„Geht in die Geschichte ein“Lauterbach nennt uns den größten Fehler im Covid-Kampf

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„Eine dritte Welle kommt“: Prof. Karl Lauterbach (SPD) am Montag im Interview mit dem Nachrichtensender „Welt“ zur Diskussion um einen Öffnungsplan.

von Martin Gätke (mg)

Köln – Schritte, Stufen, Pakete – die Politik überlegt fieberhaft, wie der Corona-Lockdown nach den Grundschulen vorerst weiter gelockert werden kann. Allen Hoffnungen stehen aber die steigenden Infektionszahlen entgegen. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnt indes vor der Dritten Welle und benennt auf Twitter den größten Fehler im Kampf gegen Covid-19.

  • Politik überlegt fieberhaft, wie Corona-Lockdown weiter gelockert werden kann
  • Karl Lauterbach warnt bei „Welt“ vor der Dritten Welle
  • Auf Twitter benennt er größten Fehler im Covid-Kampf

Wann kann der Corona-Lockdown enden? Angesichts der weiteren Ausbreitung der ansteckenderen Virus-Varianten ist eine weitere Öffnung vorerst nicht in Sicht, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie sprach sich am Montag (22. Februar) für eine Strategie der Öffnung verschiedener Bereiche in Paketen aus – und mahnte zugleich zur Vorsicht.

Während zahlreiche Kitas und Schulen in zehn Bundesländern am Montag den Anfang machten und öffneten, plädierte Merkel angesichts der Sorgen vor einer dritten Corona-Welle erneut für eine vorsichtige Strategie. Öffnungsschritte müssten mit vermehrten Tests gekoppelt und klug eingeführt werden, sagte Merkel nach Angaben von Teilnehmern in Online-Beratungen des CDU-Präsidiums.

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Sorge vor der dritten Welle? SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erklärt im Nachrichtensender „Welt“ am Montag: „Die dritte Welle hat ja schon begonnen.“ Er warnte eindringlich davor, in die jetzt beginnende dritte Welle zu lockern.

Karl Lauterbach: „Eine dritte Welle kommt“

„Wir werden in den nächsten Wochen stetig steigende Fallzahlen erwarten können“, so der Epidemiologe. „Dann mag es vielleicht mal ein paar Tage geben, wo es stabil bleibt. Aber im Großen und Ganzen geht's jetzt mit den Fallzahlen bergauf, weil die B.1.1.7, also Mutation, hat sich durchgesetzt, die südafrikanische Mutation wird auch kommen. Das heißt eine dritte Welle kommt.“

Wenn man in so eine Welle hinein lockere, sei das „sehr schwierig“, so Lauterbach weiter. „Das wird zum Beispiel dazu führen, dass sehr viele Schulen wieder geschlossen werden müssen, wenn man sie öffnet. Das ist einfach das Gesetz der Epidemiologie und der Virologie. Man kann hier Lockerungsschritte planen, aber wenn man sie zu früh ergreift, dann also steigen die Inzidenzen und dann kann man es nicht aufrechterhalten.“

Karl Lauterbach nennt „größten Fehler in unserer Covid-Bekämpfung“

Die überwiegende Mehrheit von Experten ist sich einig: Ein wichtiger Baustein für einen Weg aus der Corona-Krise liegt im flächendeckenden Einsatz von Impfstoffen. Doch auch den hatte Lauterbach am Samstag auf Twitter drastisch kritisiert. Er blickt mit Sorge auf das Impftempo in Deutschland.

„Egal wie man es dreht oder wendet. Der mangelhafte und späte Aufbau der Impfkapazität durch die EU wird als der größte Fehler in unserer Covid Bekämpfung in die Geschichte eingehen“, schrieb Lauterbach in einem Tweet.

Karl Lauterbach: „Gamechanger kann pragmatisches Vorziehen der ersten Dosis sein“

In späteren Posts ging er dann näher auf die Impfungstrategie ein: „Die EU hat die älteste Bevölkerung, kann sich dieses Impftempo nicht lange in beginnender 3. Welle leisten“, kommentiert der SPD-Politiker eine Grafik, die zeigt, dass in der EU weit weniger Menschen eine erste Impfdosis erhalten haben, als etwa in den USA, Großbritannien oder Israel.

Sein Lösungsvorschlag: „Ein Gamechanger kann nur ein pragmatisches Vorziehen der ersten Dosis sein, weil Todesfälle und Krankenhausfälle massiv sänken.“

Karl Lauterbach hat zudem gefordert, den Astrazeneca-Impfstoff sofort für alle Impfberechtigten unter 65 Jahren aus den ersten drei vorrangig zu impfenden Gruppen freizugeben. „Es bleibt Impfstoff liegen, weil sich nicht genug Personen aus der ersten Prioritätsgruppe anmelden oder nicht zum Termin erscheinen. Das ist eine absurde und unerträgliche Situation“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

Karl Lauterbach: Lauterbach: Astrazeneca-Impfstoff für alle drei Prioritätsgruppen

„Wir sollten beim Astrazeneca-Impfstoff jetzt unbürokratisch die Impfzentren für alle unter 65 Jahren aus den ersten drei Prioritätsgruppen öffnen. Dann könnten wir die Impfzentren endlich voll auslasten.“

Dass Lehrkräfte an Grundschulen sowie Erzieherinnen und Erzieher in Kitas sich früher gegen das Coronavirus impfen lassen können, sieht nun ein Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums vor, der am Montag auch den Ländern zugeleitet wurde. Konkret sollen „Personen, die in Kinderbetreuungseinrichtungen, in der Kindertagespflege und an Grundschulen tätig sind“, von der dritten in die zweite Gruppe der Impf-Reihenfolge vorgezogen werden. (mg/dpa)