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Zentralrat der Juden schlägt Alarm„Uns schlägt ungehemmter Hass entgegen“

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Die Juden gehören zu Deutschland. Das unterstreicht dieser Mann mit der traditionellen jüdischen Kopfbedeckung Kippa, die die deutsche und die israelische Flagge zieren.

von Maternus Hilger (hil)

Berlin – In Zeiten, in denen die Corona-Pandemie die Schlagzeilen beherrscht, rücken andere wichtige Probleme oft in den Hintergrund. So ging ein bisschen unter, als Ende Juni Familienministerin Franziska Giffey (SPD) eine neue Initiative – das Kompetenzwerk Antisemitismus – vorstellte.

Ein wichtiges Mosaiksteinchen im Kampf gegen die antisemitischen Auswüchse in unserem Land. Ein Hass-Virus, das sich immer mehr ausbreitet.

Alltäglicher Antisemitismus

„Für Juden in Deutschland ist Antisemitismus alltäglich geworden“, sagt Dr. Josef Schuster (66), der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, uns.

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„Vor allem im Internet schlägt uns ungehemmter Hass entgegen. Doch auch auf der Straße und in Schulen ist die Ablehnung von Juden ein massives Problem. Die Corona-Krisen wirkt sich dabei leider verstärkend aus, so dass wir auch in diesem Jahr massiv mit Antisemitismus konfrontiert sind. Anhänger von Verschwörungsmythen und Gegner der Maßnahmen gegen die Pandemie schrecken nicht einmal davor zurück, den Holocaust zu relativieren. Auf dem wachsenden Rechtsextremismus muss das besondere Augenmerk liegen.“

Immer mehr rechtsextremistisch motivierte Straftaten

Laut Verfassungsschutzbericht stieg die Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten mit antisemitischem Hintergrund um über 17 Prozent auf 1.844 Fälle. „Das ist eine Schande für unser Land“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Dabei handelt es sich unter anderem um Attacken auf Juden, die mit einer Kippa unterwegs waren, judenfeindliche Schmierereien, Hasstiraden im Netz oder die Beschimpfung von jüdischen Kindern in der Schule.

Die Dunkelziffer dürfte noch weit höher sein. Für Entsetzen sorgte vor allem der Anschlag auf die Synagoge in Halle, wo ein Rechtsextremist zwei Menschen auf der Straße erschoss. Die Gläubigen in der Synagoge überlebten nur wie durch ein Wunder, weil der rechtsextremistische Täter die verschlossene Tür nicht hatte aufbrechen können. Wenn inzwischen viele Juden darüber nachdenken, Deutschland zu verlassen, ist das mehr als nur ein Alarmzeichen.

Tabuschwelle für Judenhass sinkt

Die Tabuschwelle sinkt offenbar seit Jahren. Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (43, SPD) sagte jüngst: Judenhass sei in der Gesellschaft „viel tiefer verwurzelt, als wir es uns eingestehen wollen“. Der Antisemitismus sei „die Mutter aller Verschwörungstheorien.“ Auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein (52), beklagt, dass bei den Protesten gegen die Corona-Auflagen vermehrt judenfeindliche Äußerungen zu hören waren.

Klein nannte dabei den Kochbuchautor und Anti-Corona-Aktivisten Attila Hildmann (39). In Hildmanns Telegram-Kanal war immer wieder von einem geplanten Völkermord durch Impfungen gegen das Coronavirus und von einem „zionistischen Regime unter Merkel“ und Bill Gates die Rede. Hitlers übles Machwerk „Mein Kampf“ lässt grüßen.

Das neue Netzwerk gegen Antisemitismus

Gegen diese Hetze positioniert sich auch das neue Netzwerk (www.kompetenznetzwerk-antisemitismus.de) . Dazu gehören unter anderem das Anne Frank Zentrum, die Bildungsstätte Anne Frank und der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus und das Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment.

Der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein versprach, niemand müsse sich allein fühlen, wenn er Opfer einer antisemitischen Straftat geworden sei. Erstmals würden nun Daten zur Judenfeindlichkeit direkt verknüpft mit Präventions- und Bildungsarbeit.

Null Toleranz für Antisemiten

Fanatiker lassen sich sicher nicht bekehren, sie müssen entschieden strafrechtlich verfolgt werden. Aber Aufklärung bleibt genauso wichtig, damit sich Vorurteile oder Hass erst gar nicht erst in den Köpfen festsetzen. Kein Mensch wird als Antisemit geboren, hier lässt sich ansetzen – in Schulen, Kitas und anderen Bildungseinrichtungen sowie bei Begegnungen mit jüdischen Mitbürgern.

Vergessen sollten wir vor allem eines nicht: Trotz all ihrer bitteren Erfahrungen während der Nazi-Barbarei sind viele überlebende deutsche Juden nach 1945 in Deutschland geblieben oder nach ihrer Flucht zurückgekehrt. Es ist ihre Heimat. Dank ihnen und ihren Nachkommen gibt es glücklicherweise wieder ein reges jüdisches Leben.

Heute beheimatet Deutschland die drittgrößte jüdische Gemeinde in Europa, nach Frankreich und Großbritannien. Die gilt es schützen.