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WHO-Chef warnt„Fake News verbreiten sich schneller und einfacher als Coronavirus“

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Fake News treffen besonders in Krisenzeiten immer häufiger auf offene Ohren.

von Maternus Hilger (hil)

Köln – Die Angst vor dem Coronavirus wächst, spätestens seit die ersten Fälle im Rheinland publik wurden. Die Menschen sind verunsichert, suchen hektisch nach Informationen, wie sie sich schützen können – auch und vor allem im Netz. Doch Vorsicht!

Dort kursieren die abstrusesten Gerüchte und Verschwörungstheorien. Übrigens nicht nur zum Virus, auch zu den grausamen Taten von Hanau und Volkmarsen.

WHO-Chef warnt: „Wir kämpfen gegen eine Infodemie“

Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, warnt: „Wir kämpfen nicht nur gegen eine Epidemie, sondern auch gegen eine Infodemie. Fake News verbreiten sich schneller und einfacher als dieses Virus – und sie sind genauso gefährlich.“

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Mediziner Paul Hunter von der englischen Universität East Anglia ergänzt: „Falsche Informationen bei Epidemien mit ansteckenden Krankheiten können die Ausbrüche schlimmer machen.“

Corona-News in den Sozialen Medien: Ein Wust von Unsinn

Das Coronavirus sei eine in geheimen Laboren entwickelte Biowaffe und riesele in absichtlich verbreiteten Infektionswolken auf die Menschen nieder, lautet eine der vielen Panikmeldungen in Sozialen Medien. Erkrankte würden sich in lebende Tote verwandeln und wie Zombies agieren, heißt es an anderer Stelle.

Und in Kaiserslautern gingen der Polizei zwei Männer ins Netz, die „aus Spaß“ und um einer Freundin zu imponieren, eine Fakeseite von „tagesschau.de“ erstellt hatten, auf der über eine Coronainfektion in der Stadt berichtet wurde – ausgelöst durch Waren aus China bei einer örtlichen Firma. Der Chef erstattete Anzeige. Kunden und Zulieferer seien verunsichert, Mitarbeiter mieden die Firma.

Hat Bill Gates ein Patent auf das Coronavirus?

Im Visier ist oft Microsoft-Gründer Bill Gates (64). Die Stiftung, die er mit seiner Frau Melinda (55) betreibe, soll ein Patent auf das Virus besitzen, um von der Produktion von Impfstoffen (die es noch nicht gibt) zu profitieren. Tatsächlich existieren Patente auf ausgewählte Gensequenzen der Coronaviren.

Mit der aktuell aktiven Variante, der Form SARS-CoV-2 (erst 2019-nCoV genannt), hat aber keines etwas zu tun. Andere Beiträge empfehlen Therapien, wie etwa den Mund mit Salzwasser auszuspülen, um sich so vor einer Infektion zu schützen.

Auch das ist Quatsch. Beliebt ist natürlich der Dauerbrenner: Behörden und Medien würden wichtige Informationen verschweigen, das Virus sei in Wahrheit weitaus gefährlicher.

Fake News kursieren besonders in Krisenzeiten

„Es lässt sich beobachten, dass Fake News besonders nach Krisenereignissen florieren“, sagt Kommunikationswissenschaftler Tilman Klawier von der Uni Hohenheim. Dabei verfangen die Lügen häufig, wenn sie die eigene Weltanschauung bestätigen.

„Dann ist es auch egal, welche offiziellen Informationen herausgegeben werden“, so Klawier. Meist sind die Urheber natürlich anonym unterwegs. Motive sind oft Wichtigtuerei, aber auch wirtschaftliche Interessen, um etwa in Sachen Coronavirus nutzlose „Wundermittel“ zu verkaufen.

Fake News sollen Feindbilder schüren

Mit Fakes gezielt Stimmung machen und Feindbilder schüren – das passiert natürlich nicht nur beim Coronavirus, sondern auch nach Anschlägen, wie jüngst in Volkmarsen. Dort war ein 29-Jähriger mit seinem Auto in den Rosenmontagszug gerast, hatte mehr als 60 Menschen verletzt.

Noch während Polizei und Helfer versuchten, der Lage Herr zu werden, hieß es etwa, es handele sich bei der Tat in dem hessischen Ort um einen islamistischen Terroranschlag. Die nicht näher genannten Quellen dafür: „ausländische Zeitungen“.

Mit Fake News falsche Fährten legen

Auch bei dem mutmaßlich rassistisch motivierten Anschlag in Hanau gab es wildeste Spekulationen. Dort hatte ein Deutscher (43) neun Menschen mit ausländischen Wurzeln und später seine Mutter erschossen.

Doch im Netz lassen sich ganz andere Varianten finden: Die Tat habe kein Einzeltäter begangen, sondern ausländische Clans seien es gewesen. Mal war ein Bandenkrieg für die tödlichen Schüsse verantwortlich, mal ein Geheimdienst.

Warum fallen Menschen auf Fake News rein?

„Bei Fake News geht es nicht um Wahrheit, sondern um Plausibilität“, sagt Literaturprofessorin Nicola Gess von der Uni Basel.

Eine Falschnachricht funktioniere am besten, wenn sie den Leser emotional einbeziehe. „Sie bietet ihm eine Identifikationsmöglichkeit.“ Die Sprache von Fakes sei häufig mehrdeutig.

Was kann man gegen Fake News tun?

Bei der WHO kümmert sich ein Team darum, falschen Infos in Sozialen Medien sofort etwas entgegenzusetzen. Die UN-Behörde ist bei Twitter und anderswo aktiv. Zum Beispiel mit Klarstellungen zu Rezepten, denen zufolge acht Knoblauchzehen auf sieben Tassen Wasser eine Infektion heilen können.

Die WHO geht auch direkt auf die Social-Media-Unternehmen zu, um diese dazu zu bewegen, gegen die Corona-Gerüchteküche vorzugehen.

Faktenchecker suchen gezielt nach Fake News

Faktenchecker seien aktiv auf der Suche nach Gerüchten über das Coronavirus, schrieb etwa der Facebook-Verantwortliche für Gesundheit, Kang-Xing Jin, in einem Blogpost.

„Wenn sie eine Information als falsch einstufen, begrenzen wir die Verbreitung auf Facebook und Instagram.“ Und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bekräftigte, dass das Online-Netzwerk pro Tag rund eine Million gefälschte Accounts lösche – die meisten unmittelbar nach der Einrichtung. Dafür werde im großen Stil Software eingesetzt, die automatisiert zweifelhafte Profile erkennen soll.

Wo gibt es seriöse Infos?

Es sei oft schwer nachzuvollziehen, welche kursierende Info echt sei, sagt Gesundheitsminister Jens Spahn.

Wer sichergehen will, sollte den Faktencheck jenseits sozialer Medien machen und sich – z.B. im Corona-Fall – auf Portalen der Gesundheitsministerien, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, des Robert-Koch-Instituts oder beim Arzt informieren.