicht leben muss. Es ist toll, auf der Bühne zu stehen und mit dem Publikum Kontakt zu haben. Das habe ich als Filmschauspielerin nicht.

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Klingt sehr euphorisch. Wo bleibt da die Schauspielerei? Es ist meine andere große Liebe – aber da ist alles anders. Ich betreibe Schauspielerei natürlich auch aus Leidenschaft, doch am Set fehlt das Adrenalin, das man auf der Bühne spürt. Ein Drehtag ist hart, man ist oft 14 Stunden auf den Beinen, muss die Konzentration halten, egal ob es zu kalt oder zu warm oder die Luft nicht gut ist. Manchmal ist man müde, hat Hunger. Für mich ist es ideal, dass ich die Konzerte als Ausgleich habe.

Das ungewöhnlichste Lied ist das persische „Shekare Ahoo“, das auf Deutsch übersetzt „Jagd auf Rehe“ heißt. Was bedeutet das? Es ist ein altes, trauriges iranisches Volkslied, in dem jemand vom Blick des oder der Geliebten so sehr verletzt worden ist, dass er ankündigt, ins Gebirge zu gehen. Was dort passiert, bleibt offen – es wird wohl kein Reh gejagt. Es ist ein Lied, das mir viel bedeutet. Ich bin im Iran aufgewachsen, immer noch stark mit ihm verbunden, habe auch Familie da.

Könnten Sie sich vorstellen, dorthin zurückzugehen? Der Iran ist ein sehr schönes Land mit einer tollen Kultur und tollen Menschen, aber einer katastrophalen politischen Situation. Ob ich da noch für immer leben könnte, weiß ich nicht. Ich habe ja eine deutsche Mutter, bin also auch halbe Deutsche und in Deutschland mindestens genauso verwurzelt wie im Iran. Allerdings bleibt es mein größter künstlerischer Traum, einmal in Teheran auf der Bühne zu stehen.

Wie sind Sie zur Schauspielerei gekommen? Das war schon mein größter Wunsch, als ich noch ein kleines Mädchen war. Ich habe in Teheran in Krippenspielen auf der Bühne gestanden, fand es toll, in Rollen zu schlüpfen, Texte zu sagen, angeschaut zu werden. Und ich bin wahnsinnig gern ins Kino gegangen, habe dafür mein ganzes Taschengeld ausgegeben.

Singen oder schauspielern – wie würden Sie entscheiden, wenn nur eines ginge? Ich habe diese Entscheidung für mich schon gefällt. Ich hatte nach dem Film „Bandits“ die Möglichkeit, eine Pop-Karriere zu starten, doch ich wusste schon damals, wie das Musikbusiness läuft, kannte den Druck. Da zählt nur der Platten-Verkauf, wenn es nicht klappt, wirst du schnell fallen gelassen. Ich entdeckte Jazz und Chanson für mich. In dieser Nische kann ich als Sängerin bestehen, das ist auch mit der Tatsache vereinbar, dass ich drei Kinder habe.

Über 20 Jahre nach „Bandits“ haben Sie jetzt wieder mit dem „Bandits“-Team gedreht. Eine Fortsetzung? Nein. Die „Bandits“-Ladys spielen zwar alle mit, aber es ist keine Fortsetzung. Es ist der erste deutsche Urban-Dance-Film mit richtigen Tänzern. Die junge Hauptrolle spielt Svenja Jung, ich spiele die Lehrerin von sozial auffälligen Menschen, die durch Tanz ins Leben zurück finden sollen. Es war schön, wieder mit Katja von Garnier zu arbeiten, eine der tollsten Mainstream-Regisseurinnen, die wir in Deutschland haben.

Es ist auffällig, dass Sie meist in Filmen dabei sind, die nicht heiter sind... Ich würde gern Komödien drehen, kriege aber meist dramatische Sachen angeboten, weil die Leute mich darin offensichtlich gern sehen. Ich warte immer noch auf eine ganz lustige Komödie.

Man hat das Gefühl, Deutschland wird zurzeit von Krimis überschwemmt. Können wir überhaupt Komödien? Klar, es gibt Leute, die können das richtig gut. Und es gibt tolle Schauspieler dafür. In meiner Serie „Letzte Spur Berlin“ komme ich mit vielen von ihnen zusammen und sehe dann, wie top die meisten sind.

Ein schönes Lob… Es gibt kaum jemanden, bei dem ich denke, dass er seinen Beruf vielleicht verfehlt haben könnte. Mir gefällt heute an den Mädchen, dass sie so selbstbewusst sind und an den jungen Männern, dass sie – im Gegensatz zu denen meiner Generation – viel weniger Angst davor haben, nicht männlich genug zu wirken und deswegen das Macho-Gebaren nicht mehr draufhaben. Die Jungs haben keine Angst mehr vor ihrer weichen Seite.

Wollten Ihre Kindern auch Schauspieler werden? Da ist noch nichts entschieden. Die Große ist eine sehr begabte Malerin. Die beiden anderen sind noch zu klein. Jetzt sollen sie erst mal zur Schule gehen.

Wie haben Sie in den ersten Corona-Monaten Ihren Kindern helfen können? Waren Sie in Sachen Homeschooling aktiv? Homeschooling haben wir beinhart durchgezogen. Und das hat sich auch bei mir ausgewirkt, ich habe einiges auffrischen oder sogar dazulernen können, z. B. weiß ich jetzt wieder über die Unterschiede von Reptilien und Säugetieren Bescheid und kenne die verschiedenen Gebissformen von Säugetieren… (lacht)

Prägende Begriffe – Das ABC der Corona-Krise

Fühlen Sie sich in Corona-Zeiten gut aufgehoben in Deutschland? Ich bin sehr froh, dass ich hier wohne. Und dass wir eine nüchterne, sehr unaufgeregte Wissenschaftlerin als Kanzlerin haben. Schauen Sie sich an, wie Deutschland durch die Krise gekommen ist, nur weil sie früh auf die Wissenschaftler gehört haben. Dann gucken Sie auf andere Länder – wie die USA…

Jasmin Tabatabai: Ihr Soundtrack – ein Megaerfolg

Jasmin Tabatabai (geboren am 8. Juni 1967 in Teheran). Die Familie kam während der Islamischen Revolution nach Deutschland. Abitur 1986 in Planegg (Bayern), Schauspielstudium in München. 1997 der große Durchbruch mit dem Musikfilm „Bandits“.

Der von ihr mitgeschriebene Soundtrack wurde über 700.000 Mal verkauft (erfolgreichster europäischer Filmscore). Seit 2012 ist sie Hauptdarstellerin der ZDF-Serie „Letzte Spur Berlin“ und ist mit Schauspieler Andreas Pietschmann liiert, hat mit ihm zwei Kinder (11 und 7). Aus ihrer Ehe mit dem US-Musiker Tico Zamora hat sie eine Tochter (17).