„Maybrit Illner”Virologin schlägt stinksauer Alarm: „Das Wichtigste fehlt noch immer”

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Die Virologin Melanie Brinkmann schlägt bei „Maybrit Illner” am Donnerstagabend (8. April): Alarm: Es fehle noch immer das Wichtigste im Kampf gegen Corona: einem klar formulierten Ziel.

von Martin Gätke (mg)

Köln – Heute lockern wir, morgen gibt's dann den nächsten Lockdown? Wie überstehen wir die dritte Welle am besten? Bei Maybrit Illner geht es am Donnerstag (8. April) um die Frage, ob es jetzt härtere Einschränkungen braucht, wie es etwa Laschet und Merkel fordern. Oder ob Bundesländer weiter ihre eigenen Lockerungs-Pläne fahren können wie das Saarland.

  • Maybrit Illner (ZDF) am Donnerstag (8. April): „Heute lockern, morgen Lockdown – das Risiko der dritten Welle?“
  • Virologin Melanie Brinkmann schlägt stinksauer Alarm und erklärt, dass es noch immer am Wichtigsten im Kampf gegen Corona fehle
  • Am Montag wollen Ministerpräsidenten und Kanzlerin sich wieder treffen, doch der Gipfel wackelt bereits

Die Intensivmediziner warnen vor der steigenden Auslastung der Intensivbetten, auch Christian Drosten teilt den Notruf. Seit Mitte März steigt die Zahl der Covid-Patienten dort immer weiter an. Nur ein harter und konsequenter Lockdown könne das ändern, so die Experten. Doch vier Tage vor der nächsten Bund-Länder-Runde herrscht noch immer Unklarheit zum weiteren Vorgehen in der Corona-Krise. Jetzt steht gar eine Verschiebung des Treffens im Raum.

Kanzlerin und Ministerpräsidenten kommen in der Diskussion über die weitere Corona-Politik nicht voran, heißt es. Hinzu kommt eine noch immer schleichende Impfkampagne und Verwirrung um AstraZeneca. Chaos pur.

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„Maybrit Illner“ (ZDF): Das sind die Gäste

Wie geht es weiter? Darüber diskutieren bei „Maybrit Illner“ diese Gäste:

  • Tobias Hans (CDU, Ministerpräsident Saarland)
  • Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg
  • Melanie Brinkmann (Virologin, Helmholtz-Zentrum Braunschweig)
  • Cihan Çelik (Lungenfacharzt, Oberarzt Covid-19-Station, Darmstadt)
  • Paul van Dyk (DJ, Musikproduzent, Hörfunkmoderator)

Tobias Hans (CDU) ist ein Beispiel dafür, wie unterschiedlich die CDU tickt: Er verteidigt vehement das „Saarland-Modell“, das ab sofort wieder die Öffnung von Außengastronomie, Fitnessstudios und Kultureinrichtungen auf der Basis von Schnelltests erlaubt. Er folge „den Beschlüssen, die gemeinsam von Bund und Ländern getroffen wurden“.

Demgegenüber wollen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, NRW-Ministpräsident Armin Laschet und Kanzlerin Angela Merkel einen „harten, kurzen“ Lockdown mit strengeren Einschränkungen, und das am besten bundeseinheitlich.

„Maybrit Illner”: Tobias Hans verteidigt „Saarland-Modell“

Tobias Hans aber verteidigt in der Sendung seinen saarländischen Sonderweg. Ist Laschet jetzt vorsichtiger als Hans, will Illner wissen. „Nein, auch ich bin vorsichtig. Es gibt viele Tests, das Modell heißt nicht Öffnen, das Modell besagt eben, dass Tests als Eintritt erforderlich sind“, hält er dagegen.

Die Ministerpräsidentenkonferenzen hätten es bislang nicht geschafft, einen einheitlichen Maßstab im Kampf gegen Corona zu finden. „Wir bringen Menschen dauernd in härtere Lockdowns, obwohl es mildere Mittel gibt. Doch wir Politiker sind dazu verpflichtet, diese milderen Mittel zumindest zu versuchen.“

Nein, wir brauchen ein einheitliches Modell, findet Hamburgs Erster Bürgermeister. „Die Leute sind verärgert, ein Flickenteppich führt zu mehr Mobilität, die wir nicht brauchen können“, so Tschentscher.

Braucht es also doch einen bundeseinheitlichen Lockdown? Virologin Melanie Brinkmann wirkt verzweifelt, als sie erklärt: „Wir Virologen reden doch seit letztem Sommer davon, dass wir die Infektionszahlen niedrig halten müssen.“ Die Wissenschaft habe schon im Herbst gewarnt: „Je schneller und konsequenter wir handeln, desto besser werden wir die Pandemie bekämpfen.“

„Maybrit Illner”: Virologin Brinkmann sauer – „zu langsam und zu zögerlich“

Doch Brinkmann wirft den Politikern vor: „Sie haben zu langsam und zu zögerlich gehandelt.“ Zudem, so meint die Virologin, fehle es noch immer am Wichtigsten im Kampf gegen Corona: „Es gab nie ein klar formuliertes Ziel: Wo wollen wir eigentlich hin in diesem Land?“

Auch im Januar haben Virologen wie Brinkmann schon vor den damals neu aufkommenden Mutationen gewarnt: Sie haben Eigenschaften, die die Bekämpfung erschweren. „Das wurde nicht gehört“, so die Virologin. „Es wurde sogar das Gegenteil gemacht: Es wurde allmählich geöffnet.“

„Maybrit Illner”: „Wir können die dritte Welle nicht aufhalten“

Dabei sei es gerade jetzt entscheidend, die Infektionszahlen nachhaltig zu drücken und den R-Wert auf Dauer unter 1 halten. Tobias Hans hält dagegen, dass die Situation eine andere als 2020 war: „Wir haben Tests, wir haben Impfungen.” Brinkmann erklärt: „Ja, das Impfen ist da. Aber zu langsam. Wir können die dritte Welle nicht aufhalten und das Testen alleine reicht nicht.“

Brinkmann wird wieder lauter: „Keiner fragt danach: Was ist in ein paar Monaten? Wir wollen uns doch nicht den Rest des Jahres in einem Dauerlockdown befinden?“ Mit Blick auf den jüngsten Notruf der Intensivmedizin, den auch Virologe Drosten teilte, sagte sie: „Was sollen wir, was sollen die Intensivmediziner denn noch tun?“ Wenn die Politik auf solch einen dramatischen Notruf nicht höre, „dann wäre das sehr traurig“, bescheinigte die Virologin. (mg)