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Flughäfen vor dem Aus?ADV-Chef malt ein düsteres Szenario

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Ralph Beisel (51) ist Chef des Flughafenverbandes ADV.

Köln – Die Passagierzahlen sind in Deutschland aufgrund des Coronavirus komplett eingebrochen. In Köln flogen in der Woche vor Ostern nur 300 Menschen. Die Luftverkehrsbranche hat schon bessere Tage erlebt, auch wenn sie derzeit einen wichtigen Beitrag zur Grundversorgung leistet.

Im EXPRESS-Interview spricht Ralph Beisel (51), seit 2007 Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen), über die Folgen der Corona-Krise, Liquiditätsprobleme, Flughafenschließungen und darüber, wie in Zukunft geflogen wird.

Wenn Sie sich die aktuellen Passagierzahlen anschauen: Schlafen Sie noch ruhig? Ralph Beisel: Das schon, wenngleich die Zahlen alarmierend sind. Der Passagierverkehr ist faktisch zum Erliegen gekommen. Noch nie gab es seit dem Beginn der zivilen Luftfahrt einen solch drastischen Einbruch. Zuletzt waren es fast 99 Prozent. Die Terminals sind menschenleer. Wie hoch der wirtschaftliche Schaden insgesamt sein wird, können wir noch nicht beziffern, aber er wird sicher in die Milliarden gehen. Aber es gibt auch eine positive Entwicklung.

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Welche denn? Beisel: Flughäfen erfahren derzeit sehr viel Wertschätzung. Wir sind in aller Munde. In Zeiten, in denen Lastwagen vor verschlossenen Grenzen feststecken, merkt gerade jeder, dass die Grundversorgung durch die Luftfracht gewährleistet wird und auch bisherige Lieferwege ersetzt.

Das ist Ralph Beisel

Seit 2007 ist er Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV. Sein Studium (BWL und European Business Administration) absolvierte er am European Partnership of Business Schools in Reutlingen, Nancy und London. Ralph Beisel war 13 Jahre lang als Unternehmensberater tätig. Danach wechselte er zur Thomas Cook AG, wo er im Jahr 2006 als Direktor im internationalen Hoteleinkauf, u.a. für das Management der Zielgebietsagenturen verantwortlich war.

Man denke auch an die Erntehelfer… Beisel: Genau, ohne die Flughäfen und die Airlines würde es sicher nicht so viele Erntehelfer trotz Corona in Deutschland geben. Auch für Krankentransporte sind wir hochrelevant. Daher gibt es auch keinen Flughafen, der nicht mehr anfliegbar ist. Wir sind im besten Sinne der öffentlichen Daseinsvorsorge in Betrieb. Das Problem, was mich umtreibt: Wir sind für Deutschland da, werden aber bis zum Rande unserer eigenen Existenz getrieben.

Wie lange werden Flughäfen noch ohne Einnahmen durchhalten können? Beisel: Das ist unterschiedlich. Für Flughäfen, die aufs Jahr weniger als drei Millionen Passagiere abfertigen, ist die Lage bedrohlicher als für Drehkreuze wie Frankfurt, München oder Düsseldorf. Der Flughafen Köln-Bonn hat zum Glück ein gut laufendes, stabiles Frachtgeschäft, damit ist er in einer positiven Ausnahmesituation. Doch auch er leidet angesichts des hohen Passagierrückgangs. Die meisten Flughäfen in Deutschland sind für wenige, aber wichtige Flüge geöffnet. Deren Einnahmen decken jedoch noch nicht mal annähernd die Kosten ab.

Flughäfen in der Corona-Krise: „Ich mache mir große Sorgen“

Reichen Sparmaßnahmen und Kurzarbeit aus, um liquide zu bleiben? Beisel: Mit Sicherheit nicht. Flughäfen sind Unternehmen mit einer extrem hohen Fixkostenstruktur. Wir verbrennen Geld nur dadurch, dass wir da sind. Wir können nicht einfach 90 Prozent der Flotte stilllegen, die Kosten bleiben. Ich mache mir große Sorgen, dass einigen Standorten die Liquidität bald ausgehen wird.

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Gibt es keine Hilfe von Bund und Land? Beisel: Flughafen-spezifische Förderungen oder einen Zugang zu den KfW-Sonderprogrammen, um liquide zu bleiben, gibt es bis dato nicht. Wir sind völlig außen vor und fühlen uns daher von der Bundesregierung nicht genug gewürdigt. Diese Entwicklung enttäuscht uns sehr.

KfW-Sonderprogramme für Airports tabu

Wieso dürfen Flughäfen keine Sonderprogramme der KfW nutzen? Beisel: Finanzminister Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Peter Altmaier begründen dies damit, dass Flughäfen mehrheitlich in öffentlichem Besitz sind. Das geht so nicht, das können wir nicht akzeptieren. Wir benötigen entweder Zugang zu den Corona-Sonderprogrammen oder nicht rückzahlbare Zuschüsse.

Wie gehen Sie diesbezüglich weiter vor? Beisel: Wir haben uns mit einer konkreten Forderung an die Bundesregierung gewandt, um zu verdeutlichen, dass wenn Flughäfen aus Gründen der Daseinsfürsorge im Betrieb sind, wir erwarten, dass die Regierung uns finanziell unter die Arme greift. Es müssen die Kosten ersetzt werden, die durch die Betriebsbereitschaft der Flughäfen anfallen. Für unsere Vorhaltekosten sind wir auf „kompensatorische Zuwendungen“ angewiesen.

Flughafen Weeze von Corona-Krise besonders hart getroffen

Welchen Zeitplan verfolgen Sie? Beisel: Jeder Tag, an dem es hierzu keine Entscheidung gibt, verschlimmert die Gesamtsituation. Es ist für einige Flughäfen bereits jetzt sehr zeitkritisch. Jetzt erwarten wir, dass die Bundesregierung handelt. Die Zeit drängt.

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Siehe der Flughafen Weeze… Beisel: Leider ja, Airport-Chef Ludger van Bebber hatte ja schon einen Passagierrückgang (Anm. d. Red.: 54.000 Passagiere im Februar 2020 bedeuteten ein Minus zum Vorjahr in Höhe von 19 Prozent) zu verkraften, als es die Corona-Krise noch gar nicht gab.

Bald weniger Airports? Beisel schließt Flughafen-Schließungen aus

Ist das nicht auch eine Chance, kaum genutzte Flughäfen zu schließen? Beisel: Nein, denn viele Standorte sind für die Anbindung ihrer Region unverzichtbar und stellen einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. Wir stellen aktuell ja auch nicht die Existenz von Autobahnen oder Landstraßen in Frage, obwohl diese kaum genutzt werden.

Wie sehen Sie die Situation in Mitteldeutschland? Beisel: Der Flughafen Leipzig-Halle ist nach Köln-Bonn der Ausnahmefall Nummer zwei in Deutschland. Die Airports in Leipzig und Dresden sind in einer gemeinsamen Holding verbunden. Für den Standort Leipzig gilt, dass er durch die wichtigen Frachtflüge eine Sonderkonjunktur hat. Den Flughafen Erfurt-Weimar trifft die Corona-Krise sicher deutlich härter, auch wenn dort Airbus viele Flugzeuge parkt.

Das Coronavirus wird uns noch mehrere Monate beschäftigen: Wie geht es weiter mit der Luftfahrt? Beisel: Eine Prognose ist schwierig. Die Nachfrage wird erst wieder zunehmen, wenn Menschen wieder ohne Probleme über Grenzen hinweg reisen dürfen. Grundsätzlich bleibe ich aber für die Reisebranche und den Luftverkehr optimistisch.

Apropos: Wie wird zukünftig geflogen? Welche Vorkehrungen sind hinsichtlich neuer Vorschriften wahrscheinlich? Beisel: Wir haben als Verband bereits mit unseren Mitgliedern Vorschläge für einen „Restart“ erarbeitet. Klar ist, dass wir in den Terminals und auf dem Vorfeld sicherstellen müssen, dass Abstände und Hygieneregeln eingehalten werden. Die Politik weiß, dass wir ein gutes Regelwerk parat haben. Mir ist es wichtig, dass unsere Passagiere sich mit einem guten Gefühl in den Flieger setzen können.

Fliegen nach Corona: Mundschutz und Temperaturmessungen eine Option

Gibt es konkrete Maßnahmen? Beisel: Alle Stationen, die ein Passagier im Terminal durchläuft, werden hinsichtlich der Abstandregeln verändert. Auch das Procedere des Ein- und Aussteigens wird anzupassen sein. Temperaturmessungen und Gesichtsmasken spielen bei unseren Überlegungen auch eine Rolle. Einzig die Einreise- und Quarantäne-Bestimmungen können wir nicht beeinflussen.