Corona-Krise in DeutschlandLockdown? Shutdown? Was die einzelnen Maßnahmen bedeuten

Lockdown

Restaurants, Bars und Kneipen müssen weiter geschlossen bleiben. Sie sindvom Lockdown besonders hart betroffen, ebenso wie der Einzelhandel. Das Symbolfoto entstand am 28. November 2020 in Hannover.

Hannover – Deutschland steuert auf einen bundesweiten harten Lockdown zu. Kanzlerin Angela Merkel berät am Sonntag, 13. Dezember, ab 10 Uhr mit ihren Ministerpräsident*innen über verschärfte Corona-Schutzmaßnahmen und mögliche Geschäftsschließungen vor Weihnachten.

Die Begriffe „Lockdown“ und „Shutdown“ werden seit Monaten in Deutschland verwendet, wenn es um die Frage geht, wie stark das öffentliche Leben im Kampf gegen das Coronavirus heruntergefahren wird. Aber was bedeuten Sie eigentlich?

Was ist der Unterschied zwischen „Lockdown“ und „Shutdown“?

  • Genau genommen steht das englische „
  • Der Duden beschreibt „Lockdown“ als Ausgangssperre oder Abriegelung. Zurzeit werden die Wörter häufig synonym genutzt. Abgeriegelt - wie beim eigentlichen „Lockdown“ - ist aber nichts.

Sprachwissenschaftler sehen darin schlicht eine Begriffserweiterung. Das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache etwa definiert „Lockdown“ in diesem Zusammenhang als „Zeitraum, in dem fast alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten auf politische Anordnung hin stillgelegt sind (z.B. zum Infektionsschutz)“.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach am 20. April erstmals öffentlich vom „Shutdown“: „Ich glaube, uns eint alle (...), dass es keinen erneuten allgemeinen Shutdown geben wird.“

Die Situation damals: Ab Mitte März war das öffentliche Leben in Deutschland wegen der Corona-Pandemie weitgehend lahmgelegt.

Bund und Länder hatten seinerzeit beschlossen, die Grenzen abzuriegeln, Schulen und Kitas zu schließen sowie Kultur- und Sporteinrichtungen für die Öffentlichkeit zu sperren. Die meisten Gaststätten, Läden und Dienstleister durften keine Kundschaft empfangen, Zusammenkünfte etwa in Kirchen oder Sportvereinen waren verboten.

Offen blieben hingegen vor allem Lebensmittelgeschäfte, Getränkemärkte, Drogerien, Apotheken, Tankstellen und Banken. Erst nach Ostern Mitte April wurden die Einschränkungen von den Bundesländern schrittweise wieder gelockert.

Hatte Deutschland schon im Frühling Corona-Lockdown?

Hartnäckig hält sich das Gerücht, Deutschland habe im März und April einen „Lockdown“ erlebt. Aber war das wirklich ein Lockdown? Die Wahrheit ist nicht ganz so eindeutig.

Denn im Vergleich zu anderen Ländern, die sich für ihre Pandemieeindämmungsmaßnahmen ebenfalls des englischen Begriffs Lockdown befleißigt haben, waren die hiesigen Maßnahmen erstens deutlich weniger radikal.

Und zweitens haben auch die beiden Begriffe Lockdown und Shutdown in ihrem ursprünglichen Sinne mit der Bekämpfung einer Pandemie gar nichts zu tun. Es mangelte in der Corona-Krise also nicht nur an Geduld, Verantwortungsgefühl und einem Impfstoff. Es mangelt an eindeutigen Vokabeln, um die Krise zu beschreiben.

Lockdown und Shutdown werden oftmals vermischt

Lockdown, Shutdown, Kontaktverbote, Ausgangssperre – die Begrifflichkeiten gehen in der lebendigen Alltagssprache munter durcheinander. Und sie sind allesamt politisch aufgeladen.

Lockdown_Shutdown

In Deutschland wird seit Wochen über den zweiten Lockdown gesprochen. Unser Symbolfoto aus dem April 2020 zeigt einen geschlossenen Biergarten in München.

Annette Klosa-Kückelhaus, Leiterin des Programmbereichs „Lexikographie und Sprachdokumentation“ am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim, hat in einem sprachkundlerischen Aufsatz eine Begriffsklärung der beiden Anglizismen Lockdown und Shutdown unternommen.

Was ist die eigentliche Bedeutung von „Lockdown“ und „Shutdown“?

Wo ist der Unterschied? Ihr Ergebnis:

  • Das Wort

Den Shutdown eines ganzen Landes dagegen gibt es nach der bisherigen Wortbedeutung gar nicht, allenfalls in den USA, wo das Wort Shutdown auch das Herunterfahren von Politik und öffentlicher Verwaltung beschreibt, wenn sich der US-Präsident und das Repräsentantenhaus im Streit um einen neuen Haushalt wieder einmal hoffnungslos emotional verkantet haben und hunderttausenden Behördenmitarbeitern Lohnausfälle drohen.

  • Das Wort

Ein Lockdown bezeichne etwa die Absperrung eines Gebiets nach einem Anschlag oder einer Naturkatastrophe zum Schutz der Menschen. Es ist im Wortsinne also eher eine Grenzziehung, eine Barriere um eine definierte Zone herum als eine Stilllegung des öffentlichen Lebens in einer Zone.

In der Corona-Pandemie erhielt Lockdown im englischen Sprachraum zusätzlich die Bedeutung einer „Ausgangssperre“.

Spielplatz_Absperrung

Abgesperrte Spielplätze, wie hier am 6. April in Altfriedland, gehörten im Frühling zu den Corona-Maßnahmen.

Die Landwirtschaft, die Paketdienste, Busse und Bahnen, Feuerwehr und Polizei, die Medien, Ärzte und Krankenhäuser, Speditionen und Millionen Mitarbeiter im Homeoffice – sie alle blieben aktiv. Daher ist das Wort Stillstand nicht zutreffend. 

Lockdown und Shutdown werden oft gleichgesetzt

Was war das also dann? Menschen und Medien nutzen seit Ausbruch der Corona-Seuche fast epidemisch die beiden englischen Begriffe, gern auch als deckungsgleiche Synonyme.

Sie tun dies in Ermangelung eines zutreffenden deutschen Begriffs. Denn es gibt bisher kein korrektes Wort, das das, was Deutschland im März und April erlebt hat und nun wieder erlebt, wirklich zutreffend beschreiben würde.

Eine Mischung aus Kontaktbeschränkung, Schließung von kommerziellen Betrieben mit erhöhtem Publikumsverkehr und direktem Körperkontakt, Stilllegung vieler, aber eben nicht aller Betriebe, Einstellung des Kulturlebens, Verbot von Veranstaltungen, Verzicht auf Begegnungen und ortsgebundener Maskenpflicht.

Ein echter Lockdown wäre nicht der zweite, sondern der erste

Die Umgangssprache freilich tut, was sie will und schert sich nicht um semantische Feinheiten. Korrekt wäre für diesen Zwischenzustand aber allenfalls die Bezeichnung „teilweiser Shutdown“ in seiner erweiterten Bedeutung.

Wenn also Deutschland tatsächlich ein echter Lockdown droht, ein totaler Stillstand also mitsamt ruhenden Fließbändern, stehenden Bussen, geschlossenen Schulen und Ausgangssperren – dann wäre das nicht der zweite, sondern der erste. (rnd/dpa)